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„Wir ergänzen uns perfekt“: Prof. Lars Stegger profitiert von Forschungskooperation der Universitäten Münster und Twente

Die Universität Twente ist für Prof. Lars Stegger ein wichtiger Forschungspartner geworden (Foto: Eric Brinkhorst)

Münster (upm) - Auf Händeschütteln und gemeinsames Kaffeetrinken musste verzichtet werden. Dennoch war die virtuelle Zusammenkunft der Hochschulleitungen der Universitäten Münster und Twente via Zoom erfolgreich: Ob in der Lehre, der Forschung oder im Bereich des Wissens- und Technologietransfers: Die Zusammenarbeit zwischen den beiden Hochschulen verfestigt sich zunehmend. „Wir entwickeln diese internationale Partnerschaft mit hoher Priorität weiter und haben gemeinsam die nächsten Schritte vereinbart. Dazu zählt, dass wir auch im nächsten Jahr wieder Forschungsprojekte über der Collaboration Grants fördern und so die Stärken der beiden Universitäten zusammenbringen werden“, betont WWU-Rektor Prof. Johannes Wessels.

Die Collaboration Grants sind ein wichtiges Förderinstrument, um bestehende exzellente Forschungskooperationen zwischen den Universitäten zu intensivieren. Darüber hinaus entfalten sie ein hohes Potenzial für die Einwerbung von Drittmitteln. Sie sind mit jeweils 80.000 Euro ausgestattet, die zu je 50 Prozent von der Universität Münster und der Universität Twente für eine Laufzeit von zwölf Monaten finanziert werden.

Bei dem jetzigen Treffen wurden die Collaboration Grants zum dritten Mal vergeben. Aus insgesamt 23 Projektanträgen drei hervor, die nun unterstützt werden. Welche Vorteile die Kooperation mit sich bringt, kann Prof. Lars Stegger gut beurteilen: Der Leiter der Sektion Multimodale Bildgebung und nuklearmedizinische Therapien an der Uniklinik für Nuklearmedizin erhielt 2018 einen der begehrten Collaboration Grants. Im Interview mit Kathrin Kottke von der WWU-Pressestelle berichtet er, wie die grenzüberschreitende Zusammenarbeit auf dem Gebiet der medizinischen Bildgebung aussieht und wie der Collaboration Grant die Forschungskooperation stärkt.

Sie arbeiten bereits mehrere Jahre auf dem Gebiet der medizinischen Bildgebung mit der Universität Twente zusammen. Was kennzeichnet diese Kooperation?

Vor mehr als zehn Jahren gab es erste Ideen und Initiativen zur gemeinsamen Kooperation auf diesem Forschungsgebiet. Konkreter wurde die Zusammenarbeit dann vor etwa vier Jahren. Die Standorte Münster und Enschede ergänzen sich perfekt. Während wir an der WWU vor allem in der Grundlagenforschung aktiv sind und mit dem Universitätsklinikum Münster am und mit den Patienten arbeiten, bringen die niederländischen Kollegen der Universität Twente ihren technischen und ingenieurwissenschaftlichen Schwerpunkt in diesen Forschungsbereich ein.

Wie hat sich die Zusammenarbeit zwischen den beiden Universitäten entwickelt?

Zu Beginn gab es viele kleine Initiativen – ohne das die unterschiedlichen Bereiche voneinander wussten. Um die Kooperation auf breitere Füße zu stellen, fand 2017 ein erstes großes Symposium an der Universität Twente statt, zu dem alle interessierten Personen aus Münster und Twente eingeladen waren. Dort konnten wir uns erstmals einen Überblick über die Hochschulen und deren Profile im Bereich der medizinischen Bildgebung machen. Insgesamt kamen mehr als 80 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zusammen, um über neue Kooperationen – auch mit Industriepartnern – zu sprechen und Ideen für gemeinsame Förderungen zu entwickeln. Aus den vielen kleinen Initiativen ist über die Jahre die sogenannte „Medical Imaging Community“ erwachsen. Ein weiteres Symposium folgte dann im Jahr 2019 in Münster, bei dem sich die neu formierten Projekte vorstellten und weitere Interessenten Kooperationsmöglichkeiten ausloten konnten.

In der ersten Ausschreibungsrunde haben Sie 2018 einen Collaboration Grant erhalten. Die Förderung von 80.000 Euro haben Sie nicht für ein, sondern für drei Projekte eingesetzt. Warum?

