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„Unsere Arbeit ist ein Blick über den Tellerrand”: 25 Jahre Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin an Universität Münster

Generationsfolge: Prof. Ulrich Keil, Prof. Klaus Berger, Prof. Hans-Werner Hense und Prof. Andre Karch (v.l.n.r.) prägten oder prägen die Forschung am IES. Für die Medizinische Fakultät gratulierte Prodekan Prof. Rupert Hallmann (Mitte) zum 25-jährigen Bestehen (Foto: FZ / Th. Hauss)

Prof. Klaus Berger ist der aktuelle Direktor des Institutes für Epidemiologie und Sozialmedizin (Foto: FZ/Th. Hauss)

Münster (mfm/sw) – „Wir denken über den Tellerrand hinaus“. So beschreibt Prof. Klaus Berger die tägliche Arbeit im Institut für Epidemiologie und Sozialmedizin der Medizinischen Fakultät der Universität Münster. Das Institut kann auf eine 25-jährige Geschichte zurückblicken - und lud unter dem Motto „Perspektivenwandel in der Epidemiologie“ daher jetzt zu einer akademischen Feier mit Vorträgen und Vorlesungen ein. Teils rückblickend, teils vorausschauend stellte ein halbes Dutzend Referenten epidemiologische Perspektiven des letzten Vierteljahrhunderts 25 Jahre vor: eine Zeitreise durch die (Erfolgs-)Geschichte der Epidemiologie in Münster.

Die Epidemiologie als Fachdisziplin befasst sich nicht mit einzelnen Patienten, sondern mit der Verbreitung von Krankheiten. In Münster zeichne sich die Herangehensweise von Beginn an durch interdisziplinäres Arbeiten und Denken aus, so die Festredner übereinstimmend. Das zugehörige Institut vereint unter seinem Dach vier Fachrichtungen: die Epidemiologie, die Sozialmedizin, die medizinische Soziologie sowie die Prävention und Gesundheitsförderung. Von der Grundlagenwissenschaft über die Forschung bis hin zur Anwendung am Patienten: Bei diesem „Translationshalbkreis“ spielt das Institut laut Institutsdirektor Berger eine wichtige Rolle und schafft die Verbindung zur Bevölkerung.

In den letzten 25 Jahren führte das münstersche Institut zahlreiche Forschungsprojekte auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene durch. Darunter fallen große Projekte wie BiDirect, eine Analyse der beidseitigen Beziehung zwischen Arteriosklerose und Depression. Hierbei handelt es sich um eine Langzeitstudie mit zwölfjähriger Laufzeit, unterstützt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, die noch bis 2022 läuft. Ziel ist es, herauszufinden, ob Patienten, die an einer Depression leiden, ein erhöhtes Risiko einer Arteriosklerose haben - und umgekehrt. „Wir Epidemiologen arbeiten bei BiDirect mit Radiologen und Psychiatern zusammen“, erklärt Prof. Berger. Verschiedene BiDirect-Teilprojekte widmen sich den Themen wie dem Einfluss von Lebensstil und Ernährung oder den Alterungsprozessen des Gehirns.

Bei der NAKO-Gesundheitsstudie arbeitet das Institut eng mit der Stadt Münster zusammen, was nach Berger sowohl die Studie als auch das gesamte Institut besonders auszeichnet. Die Studienzentrale in der Westfalenmetropole stellt eine von deutschlandweit 18 dar und untersucht seit Oktober 2014 Personen mit Hauptwohnsitz in Münster. 10.000 Probanden aus dieser Stadt sollen es am Ende sein. Die NAKO widmet sich vor allem den Risikofaktoren, der Früherkennung und der Prävention der großen Volkskrankheiten, wie Herzkreislauferkrankungen, Krebs oder Diabetes. Somit arbeitet die Studie sehr anwendungsorientiert: Das Institut sei „der Arm in die Bevölkerung“, so Berger. Eine besondere Herausforderung dieser Studie und der künftigen Medizin allgemein sei der Datenschutz.

Zukunftsvisionen hat auch der neu berufene Lehrstuhlinhaber der klinischen Epidemiologie, Prof. André Karch. Er sprach in seiner - in das Jubiläumssymposium integrierten - Antrittsvorlesung über „Epidemiologische Konzepte im Spannungsfeld zwischen Big Data und individualisierter Medizin“. Karch setzt einen neuen Schwerpunkt am Institut, nämlich bei den Infektionen auf Bevölkerungsebene – ein Bereich, der bestehende Schwerpunkte der Medizinischen Fakultät wie die Neuroepidemiologie und den neurologisch-psychiatrischen Bereich ergänzt.

„Perspektivenwandel“ bedeutet auch Umbruch: Die Frage sei, ob getrennte Institute an einer Fakultät künftig noch zeitgemäß seien. Die Medizinische Fakultät allein bestehe aus 70 Instituten, Kliniken und Zentren, merkte Berger an. Er hält es für wichtig, sich dieser Debatte zu stellen - welche Organisationsform ist für ein interdisziplinäres Institut wie das der Epidemiologie und Sozialmedizin geeignet? Neue Gesichter, erfahrene Professoren und externe Experten wollen gemeinsam den Blick in die Zukunft wagen.

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