Rätselhafter Fund aus Wohnungsauflösung: Erinnerungsalbum der WWU-Mediziner kehrt zur Universität zurück

Die kalligrafisch gestaltete Vorspannseite des Fotoalbums (Foto: WWU / E. Wibberg)

WWU-Universitätsarchivarin Dr. Sabine Happ und Dr. Thomas Bauer vom Mediziner-Alumniverein medAlum mit dem über 70 Jahre alten Fundstück (Foto: WWU / E. Wibberg)

Zwei Porträts aus dem Band – links der als Jude von den Nazis verfolgte Augenarzt Prof. Aurel von Szily (Foto: WWU / E. Wibberg)

Münster (mfm/tb) – Ist das Kunst oder kann das weg? Hans-Joachim Marschollek musste nicht lange überlegen, als er das edel eingebundene Erinnerungsalbum im Überformat sah. Der gebürtige Lengericher half seiner Schwester 2018 bei einer Wohnungsauflösung in Münster – und machte dabei einen Zufallsfund, über den sich nun die Medizinische Fakultät der Universität Münster und das Archiv der Hochschule freuen. „Es handelt sich um ein absolut seltenes Stück, vielleicht sogar um das einzige Exemplar überhaupt“, sagt Archivleiterin Dr. Sabine Happ zu dem Neuzugang in ihren Arsenalen.

Die Geschichte des Fundstücks beginnt 1925: Erst nach mehreren vergeblichen Anläufen erhält die Universität Münster (WWU) in diesem Jahr eine Medizinische Fakultät und damit auch eine Uniklinik – der historische Gebäudebestand mit seinen Ziegelfassaden prägt noch heute die Domagkstraße. Nach Weltkrieg und Neuanfang kann die Fakultät im Mai 1950 ihr 25-jähriges Bestehen feiern – und gönnt sich aus diesem Anlass offenbar ein Fotoalbum mit den Porträts aller früheren und amtierenden Professoren. Der großformatige Band ist eine aufwändige Buchbinderarbeit, bezogen mit weißem Leinen und verziert mit metallenen Ornamenten, und liegt in einem passend gestalteten, schützenden Karton. Kein Zweifel: Diese Sonderanfertigung war schon bei Auslieferung etwas Exklusives.

Mit dem Jubiläum ist die Geschichte des Fotoalbums allerdings noch nicht zu Ende. Drei Jahrzehnte später, im Jahr 1980, wird dieses mit Aufnahmen der zu dieser Zeit tätigen Professorenschaft aktualisiert. Für die Ergänzung im Originaldesign berechnet die Buchbinderei Dürselen 429,40 DM, wie der im Album verbliebene Lieferschein verrät. Ist das Album tatsächlich ein Unikat? Wer war Auftraggeber und wie kam es in einen münsterschen Privathaushalt? „Keine Ahnung“, zuckt Hans-Joachim Marschollek mit den Schultern. Eine Verbindung des verstorbenen Eigners zur Universität ist ihm nicht bekannt. Was für den Finder aber sofort klar war: Das wertvolle Stück sollte dahin zurück, von wo es stammt.

Mit einigen Abbildungen im Anhang bot Marschollek den Fund der Medizinischen Fakultät an, wo deren Alumni-Verein medAlum sofort Interesse an einem Ankauf signalisierte. Geld allerdings verlangte der Finder gar nicht – er bat stattdessen um eine Spende für das Palliativnetz Münster. „Die zu übernehmen, war natürlich Ehrensache“, so medAlum-Geschäftsführer Dr. Thomas Bauer. Per Wertpaket ging das Album von Bogen in Niederbayern - Marscholleks Wahlheimat - auf die Rückreise nach Münster, wo es nun die Sammlung des WWU-Archivs bereichert.

Insgesamt 108 Hochschullehrinnen und -lehrer sind in dem Band porträtiert. „Bei der ersten Durchsicht war ich sofort begeistert,“ erinnert sich Dr. Sabine Happ. Von rund Hälfte der Abgebildeten habe es bislang keine guten oder überhaupt keine Bilder gegeben. „Zudem ermöglichen es uns die Aufnahmen wahrscheinlich, Professoren zu identifizieren, die bei Rektoratsübernahmen oder anderen Festivitäten der Universität fotografiert wurden und die wir bislang nicht zuordnen konnten. Die Freude ist groß“, so Happ. Wer Hinweise zur Herkunft des Albums hat, kann sich an den Verein medAlum wenden (Tel. 0251-8358937 oder medalum@uni-muenster.de).

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