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Vorhofflimmern: Flec-SL Studie belegt Wirksamkeit von antiarrhythmischer Kurzzeittherapie

Einer der beiden Studienleiter: Prof. Dr. Paulus Kirchhof (Foto: FZ)

Münster - Eine antiarrhythmische Kurzzeitbehandlung verhindert das Wiederauftreten von Vorhofflimmern nach einer Kardioversion fast genauso wirksam wie die Langzeitgabe des Antiarrhythmikums. Dies ist das Ergebnis einer kontrollierten klinischen Flec-SL Studie, die vom Kompetenznetz Vorhofflimmern (AFNET) durchgeführt und nun in der renommierten Zeitschrift Lancet publiziert wurde.
Vorhofflimmern ist mit rund einer Million Betroffener in Deutschland die häufigste anhaltende Herzrhythmusstörung. Es führt zu einem Verlust der Vorhof-Kontraktion und zur Herzinsuffizienz. Zudem ist die Gefahr einer Blutgerinnselbildung im Vorhof während Vorhofflimmerns groß: Etwa jeder fünfte Schlaganfall in Deutschland entsteht durch Vorhofflimmern.
Durch eine elektrische Kardioversion kann Vorhofflimmern in fast allen Fällen erfolgreich beendet werden. Leider tritt bei der Mehrzahl der Patienten in den ersten Tagen und Wochen nach Kardioversion erneut Vorhofflimmern auf. Das ist zum Teil durch elektrische Umbauvorgänge im Vorhof bedingt. Dieses „elektrische Remodeling“ führt  zu molekularen und zellulären Veränderungen im Vorhof, wodurch sich die Gefahr von Vorhofflimmer-Rezidiven erheblich erhöht. Durch die Gabe von Anti­arrhythmika kann das elektrische Remodeling behandelt und ein Wieder­auftreten von Vorhofflimmern in etwa der Hälfte aller Fälle verhindert werden.
Aus pathophysiologischen Untersuchungen ist bekannt, dass sich die Vorhöfe binnen vier Wochen nach einer Kardioversion vom elektrischen Remodeling erholen. Sind die ersten Wochen nach der Kardioversion überstanden, treten Vorhofflimmer-Rezidive deutlich seltener auf. Diese Erkenntnisse legen nahe, dass eine Behandlung mit Antiarrhythmika während der ersten vier Wochen nach Kardioversion ausreichend sein könnte. Üblich ist jedoch eine Langzeit-Behandlung für etwa sechs Monate. Eine kürzere Dauer der Medikamenteneinnahme („therapeutische De-Eskalation“) würde die Behandlung sicherer, günstiger und für mehr Patienten anwendbar machen.
Das von Münster aus geleitete Kompetenznetz Vorhofflimmern (AFNET) hat deshalb in einer randomisierten klinischen Studie untersucht, ob eine Kurzzeitbehandlung mit Antiarrhythmika für vier Wochen nach Kardioversion genau so effektiv das Wiederauftreten von Vorhofflimmern verhindert wie die heute übliche antiarrhythmische Langzeit-Therapie. Dies wurde mit dem zugelassenen Wirkstoff Flecainid überprüft. Die Flec-SL (Flecainid short – long) Studie wurde im Kompetenznetz Vorhofflimmern unter der Leitung von Prof. Paulus Kirchhof, Münster und Birmingham, und Prof. Günter Breithardt, Münster, durchgeführt.
Im Zeitraum von Mai 2007 bis März 2010 wurden in 44 Zentren in Deutschland über 600 Patienten in die Studie eingeschlossen. Sie wurden nach einer Kardioversion nach dem Zufallsprinzip verblindet in Gruppen eingeteilt, in denen sie entweder nur für vier Wochen oder für die gesamte Beobachtungszeit von sechs Monaten mit Flecainid behandelt werden. Zudem gab es eine Kontrollgruppe, die nicht mit Antiarrhythmika behandelt wurde. Mit täglichen, per Telefon übertragenen EKGs wurde während dieser sechs Monate bei allen Studienpatienten das Wiederauftreten von  Vorhofflimmern überprüft.
Die Auswertung der Studiendaten zeigt: Die Langzeitbehandlung mit dem Antiarrhythmikum Flecainid wirkt zwar besser als die Kurzzeitbehandlung, aber auch die vierwöchige Kurzzeittherapie ist in der Lage, Vorhofflimmer-Rezidive zu verhindern: von den 261 Patienten, die das Medikament nur vier Wochen lang einnahmen, hatten 120 im Beobachtungszeitraum Vorhofflimmer-Rezidive, während von den 263 Patienten, die sechs Monate lang behandelt wurden, nur 103 wieder Vorhofflimmern bekamen. Die Kurzzeittherapie erreichte zum Studienende nach 6 Monaten etwa 80 % der Wirkung einer Langzeittherapie.
Dieses Ergebnis könnte wichtige Konsequenzen für den klinischen Alltag haben. Davon ist Studienleiter Prof. Kirchhof überzeugt: „ Auch wenn die antiarrhythmische Kurzzeittherapie nicht ganz so effizient ist, wie die Langzeitbehandlung, so könnte sie trotzdem in bestimmten Fällen zum Einsatz kommen. Insbesondere für Patienten, die ein erhöhtes Risiko für Nebenwirkungen oder Komplikationen haben, wäre eine Kurzzeit­behandlung eine sinnvolle Alternative. Wir hoffen, dass diese neuen Ergebnisse Eingang in die Behandlungsleitlinien zum Vorhofflimmern finden.“

Publikation:
Kirchhof P et al: Short-term versus long-term antiarrhythmic drug treatment after cardioversion of atrial fibrillation (Flec-SL): a prospective, randomised, open-label, blinded endpoint assessment trial. Lancet 18.06.2012

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