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Fruchtbare Forschung: Reproduktionsmediziner starten Projekt zur Erzeugung von Spermien aus Stammzellen

Die Teilnehmer des GROWSPERM-Projektes, darunter Prof. Stefan Schlatt (4.v.l.), beim Auftakttreffen in Amsterdam (Foto: privat)

Münster (mfm/hms) – Kein Siebenjähriger denkt ernsthaft über Familienplanung nach. Für Kinder, die wegen einer Krebserkrankung in Therapie müssen, gewinnt diese Frage aber plötzlich an Bedeutung: Eine Bestrahlung oder Chemotherapie im Kindesalter heißt bisher, dass ein Junge später als Erwachsener wahrscheinlich keine Kinder zeugen können wird, weil sein Körper nie Spermien produziert hat und die dazu nötigen Stammzellen zerstört sind. Die Reproduktionsmediziner der Universität Münster wollen solche Fälle von ungewollter Unfruchtbarkeit verhindern oder behandeln. Anfang Mai starteten sie in dem groß angelegten Projekt GROWSPERM – zu Deutsch: „Spermien wachsen lassen“.
In dem Forschungsverbund arbeiten Biologen, Chemiker und Reproduktionsmediziner aus den Niederlanden, Belgien, Schweden, Großbritannien, Italien, Finnland und Deutschland zusammen. Ziel ist es, die genaue Entwicklung von Spermien aus Stammzellen zu verstehen. „Wir wollen wissen, wie aus Stammzellen, die man den Hoden vor der onkologischen Therapie entnimmt, zeugungsfähige Spermien gewonnen werden können – entweder im Labor, also ‚in vitro‘, oder sogar, indem sie wieder in die Hoden eingepflanzt werden und dort selbst Spermien erzeugen“, erklärt Prof. Dr. Stefan Schlatt, der das Centrum für Reprodukti-onsmedizin und Andrologie (CeRA) und den münsterschen Teil von GROWSPERM leitet. So könnten etwa Verfahren entwickelt werden, mit denen ehemalige Krebspatienten, die nun erwachsen sind und eine Familie gründen wollen, wieder fortpflanzungsfähig werden. Dabei zeigt sich der Reproduktionsmediziner erwartungsvoll: „Das Projekt hat gute Chancen, einen Durchbruch zu schaffen.“
Das GROWSPERM-Projekt ist Ende Februar von der Europäischen Union (EU) als „Initial Training Network“ im Marie-Curie-Programm bewilligt worden, das Nachwuchswissenschaft-ler in den Lebenswissenschaften fördert. Initiatoren waren die Reproduktionsmediziner der Uni Amsterdam um Prof. Ans van Pelt, die die Uni Münster als einen der Projektpartner ge-winnen konnten. Insgesamt stellt die EU 2,67 Millionen Euro für das Projekt. Die Reprodukti-onsmediziner in Münster haben gut ein Sechstel dieses Etats (444.138 Euro) zugesichert bekommen – genug, um neben dem Arbeitsmaterial auch zwei Doktoranden-Stipendien mit dreijähriger Laufzeit zu fördern.
„Ein solches Projekt, wie auch die Wissenschaft allgemein, lebt vom Austausch zwischen den Disziplinen“, meint Schlatt. Und so forschen die Nachwuchswissenschaftler nicht nur an der Heimat-Uni, sondern verbringen auch mehrere Monate an den teilnehmenden Instituten im Ausland, um von der Arbeit der Kollegen zu lernen. Anfang des kommenden Jahres steht dann das erste große Treffen der Forscher an – ausgerichtet von der münsterschen Gruppe.

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