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Überleben trotz Schmetterlingskrankheit: Forscher aus Münster belegen Langzeiterfolg einer neuartigen Gen- und Stammzelltherapie

Erforschen Behandlungsoptionen für die Schmetterlingskrankheit: Priv.-Doz. Dr. Maximilian Kückelhaus (l.) und sein Chef, der Lehrstuhlinhaber für Plastische und Rekonstruktive Chirurgie an der WWU Münster, Prof. Tobias Hirsch (Foto: WWU / L. Jeremies)

Münster (mfm/sw) – Die Haut ist das größte Organ des menschlichen Körpers – doch was, wenn diese schon bei der kleinsten Berührung „zerfällt“? Genau dies geschieht bei Epidermolysis bullosa, landläufig auch Schmetterlingskrankheit genannt. Diese Hautkrankheit basiert auf Gendefekten und verläuft aufgrund fehlender Heilungsmöglichkeiten oft schon in jungen Jahren tödlich. Doch es gibt Hoffnung: Ein Behandlungsteam aus Deutschland und Italien konnte 2015 erstmals einen Patienten retten, dessen Hautoberfläche zu 80 Prozent zerstört war. Der heute 13-Jährige ist der weltweit einzige Mensch, der dauerhaft mit einem nahezu vollständig durch genmanipulierte Zellen ersetzten Organ lebt. Doch ob die Behandlung auch langfristig erfolgreich ist - und die Haut stabil bleibt -, war bislang nicht klar. Die Plastischen Chirurgen Priv.-Doz. Dr. Maximilian Kückelhaus und Prof. Tobias Hirsch von der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster haben sich dieser Frage angenommen – und zusammen mit ihren Teamkollegen den langfristigen Behandlungserfolg der experimentellen Therapie belegen können. Die Ergebnisse der Studie sind nun in der renommierten Fachzeitschrift The New England Journal of Medicine erschienen.

Bei der Schmetterlingskrankheit leiden die Betroffenen an einer Mutation jener Gene, die für den ordnungsgemäßen Aufbau der Haut zuständig sind. Schon bei kleinsten Berührungen kommt es zu Blasen und offenen Wunden. Die Krankheit gilt als unheilbar, doch die behandelnden Ärzte des damals siebenjährigen Jungen bewiesen – zumindest in diesem Einzelfall – vermeintlich das Gegenteil. Sie entschieden sich für eine experimentelle Behandlungsmethode, die in dieser Form nie am Menschen stattgefunden hatte: Sie transplantierten auf die Wundflächen rund einen Quadratmeter einer Haut, die zuvor im Labor aus genetisch veränderten Stammzellen gezüchtet worden war. Dafür hatten sie kranke Hautstammzellen des Jungen durch Einschleusen von Erbinformationen modifiziert. Diese genetische Veränderung sollte die Mutationen an den Genen kompensieren, die für den zellulären Aufbau der Haut zuständig sind – mit anderen Worten: Die Forscher schleusten eine gesunde Version des defekten Gens ein. Die Behandlung verlief erfolgreich und der Junge überlebte.

Im Hinblick auf den individuellen Fall, aber auch eine breitere Anwendung der Methode, war es wichtig, die Langzeiteffekte zu überprüfen und sicherzustellen, dass die transplantierte Haut stabil bleibt. Kückelhaus und Hirsch bewiesen mit ihrer über fünf Jahre gelaufenen Studie: Die genmodifizierte Haut hat eine sehr gute Qualität und eine hundertprozentige Stabilität. Zugleich fand das Forschungsteam keinerlei Nebenwirkungen der Transplantation. Die plastischen Chirurgen, die an der WWU forschen (Institut für Muskuloskelettale Medizin) und an der Fachklinik Hornheide sowie der Uniklinik Münster praktizieren, freuen sich daher, dass ihrer Studie weitere folgen werden: „Nach diesem positiven und erfolgversprechenden Ergebnis sollen nun großangelegte klinische Studien laufen, um die kombinierte Gen- und Stammzelltherapie als Behandlungsoption für viele Kinder mit der Schmetterlingskrankheit verfügbar zu machen“, blickt Prof. Hirsch nach vorn.

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