News

Deutschlandweit einzigartig: An der WWU Münster nimmt das erste Institut für Reproduktionsgenetik seine Arbeit auf

Einrichtung mit hohem Frauenanteil: Fünf Sechstel der Belegschaft des neuen Instituts für Reproduktionsgenetik unter Leitung von Prof. Frank Tüttelmann (hinten, 4. v.r.) ist weiblich (Foto: Th. Hauss)

Münster (mfm/lt) – Probieren, warten, hoffen – um dann doch wieder nur einen negativen Test in der Hand zu halten: Ein unerfüllter Kinderwunsch kann für Paare zur seelischen Tortur werden. Prof. Frank Tüttelmann und sein Team an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) haben es sich zur Aufgabe gemacht, die genetischen Ursachen männlicher Unfruchtbarkeit zu erforschen, genaue Diagnosen zu stellen und Behandlungen zu erleichtern. Jetzt kann sich die Gruppe, die erst in diesem Sommer erneut eine hohe Förderung von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) erhalten hat, über eine weitere Anerkennung ihrer Arbeit freuen: Die Medizinische Fakultät der WWU hat das „Institut für Reproduktionsgenetik“ gegründet – es handelt sich um die bundesweit erste Einrichtung dieser Art.

Die Erfolgsgeschichte des Teams begann 2017, als die DFG die Klinische Forschungsgruppe „Male Germ Cells: from Genes to Function“ („Männliche Keimzellen: von den Genen zur Funktion“), kurz KFO326, bewilligte. Die Gruppe vereint Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Humangenetik, des Centrums für Reproduktionsmedizin und Andrologie (CeRA), des Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin (MPI), der Unikinderklinik, des Instituts für Zellbiologie und des Instituts für Medizininformatik in Münster. Die multidisziplinäre Verknüpfung von Klinik und Forschung ist laut dem wissenschaftlichem Leiter Prof. Tüttelmann ein maßgeblicher Faktor für den Erfolg der KFO326. „Wir wollen in den kommenden Jahren die genauen Diagnosen bei männlicher Unfruchtbarkeit verdoppeln“, umreißt der Humangenetiker, der 2018 zum Professor für Reproduktionsgenetik berufen wurde, das ehrgeizige Ziel. Mit der im Sommer bewilligten Weiterförderung der KFO326 bis 2023 und der jetzt erfolgten Institutsgründung hat das Team beste Chancen, dem selbstgesteckten Anspruch gerecht zu werden.

Hinzu kommt: Durch eine gleichzeitig mit dem Institut - als Teil des Instituts für Humangenetik - eingerichtete „Sektion für Reproduktionsgenetik“ an der münsterschen Uniklinik, deren ärztliche Leitung ebenfalls Prof. Tüttelmann obliegt, haben die Genetikexperten ein zweites Standbein in der klinischen Praxis. Die Verzahnung von „Theorie“ und „Anwendung“ schafft einen herausragenden Rahmen, um die Forschung und Diagnostik in der Reproduktionsgenetik inhaltlich auszubauen und beispielsweise Faktoren auf weiblicher Seite zu untersuchen. Gleichzeitig erhöht die Vernetzung die nationale und internationale Sichtbarkeit der Aktivitäten. Und: Die Ausbildung des in dem Fach dringend benötigten Nachwuchses - ein großes Anliegen Tüttelmanns - lässt sich so gut vorantreiben.

Die Herausforderungen sind in der Tat groß im Bereich der Unfruchtbarkeit bei Mann und Frau: Bei etwa 15 Prozent aller Paare bleibt der Kinderwunsch unerfüllt; die Ursachen verteilen sich gleichermaßen auf beide Geschlechter. Bei über zwei Dritteln der betroffenen Paare wiederum kann keine genaue Ursache festgestellt werden. Studien belegen beispielsweise, dass Männer, in deren Ejakulat keine Spermien gefunden werden, häufig einen hierfür verantwortlichen Gendefekt aufweisen. Seit 2017 analysiert das Team das Genom von infertilen („unfruchtbaren“) Patienten und konnte mehrere Ursachen für die Unfruchtbarkeit in Mutationen der DNA oder Verlusten von DNA-Abschnitten verorten. Mittlerweile bietet die Arbeitsgruppe die Analyse eines sogenannten Gen-Panels an, das die relevantesten Gene enthält, die derzeit mit Infertilität in Verbindung gebracht werden können.

„Durch hartnäckige Forschungsarbeit, internationale Kooperationen und Teamarbeit gelingt es uns, stetig neue Gene in dieses Panel zu integrieren“, erläutert Prof. Tüttelmann. Das ermögliche eine genauere Abschätzung der Chancen und Risiken der weiteren Behandlung, eine bessere Beratung der Patienten und zudem die Möglichkeit, wissenschaftlich fundierte Therapieentscheidungen zu treffen. Der frischgebackene Direktor schaut daher optimistisch in die Zukunft. In der Gründungsphase umfasst sein Institut bereits ein Dutzend Köpfe, weitere Stellen werden gerade besetzt.

Über den jüngsten „Neuzugang“ in der Medizinischen Fakultät freut sich auch deren Dekan Prof. Frank Müller: „Die Reproduktionsforschung ist seit Jahrzehnten eines der wichtigsten Aushängeschilder des Standortes. Die auf diesem Gebiet geleistete Arbeit anerkennen und fördern wir mit dem neuen Institut für Reproduktionsgenetik. Dort arbeitet ein tolles und engagiertes Team, von dem wir in den nächsten Jahren noch viel zu erwarten haben.“

Link zum Institut: www.reprogenetik.de

Folgendes könnte Sie auch interessieren: