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Angekommen im neuen Amt: Dekan Prof. Mathias Herrmann über neue SFB, Sportwagen und Münster-Klischees

Einer der ersten Termine im neuen Amt: Prof. Mathias Herrmann - unter symbolträchtigem Schriftzug - bei seiner Rede auf dem Symposium zum 20-jährigen Bestehens des IZKF (Foto: IZKF / Klaus Altevogt)

Seit Juni ist er im Amt: Prof. Mathias Herrmann, der neue Dekan der Medizinischen Fakultät der Universität Münster. Die Wahl des gebürtigen Mainzers war ein Novum in der Geschichte der Einrichtung, denn erstmals seit deren Gründung 1925 fiel die Wahl auf einen externen Bewerber. Wobei der Münster allerdings bestens kennt: Vor seiner Berufung 2001 an das Universitätsklinikum des Saarlandes war Herrmann (ab 1993) bereits am Institut für Mikrobiologie tätig. Wo sieht der neue Dekan die zentralen Herausforderungen der Fakultät in der Zukunft? Dazu interviewte ihn Dr. Thomas Bauer.
Hier das in der Herbstausgabe des „PulsSchlags“ in Auszügen abgedruckte Gespräch in voller Länge

In Ihrer ersten Mitarbeiterrunde sprachen Sie davon, einen Ferrari übergeben bekommen zu haben, dessen richtige Fahrweise Sie noch lernen müssten. Ist das inzwischen gelungen?