Wir empfanden es als eine große Chance, die gesamte Medical Imaging Community zu stärken und riefen daher intern zu eigenen Förderanträgen auf. Insgesamt gingen sieben Anträge ein. Davon wählten zwei unabhängige leitende Wissenschaftler aus beiden Universitäten die drei vielversprechendsten Projekte aus dem Bereich der medizinischen Bildgebung für Diagnose und Therapie aus. Die Gelder wurden in den drei Projekten für die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, wissenschaftliche Versuche, Materialien sowie Reisekosten und Workshops eingesetzt.

Um was geht es in Ihrem Projekt „Multimodale Bildgebung mit algorithmus-gestützter Bildanalyse mittels maschinellen Lernens“?

Die medizinische Bildgebung liefert zwei- oder dreidimensionale Bilddaten von Organen und Strukturen des Patienten und wird vorrangig zur Diagnose krankheitsbedingter Veränderungen eingesetzt. Die Vielzahl der Bilder, die in den verschiedenen Stadien der Behandlung aufgenommen werden, sind für den interpretierenden Arzt oft schwierig zu beurteilen. Allein die Durchsicht von tausendenden Bildern ist zeitaufwendig und fehleranfällig. Die in den Daten enthaltene Information wird möglicherweise nicht vollständig erfasst. Daher arbeiten in unserem interdisziplinären Projekt Mediziner, Informatiker und Mathematiker zusammen, um für die vielfältigen Schritte der Bild- und Textverarbeitung, -interpretation und -visualisierung maschinelle Lernmethoden – sogenannte „deep learning“-Ansätze – zu entwickeln.

Was ist der Vorteil dieser Methode?

Bei den genannten Methoden der artifiziellen Intelligenz handelt es sich um Softwarealgorithmen, bei denen die Software selbst Lösungsstrategien für vorgegebene Probleme entwickelt und der Lösungsweg nicht durch den Programmierer vorgegeben wird. Diese Methoden können sehr mächtige Werkzeuge für die Lösung einfacher und komplexer Probleme sein. Zudem können sie häufig auch schneller an neue Aufgaben angepasst werden als klassische Computerprogramme.

Worin liegt der wissenschaftliche Mehrwert der Collaboration Grants für die grenzüberschreitende Kooperation?

Ein Vorteil ist, dass Ideen und Projekte weiter angeschoben und konkretisiert werden. Die Gelder wirken als Motivation, grundsätzliche Kooperations-Ideen in konkrete Projekte umzusetzen. Durch die zusätzlichen Mittel stehen Ressourcen zur Vorbereitung neuer Projekte zur Verfügung, die dann später mit externen Drittmitteln fortgeführt werden sollen. Daher haben meine Kollegen Prof. Dr. Riemer Slart und Prof. Dr. Srirang Manohar von der Universität Twente und ich als wissenschaftliche Initiatoren bei der Planung der Symposia immer auch den Aspekt der gemeinsamen Drittmittelanträge in den Fokus gerückt. Die „cross-border“ Kooperation ist natürlich prädestiniert dafür, neben Geldern von nationalen Förderern wie der Deutschen Forschungsgemeinschaft auf deutscher Seite oder der „Dutch Research Council“ (NWO) in den Niederlanden auch Fördergelder der Europäischen Kommission, etwa aus den Programmen „Horizon 2020“ und „Horizon Europe“ in den Blick zu nehmen.

Was raten Sie Kolleginnen und Kollegen, die sich ebenfalls um einen Collaboration Grant bewerben möchten oder gerade einen erhalten haben?

Neben gemeinsamen Forschungsinteressen und –zielen ist der regelmäßige Austausch natürlich das A und O. Die Zusammenarbeit auf Augenhöhe und die Ergänzung der jeweiligen Expertise zwischen Grundlagenforschung, Anwendung und Praxis müssen aufeinander abgestimmt sein. Auch der kollegiale Umgang und Sympathie füreinander sind für eine erfolgreiche Kooperation maßgeblich. Zwischen mir und meinen Kollegen in Twente sind inzwischen gute Freundschaften entstanden. Nicht zuletzt muss erfolgreiche Wissenschaft auch Spaß machen. Der Austausch mit Partnern aus einem anderen Land und mit einem anderen fachlichen Hintergrund trägt dazu entscheidend bei.

Strategische Partnerschaft mit der Universität Twente

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