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Das "Paper of the Month" 08/2025 geht an Michael Heming, Anna-Lena Börsch und Gerd Meyer zu Hörste von der Klinik für Neurologie

v.l.n.r: Professor Gerd Meyer zu Hörste, Anna-Lena Börsch und Dr. Michael Heming. (Foto: Privat)

Für den Monat August 2025 geht das „Paper of the Month“ der Medizinischen Fakultät der Universität Münster an

Michael Heming, Anna-Lena Börsch und Gerd Meyer zu Hörste von der Klinik für Neurologie

Multi-omic identification of perineurial hyperplasia and lipid-associated nerve macrophages in human polyneuropathies
Heming M, Börsch AL (…) Meyer Zu Hörste G. August 2025 | Nat Commun 16(1):7872

Begründung der Auswahl:
Polyneuropathien (PNP) stellen eine heterogene Gruppe schwerwiegender Nervenerkrankungen dar, deren molekulare Grundlagen bislang nur unzureichend verstanden sind. In der vorliegenden Arbeit konnte erstmals über verschiedene PNP-Formen hinweg ein konsistentes Muster gezeigt werden: ein Verlust myelinisierender Zellen bei gleichzeitiger Aktivierung von Reparaturmechanismen durch Schwann-Zellen und endoneurale, lipid-phagozytierende Makrophagen. Darüber hinaus wurden bislang unbekannte transkriptionale Marker von perineuralen Fibroblasten sowie von myelinisierenden und nicht-myelinisierenden Schwann-Zellen identifiziert. Besonders hervorzuheben ist der Nachweis einer fokalen perineuralen Hyperplasie und der Akkumulation lipidassoziierter Makrophagen sowie die Einbeziehung zahlreicher nicht-endoneuraler Zellpopulationen. Diese Befunde eröffnen nicht nur ein neues Verständnis der komplexen Pathogenese von PNP, sondern schaffen auch die Grundlage für künftige diagnostische Biomarker und präklinische therapeutische Strategien. 

Zu Hintergrund, Fragestellung und Bedeutung der Publikation:
Polyneuropathien (PNP) gehören zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen und führen zu fortschreitenden sensiblen und motorischen Ausfällen. Die Ursachen sind vielfältig und bleiben oft selbst nach Nervenbiopsien ungeklärt. Obwohl die Suralisbiopsie ein wichtiges diagnostisches Verfahren ist, wurde ihr molekulares Potenzial bislang nicht ausgeschöpft.

Mit modernster Einzelzell- und Raumtranskriptomik an Suralisbiopsien haben wir das bislang größte zelluläre Atlas menschlicher peripherer Nerven erstellt. Dabei wurden neue molekulare Marker von Schwann-Zellen und Perineurium identifiziert und krankheitsspezifische Veränderungen sichtbar. Besonders bei immunvermittelten PNP zeigte sich eine fokale Verdickung des Perineuriums, verbunden mit dem Signalstoff CXCL14, sowie eine Anreicherung von lipidassoziierten Makrophagen – ähnlich wie bei anderen lipidreichen Geweben. Damit erweisen sich PNP als „Pan-Nerven-Erkrankungen“, die nicht nur Nervenfasern, sondern auch deren Schutz- und Immunumgebung betreffen.

Diese Studie liefert wichtige Erkenntnisse zum Verständnis menschlicher Polyneuropathien und entschlüsselt Mechanismen mit diagnostischem und therapeutischem Potenzial. Die Charakterisierung zellulärer und molekularer Merkmale im Nervengewebe von Patienten eröffnet neue Wege zur Identifizierung behandelbarer Neuropathien und legt den Grundstein für die Entwicklung von Biomarkern.

Die vorliegende Studie entstand im Rahmen des multi-zentrischen Lipid Immune Neuropathy Consortiums (LINC), das Expertinnen und Experten aus verschiedenen Disziplinen zur Erforschung von Polyneuropathien (PNP) vereint  

Background and fundamental question of the publication:
Polyneuropathies (PNP) are among the most common neurological diseases, causing progressive sensory and motor impairment. Their causes are diverse and often remain unclear, even after nerve biopsy. While sural nerve biopsies represent an important diagnostic tool, previous analyses have not fully exploited their molecular information, and many patients are left without a clear diagnosis.

Using cutting-edge single-nucleus and spatial transcriptomics on human sural nerve biopsies, we created the largest cellular atlas of diseased human peripheral nerves to date. We discovered new molecular markers of Schwann cells and perineurial fibroblasts and identified disease-associated changes across multiple cell types. Immune-mediated PNPs showed focal thickening of the perineurium linked to the signaling molecule CXCL14, and lipid-associated macrophages accumulated in nerves, similar to immune responses in other lipid-rich tissues. These insights define PNPs as “pan-nerve diseases,” affecting not only nerve fibers but also their protective and immune environments.

This study provides a transformative resource for understanding human polyneuropathies and uncovers mechanisms with diagnostic and therapeutic potential. By defining cellular and molecular hallmarks in patient nerve tissue, it opens new paths to identify treatable neuropathies and lays the groundwork for biomarker development.

The present study was conducted within the framework of the multi-center Lipid Immune Neuropathy Consortium (LINC), which brings together experts from various disciplines to investigate polyneuropathies (PNPs).

Förderung: 
Die vorliegende Publikation wurde unter anderem durch das Förderinstrument Interdisziplinäres Zentrum für Klinische Forschung (IZKF) Münster der Medizinischen Fakultät Münster (Projekt SEED/016/21; Projektleiter: Dr. Michael Heming) finanziell gefördert. Details zu weiteren externen Förderern sind in der Publikation aufgeführt.

Die bisherigen ausgezeichneten „Papers of the Month“ finden Sie HIER.

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