Prof. Herrmann (lacht): Ja, das ist es – dank vieler freundlicher Fahrlehrer. Von denen habe ich nützliche Informationen und tiefe Einblicke in die Fakultät erhalten. Das hat nicht nur das Fahren sicher gemacht, sondern auch viel Fahrspaß vermittelt.
Welche Ziele werden Sie in Ihrer Amtszeit vorrangig verfolgen?
An der Medizinischen Fakultät stehen in nächster Zeit mehrere Sonderforschungsbereiche zur Verlängerung an, für die wir hart arbeiten werden. Gleiches gilt für die Einwerbung neuer SFB, für die ich schon jetzt alle Beteiligten um Unterstützung bitte. Ein drittes Oberziel bezieht sich auf den Exzellenzcluster „Cells in Motion“ (CiM). Bei der sich abzeichnenden dritten Runde der Exzellenzinitiative wird die Uni Münster ihren Hut wieder in den Ring werfen – wobei man aber wissen muss, dass nach jetzigem Stand eine Weiterfinanzierung bestehender Cluster nicht möglich sein wird. Es wird also um weiterentwickelte Konzepte gehen – die sich aber sinnvollerweise im selben Themenfeld bewegen. Denn natürlich wollen mit den mit CiM eingeschlagenen Weg weiter beschreiten.
Nun wird der Exzellenzinitiative häufig vorgeworfen, dass aufgrund der befristeten Finanzierung keine nachhaltige Struktur geschaffen wird, sondern stattdessen der Brain-Drain, die Abwanderung hoch qualifizierter Nachwuchsforscher mangels Job-Perspektiven, gefördert wird?
Das Beste für den Nachwuchs ist immer, wenn er attraktive Rufe bekommt. Denn diese erlauben ja einen Rückschluss auf gute Rahmenbedingungen am Herkunftsort. Umgekehrt müssen wir uns fragen: Wie schaffen wir attraktive Bedingungen für die, die zurückwollen? Das ist aber keine Aufgabe, die an eine Exzellenzinitiative oder andere Förderungen geknüpft wäre – sondern eine Alltagsaufgabe. Erfreulicherweise ist Münster attraktiv, das gilt es zu erhalten und auszubauen.
Was ist mit den Forschungsthemen und -bereichen, die nicht in die großen Verbünde passen?
Eine berechtigte Frage. Es gibt hier sehr viel Forschung auf höchstem Niveau, die nicht die Sichtbarkeit der Verbundforschung hat und die Gefahr läuft, übersehen zu werden. Für eine akademische Einrichtung muss es selbstverständlich sein, neben dem Primat der Verbundforschung solche „Nischen“ zu erkennen und zu fördern. Das heißt keineswegs, Schwerpunktsetzungen wieder gegen die Gießkanne einzutauschen; das heißt aber sehr wohl, den gemeinten Akteuren zu signalisieren: Ihr seid nicht abgehängt.
Wie kann das konkret aussehen?
Nur zwei Beispiele: Ich lasse mir wöchentlich die Liste der erfolgreichen Forschungsanträge zeigen und gratuliere den Autoren. Darüber komme ich in den Dialog mit diesen und erfahre von Themen, die mir sonst eventuell unbekannt geblieben wären. Zudem planen wir die Einführung eines „Paper of the month“ (Publikation des Monats). Das soll kein Wettbewerb sein nach dem Motto „Wer erreicht den höchsten Zitationsfaktor“, sondern Anerkennung für Veröffentlichungen, die dem Dekanat aus verschiedenen Gründen positiv aufgefallen sind.
Bisher war nur von Forschung die Rede. Was ist mit der Lehre?
Die medizinische Lehre hat in Münster ein sehr hohes Niveau, diesen Eindruck hatte ich schon vom Saarland aus und inzwischen konnte ich mir ein eigenes – bestätigendes – Bild machen, so durch die Besichtigung des „Studienhospitals“. Gerade dieses Projekt ist aber ein gutes Beispiel dafür, dass Vorsprung nie von Dauer ist: Auch andere Standorte haben inzwischen solche Einrichtungen. Es muss also unser Anspruch sein, immer wieder neu als Avantgarde zu fungieren. Entsprechende Ideen werden meine nachdrückliche Unterstützung bekommen. Was sich schon abzeichnet, ist ein weiterer Ausbau der Allgemeinmedizin, nicht nur durch die neue Lehrpraxis in Gievenbeck, sondern auch durch die stärkere Verankerung des Faches in der Lehre.
Über 2.000 Köpfe, verteilt auf viele Kliniken, Institute und weitere Einrichtungen, umfasst die „wissenschaftliche Gemeinde“ der Medizinischen Fakultät. Wie lässt sich vor diesem Hintergrund die Vernetzung stärken?
Das ist tatsächlich eine Herausforderung. Mir schwebt daher die Schaffung eines Podiums vor, in dem aktuelle Fragen auf breiter Basis innerhalb der Fakultät diskutiert und vorbereitet werden. Für die im Fachbereichsrat vertretenen Gruppen ergäbe sich mit einem solchen Podium die Chance, ihre jeweilige Position zu erläutern. Mit entsprechenden Veranstaltungsangeboten möchten wir schon in Kürze starten.
Über die interne Kommunikation hinaus möchte ich die externe Darstellung der Fakultät und ihrer Forschungsthemen ausbauen. In Überlegung sind „Grand-round-lectures“, wie sie in den USA bereits Standard, im deutschsprachigen Raum aber noch selten sind. Solche Vorlesungen stellen ein offenes Angebot für alle Interessenten dar, auch über die Klinik hinaus. Kooperationen mit der Ärztekammer oder anderen Einrichtungen sind gut denkbar. Die Kunst wird dabei sein, die Themen ansprechend aufzubereiten – das darf ruhig ein bisschen „Steve-Jobs-Charakter“ haben.
Sie sind ein renommierter Wissenschaftler und wurden von Ihren Fachkollegen gerade erst zum Präsidenten der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie wiedergewählt. Was waren die Motive für den Wechsel von der Forschung ins Forschungsmanagement?
Die klassische Antwort auf diese Frage lautet: Ich möchte gestalten können. Bei mir überwog aber ein anderer Grund: Es fasziniert mich, unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Interessen kennenzulernen und zusammenzubringen. Durch die Förderung von Austausch und die Schaffung entsprechender Strukturen möchte ich die Akademische Selbstverwaltung bestmöglich unterstützen.
Die ist nämlich, was oft übersehen wird, unverändert ein Erfolgsmodell. Einen „Schummelmotor“ wie in der Autoindustrie würde man hier nicht entwickeln können, das wäre im universitären System undenkbar!
Nach dem landschaftlichen sehr schönen Saarland ist Münster ihre neue Wirkungsstätte. Was zeichnet diese Stadt aus Ihrer Sicht aus?
Münster ist jung, dynamisch und hoch attraktiv. Ich weiß, das war jetzt eine Aneinanderreihung von Klischees (lacht), aber die stimmen ja nun mal. Zudem schätze ich den westfälischen Humor.
Den gibt es?
Ja, wenn auch mitunter versteckt. Alles in allem bin ich begeistert von dieser Stadt. Einziger kleiner Wermutstropfen ist, dass das Umland in Sachen Savoir-vivre nicht ganz mithalten kann.
Konnten Sie sich privat schon einleben?
Ja, sehr gut. Ich habe sehr schnell eine kleine Wohnung gefunden, in Fahrradreichweite zum Medizin-Campus. Das war mir wichtig, da ich gern mit dem Rad fahre und die Möglichkeit, alle Ziele mit diesem Verkehrsmittel zu erreichen, eine weitere Stärke Münsters ist.
Vielen Dank für das Gespräch.

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