News

Schon Schüler sind betroffen: „Otto Normalbürger“ bewegt sich deutlich zu wenig – und riskiert gesundheitliche Schäden

Prof. Klaus Völker beim Anlegen eines Beschleunigungsaufnehmers (Foto: mk)

Münster (mfm/mk) – Wer sich zu wenig bewegt, ist deutlich gefährdeter, beispielsweise einen Herzinfarkt zu erleiden. Aber wie lässt sich körperliche Aktivität eigentlich messen? Und wie kann man sein alltägliches Aktivitätsniveau steigern? Diese Fragen versuchen der münstersche Sportmediziner Prof. Klaus Völker und sein Team mit der großangelegten „Münsteraner Alltags-Aktivitäts-Studie“ (MAAS) zu beantworten.
Hintergrund des Projektes: Leistungsfähigkeit und Gesundheit hängen nicht nur davon ab, wie viel Sport man treibt, sondern auch davon, wie viel man sich im Alltag bewegt. „Seit längerem gibt es Versuche, diese Aktivität festzustellen“, berichtet Prof. Klaus Völker, Direktor des Instituts für Sportmedizin der Universität Münster und Leiter der Studie. „Allerdings kamen dabei meist recht unzuverlässige Methoden wie Fragebögen zum Einsatz. Damit sind aber nur deutliche Veränderungen der Aktivitäten messbar, nicht der „Alltag“, so der Experte.
Seit einigen Jahren verwenden Wissenschaftler daher häufig mechanische Schrittzähler, aber auch diese waren für die münstersche Studie nur bedingt geeignet - da sie die Schritte nur unzuverlässig messen und keine anderen Aktivitäten  erfassen. „Wir haben uns deshalb für Beschleunigungsaufnehmer entschieden, die an der Hüfte oder am Fuß getragen werden. Damit konnten wir sogenannte Activity Bites, also jede Bewegung, messen und sie dann in Schritte umrechnen, da diese als Maßeinheit leichter verständlich sind“, erläutert Völker.
Der Konsens unter Medizinern, wie viele Schritte für ein gesundes Leben notwendig sind, sieht ungefähr so aus: Unter 5.000 pro Tag gelten als sitzender Lebensstil, zwischen 5.000 und 7.500 gilt man als wenig aktiv, zwischen 7.500 und 10.000 Schritten als mäßig aktiv und bei über 10.000 Schritten als aktiv. „Menschen aller Altersklassen sollten entweder fünf Mal die Woche 30 Minuten lang beispielsweise flott gehen oder drei Mal 20 Minuten Sport treiben – das wäre gesund“, empfiehlt Völker.
Mit dem Ansatz der MAAS-Studie war es den Forschern möglich, die Aktivität der Probanden zeit- und frequenzbezogen zu erfassen, also wann wie viele Schritte gegangen wurden. Die Studie unterteilte sich dabei in mehrere Teilbereiche, zum Beispiel MAAS Adults (Erwachsene) oder MAAS Patients, in dem die Alltagsaktivität erkrankter Menschen gemessen wurde. Der Kern des Projekts, das immer noch andauert, war aber MAAS Kids, im Zuge dessen etwa 1.500 Schüler in der Region Münster untersucht wurden. Dabei wurde nicht nur die Alltagsaktivität erfasst, sondern auch die motorischen Fähigkeiten getestet und weitere Daten mit Fragebögen erhoben.
Hier stellten Völker und sein Team einen gefährlichen Trend fest: Die Aktivität der Schüler nimmt von der ersten Klasse bis zur Oberstufe kontinuierlich ab – bis sich in den höheren Klassen die meisten Schüler nur noch gesundheitsgefährdend wenig bewegen. „Oft ist den Kindern und Jugendlichen sowie ihren Eltern gar nicht bewusst, wie wenig es tatsächlich ist“, warnt Völker. „Das lässt sich insbesondere daran ablesen, dass die Angaben aus den Fragebögen, also die Selbsteinschätzung, und die gemessenen Daten häufig überhaupt nicht zusammenpassen.“
Aber nicht nur Schüler bewegen sich zu wenig - auch die meisten Erwachsenen erweisen sich eher als „Couch-Potato“. So macht ein Rezeptionist häufig nur 1200 Schritte pro Tag, ein Manager etwa 3.000 und auch Lehrer bewegen sich im Alltag viel zu wenig – und gleichen diesen Mangel auch häufig nicht durch mehr Bewegung beispielsweise am Wochenende aus. Das kann schwerwiegende Folgen haben, wie Völker verdeutlicht: „Menschen, die täglich etwa 10.000 Schritte gehen, haben ein um 40 Prozent reduziertes Risiko, an einer Herzkrankheit zu sterben, solche, die Sport treiben, ebenso. Und bei Menschen, die beides kombinieren, ist das Risiko sogar um die Hälfte reduziert.“ Außerdem sei das Niveau der Alltagsaktivität mehreren Studien zufolge ein entscheidender Faktor für Übergewicht: „Dicke Leute sitzen viel mehr als Schlanke und könnten allein schon durch etwas mehr Alltagsaktivität deutlich agiler und schlanker werden“, so Völker.
Den Schulen raten die MAAS-Forscher, mehr auf die regelmäßige Bewegung ihrer Schüler zu achten, dafür geeignet seien neben dem Sportunterricht auch die Pausen. „Ein Paradebeispiel für eine ‚bewegte Schule‘ ist in Münster die Martinschule“, so Völker, „an deren Konzept zur dauerhaften Aufrechterhaltung eines gewissen Aktivitätsniveaus - und zwar bei Lehrern und Schülern - sollten sich andere Schulen ein Beispiel nehmen.“ Völker rät außerdem dazu, mehr darauf zu achten, wie viel man sich im Alltag bewegt und öfter Mal zu Fuß zu gehen: „Schon 3.000 Schritte pro Tag mehr können sehr viel ausmachen.“

Folgendes könnte Sie auch interessieren: