Mit Virtual Reality zur Hirntod-Diagnostik: Jahresauftakt für Alumni-Verein

Von der Puppe (untere Bilder) zum Einsatz von Virtual Reality: Dr. Anna Schloßbauer (r.) erläuterte den Alumni der Medizinischen Fakultät die didaktischen Möglichkeiten einer Technik, die es zu deren Studienzeit noch nicht gab (Foto: Screenshot)

Münster (mfm/sw) – Was haben eine Kuh und eine Virtual-Reality(VR)-Brille mit einer Hirntod-Diagnose zu tun? Merkwürdige Frage mit einfacher Antwort: die Simulation. In beiden Fällen handelt es sich nicht um echte Situationen: Statt auf einer echten grünen Wiese zu stehen, sieht die Kuh diese nur durch eine Brille – und bildet sich ein, dort genüsslich Gras zu fressen. Das Ergebnis: Sie spendet mehr Milch. Zwar mit einem völlig anderen Ziel, aber auf ähnliche Art funktioniert es auch bei den Medizinstudierenden der Westfälischen-Wilhelms-Universität (WWU) Münster: Die Medizinische Fakultät hat zwölf VR-Brillen angeschafft, mit denen die angehenden Ärztinnen und Ärzte Untersuchungen, Patientengespräche und Diagnostik üben können – und das möglichst realistisch. Alumni der Fakultät der WWU konnten nun Einblicke erhalten in die VR-Lehre des münsterschen Medizinstudiums.

„Die Studierenden müssen mehr an den Patienten gebracht werden“, erklärt Dr. Anna Schloßbauer, die beim Institut für Ausbildung und Studienangelegenheiten (IfAS) für digitale Lehrmethoden zuständig ist. „Allerdings“, schränkt sie ein, „gibt es Bereiche, in denen es schwierig ist, die Studierenden dahin zu bringen – zum Beispiel die Notfall- und Intensivmedizin, die seltenen Krankheiten oder auch Vorfälle mit Kleinkindern.“ Für solche Situationen gebe es in der Regel geschulte Schauspieler – doch auch die könnten nicht alles abdecken: „Der Einsatz von Simulationspatienten hat Grenzen“, sagt Schloßbauer und nennt ein Beispiel: „Gynäkologische Untersuchungen an Schauspielerinnen zu Lehrzwecken sind ethisch nicht tragbar, das ist nicht zumutbar“. Also müssten Alternativen her – und da komme die Technik – und die künstliche Intelligenz - ins Spiel.

Der Lehrbeauftragte und stellvertretende Direktor der münsterschen Uniklinik für Neurochirurgie, Priv.-Doz. Dr. Markus Holling, Informatik-Professor Benjamin Risse sowie Medizin-Studiendekan Prof. Bernhard Marschall haben sich zusammengetan - und kamen auf folgende Idee: „Wir wollten noch mehr als das, worüber die Fakultät bereits verfügt – und dachten so an Künstliche Intelligenz (KI) und VR.“ Vorstellen kann man sich laut Schloßbauer eine VR-Brille wie eine Kinoleinwand, die zwar kleiner ist, aber dafür näher an den Augen sitzt. Die zwei getrennten Linsen führten dazu, dass das Gehirn das durch die Brille Dargestellte als räumlich und echt wahrnehme – „als würde man durch diese Leinwand hindurchschauen und hätte einen 280-Grad-Rundumblick“, so die junge Ärztin.

Simulieren könne man mit einer VR-Brille jede mögliche Umgebung – ob einen sonnigen Strand, „oder eben eine Herzkammer, in die man sich ‚hineinbeamen‘ und darin herumlaufen kann“, so Schloßbauer. Erst kürzlich wurde ein gemeinsames Projekt mit Priv.-Doz. Holling mit dem Lehrpreis der WWU Münster ausgezeichnet: Dabei handelt es sich um den ersten im Lehrplan etablierten Kurs mit Virtual Reality – Thema: Hirntod-Diagnostik. Bisher musste für diesen Teil des Studiums eine Puppe herhalten – das Problem dabei: Leuchtet man der Puppe mit einer Taschenlampe in die Augen, wissen die Studierenden schon vorher, was passiert – nämlich nichts. Anders ist dies bei der Simulation durch die VR-Brille, denn dabei kann der simulierte Patient tatsächlich reagieren – oder eben auch nicht. „Besonders wichtig war es uns, Berührungsängste der Studierenden abzubauen – auch dadurch, dass das ‚Feeling‘ einer Intensivstation realistisch dargestellt wird“, so Schloßbauer. „Und ich finde, das ist uns ziemlich gut gelungen“.

Mit der Vorstellung der VR-Welt mittels eines videogestützten Vortrages startete der Ehemaligenverein medAlum sein Jahresprogramm 2022. Weiter geht dieses mit einer Vorstellung des Zentrums für seltene Erkrankungen (Prof. Frank Rausch, 02.03.2022) und mit Einblicken in das neue Institut für Versorgungsforschung in der Zahnmedizin (Prof. Sebastian Baumeister, 20.05.2022).

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