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Die Weltbevölkerung nimmt zu - auch buchstäblich: Internationales Forscherteam veröffentlicht Karten zur Fettleibigkeit

Auch das Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin der Universität Münster – das Bild zeigt sein Gebäude – trug mit Daten zur globalen Adipositas-Studie bei (Foto: FZ/M. Thomas)

Münster (mfm) - 640 Millionen Menschen weltweit sind fettleibig. Das ist das Ergebnis einer Studie, an der mehr als 700 Wissenschaftler rund um den Globus beteiligt waren. In die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) unterstützte Erhebung sind Gewichts- und Körpergrößenmessungen von mehr als 19 Millionen Erwachsenen aus den meisten Ländern der Welt eingeflossen – darunter auch Daten, die am Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin der Universität Münster gesammelt wurden. Die Ergebnisse erschienen jetzt in der Fachzeitschrift „The Lancet“, außerdem haben die Forscher Daten in interaktiven Karten aufbereitet.
„Die Anzahl der Menschen rund um den Globus, deren Gewicht für sie ein ernsthaftes Gesundheitsrisiko darstellt, ist größer als jemals zuvor“, sagt der Hauptautor der Studie, Professor Majid Ezzati von der School of Public Health am Imperial College London. „Diese Epidemie starker Fettleibigkeit ist zu weitreichend, um allein mit Blutdrucksenkern oder Medikamenten gegen Diabetes behandelt werden zu können oder mit ein paar zusätzlichen Radwegen in den Städten. Wir brauchen koordinierte globale Initiativen – wie etwa vergleichende Blicke auf die Kosten von gesunder und ungesunder Nahrung, oder die Besteuerung für stark zuckerhaltige Nahrungsmittel und Fertigprodukte –, um dieses Problem anzugehen.“ Dieser Empfehlung schließt sich auch der frühere Institutsdirektor der münsterschen Epidemiologie, Prof. Ulrich Keil an, der mit drei umfangreichen Studien aus dem MONICA-Projekt der WHO einen wichtigen Teil der für Deutschland verwendeten Daten beigesteuert hat.
In der Studie haben die Wissenschaftler den Body-Mass-Index (BMI) von erwachsenen Männern und Frauen zwischen 1975 und 2014 berechnet und verglichen. Der BMI ist ein Maß für das Gewicht einer Person im Vergleich zur Körpergröße; er gibt einen – groben – Hinweis darauf, ob das Gewicht eines Menschen gesund ist. Normalgewichtig ist nach WHO-Definition ein Mensch mit einem BMI zwischen 18,5 und 24,9; Fettleibigkeit (Adipositas) beginnt bei einem BMI von 30 und starke Fettleibigkeit bei 35. Die Daten zeigten, dass sich die globale Fettleibigkeit unter Männern in vier Jahrzehnten verdreifacht hat: von 3,2 Prozent im Jahr 1975 auf 10,8 Prozent im Jahr 2014. Unter Frauen hat sich die Fettleibigkeit im gleichen Zeitraum von 6,4 auf 14,9 Prozent mehr als verdoppelt. Stark fettleibig sind 2,3 Prozent der Männer und 5 Prozent der Frauen, bei ihnen ist das Risiko für Diabetes, Herzerkrankungen und Krebs stark erhöht. Fettleibigkeit ist besonders häufig in vielen englischsprachigen Ländern (z.B. USA) und in Polynesien (z.B. American Samoa) und Mikronesien. Wenn die globalen Trends anhalten, werden im Jahr 2025 den Forschern zufolge 18 Prozent der Männer und 21 Prozent der Frauen fettleibig sein.
Im gleichen Zeitraum ist der Anteil von untergewichtigen Menschen weltweit gesunken – bei Frauen von 15 auf 10 Prozent, bei Männern von 14 auf 9 Prozent. In einigen Ländern wie Indien und Bangladesch und in Ländern Afrikas südlich der Sahara war der Prozentsatz dennoch vergleichsweise hoch: Dort ist beinahe ein Viertel aller Erwachsenen untergewichtig. Interaktive Karten zu der Studie sind - in englischer Sprache - einsehbar unter der Webadresse www.ncdrisk.org/v-adiposity.html.

Hintergrund: Body-Mass-Index
Der BMI lässt sich leicht selbst berechnen. Dazu wird das Körpergewicht in Kilogramm (m) durch die Körpergröße in Metern zum Quadrat (l²) geteilt: BMI = m/l². Bei einer 1,80 Meter großen Person mit einem Gewicht von 80 kg sieht die Rechnung wie folgt aus: 80/(1,8*1,8) = 80/3,24 = 24,7. Laut WHO-Definition gilt die Person damit noch als normalgewichtig. Allerdings ist der BMI nur ein grober Richtwert; beispielsweise bleibt das Verhältnis von Fett- zu Muskelmasse unberücksichtigt.

Link zur Publikation:
www.sciencedirect.com/science/article/pii/S014067361630054X

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