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Blei im Blut oder Uran im Urin? Fachtagung zu Ehren des Umweltmediziners Fritz H. Kemper

Prof. Fritz H. Kemper (Foto: privat)

Münster (mfm/tb) - Ob Michael Schumacher tatsächlich Benzin im Blut hat, wissen die Forscher an der Domagkstraße nicht: Der Ex-Rennfahrer gehört dort nicht zu den Probanden. Wie es im bundesdeutschen Durchschnitt mit der Schwermetallbelastung aussieht, ist den Wissenschaftlern der Umweltprobenbank für Humanproben aber bestens bekannt. Am Samstag [12.05.2007] wird der Gründer der Bundeseinrichtung, Prof. Fritz H. Kemper, mit einer Fachtagung geehrt. Zu der Veranstaltung aus Anlass seines 80. Geburtstages kann der Mediziner hochkarätige Referenten begrüßen, darunter der Präsident des Umweltbundesamtes, Prof. Andreas Troge, sowie Prof. Mercedes De Solà-Domingo, Direktorin der Europäischen Kommission für Sozial- und Gesundheitspolitik.
Die Geschichte der Humanprobenbank an der Medizinischen Fakultät Münster begann 1974. Der damalige Bundesinnenminister Werner Maihofer fragte Kemper, ob er Informationen zur Schwermetallbelastung der Deutschen liefern könne. „Klar“ antwortete der Direktor des Instituts für Pharmakologie und Toxikologie – und musste, zurückgekehrt ins Büro, feststellen, dass er zuviel versprochen hatte: Statistisches Material zu dem Thema gab es schlichtweg nicht. Um das zu ändern, schrieb der Professor ein Forschungskonzept und passend dazu einen Förderantrag an Maihofer. Der reagierte prompt und bewilligte erste 50.000 Mark für Reihenuntersuchungen über die Umweltbelastung der Deutschen.
Aus dieser Summe sind inzwischen 1,5 Mio. Euro geworden, die jährlich nach Münster fließen. Parallel wuchs das Pilotprojekt zu einer festen Bundeseinrichtung heran, die dem Berliner Umweltministerium untersteht und vom Umweltbundesamt aus betreut wird. Ein zwölfköpfiges Forscherteam führt hier Reihenuntersuchungen durch, für die je 130 Studierende in Münster und drei anderen Städten regelmäßig Blut- und Urinproben abliefern. Die Testate der Freiwilligen, gelagert bei minus 80 Grad in den unterirdischen Kühlkammern der Human-probenbank, bilden eine Art „ökologisches Langzeitgedächtnis“ der Bundesbürger.
Im Abgleich mit den anderen vier Bereichen der Umweltprobenbank des Bundes, denen für Tiere, Pflanzen, Wasser und Boden, können die Forscher Veränderungen erkennen und der Politik etwaigen Handlungsbedarf aufzeigen. Als Beispiel nennt Prof. Kemper das Blei im Blut: „Unsere Messwerte gingen deutlich zurück, nachdem an den Tankstellen nur noch bleifreier Treibstoff verkauft werden durfte“, erinnert sich der Umweltmediziner. Er ist zwar seit 1993 im Ruhestand, aber noch immer täglich in „seiner“ Probenbank anzutreffen, die er – parallel zu anderen wissenschaftlichen Funktionen und Ehrenämtern – insgesamt 32 Jahre leitete. Sich nur dann zu Wort zu melden, „wenn ich auch gefragt werde“, ist dabei das Arbeitsmotto des gebürtigen Kölners.
Dass der Rat des rührigen Ruheständlers weiterhin gefragt ist, zeigt die Rednerliste der Fachtagung „Umwelt – Gesundheit – Verbraucherschutz“. Mit der Veranstaltung, die am Samstag im Schloss stattfindet, würdigen die Universität Münster, das Umweltbundesamt, sein Nachfolger Prof. Gerhard A. Wiesmüller und seine Ex-Schüler das wissenschaftliche Schaffen von Kemper. Zu den Gästen zählen neben renommierten Fachleuten der Toxikologie auch WWU-Rektorin Prof. Ursula Nelles, der Kanzler der Universität Kairo und der Bundestagsabgeordnete Jochen Borchert. Auch Prof. Volker Arolt von der Medizinischen Fakultät Münster hat sich angemeldet. Dessen Vorgänger als Dekan war Kemper insgesamt viermal: „Immer dann, wenn es kriselte“, blickt er schmunzelnd auf Zeiten wie die 60er Jahre zurück, in denen er sich den Weg ins Büro buchstäblich erkämpfen musste.

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