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Wie lassen sich Blutgefäße „abdichten“? Nana-Maria Wagner erhält Karl-Thomas-Preis 2023
Münster (mfm/nn) – Auszeichnung vor 2.500 Kolleginnen und Kollegen: Auf dem diesjährigen Deutschen Anästhesiekongress wurde Nana-Maria Wagner, Medizinprofessorin der Universität Münster, mit dem Karl-Thomas-Preis ausgezeichnet. Durch die Arbeit der Anästhesiologin und 19 weiteren Forschenden aus Münster konnte nachgewiesen werden, dass der Biomarker für Entzündungen Procalcitonin (PCT) einen direkten Einfluss auf die Durchlässigkeit von Blutgefäßen haben kann. Der Award, der mit einem Preisgeld von 2.500 Euro verbunden ist, wurde dem Team in Düsseldorf für die Publikation „Targeting Procalcitonin Protects Vascular Barrier Integrity“ von der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) verliehen.
Mit Hilfe von Biomarkern lässt sich prüfen, ob Vorgänge im Körper normal ablaufen oder nicht. Bei den Studien von Nana-Maria Wagner zeigt der Marker PCT an, ob die Gefäße in unserem Körper funktionieren oder ob sie lecken und somit Flüssigkeiten durchlassen. „Diese sogenannten ‚Kapillarlecks‘ führen bei Entzündungen und größeren chirurgischen Eingriffen zu Ödemen – also durch Flüssigkeitsansammlung bedingte Schwellungen – oder zu Volumenmangel im Gefäßsystem“, erklärt Wagner. Das Forschungsteam konnte nun herausfinden, dass sich PCT nicht nur als Erkennungshilfe für Krankheiten eignet, sondern auch bei der Entstehung einer porösen Gefäßwand eine Rolle spielt. Allerdings greift PCT die vaskuläre Barriere nur dann an, wenn es sich im aktiven Zustand befindet. Dafür muss das Enzym Dipeptidylpeptidase 4 (DPP4) an PCT binden, sodass es zu einer Veränderung der Struktur von PCT kommt.
Wagner und ihr Team stellten daher die Hypothese auf, dass eine Hemmung von DPP4 die Aktivierung von PCT unterbindet, was wiederum dem Entstehen von Kapillarlecks entgegenwirkt. Diese Annahme wurde zuerst im Grundlagenlabor untersucht. „Das hat so eindeutig funktioniert, dass wir es in Form einer prospektiven, beobachtenden, klinischen Studie an 50 herzchirurgischen Patienten getestet haben, die chronisch den DPP4-Inhibitor ‚Sitagliptin‘ einnehmen“, erläutert Wagner. Mit Erfolg: Die Beobachtung der PCT-Werte der Probanden bestätigten, dass die Wirkung von PCT von der Aktivierung durch DPP4 abhängig ist. Die in der Fachwelt stark beachteten Erkenntnisse erschienen im „American Journal of Respiratory and Critical Care Medicine”.
Der Karl-Thomas-Preis wird jährlich von der DGAI verliehen. Um die Auszeichnung können sich alle Mitglieder der Fachgesellschaft bewerben. Diese Chance nutzte auch das Forschungsteam von Prof. Wagner: „Der Preis kommt also nicht ‚völlig aus dem Blauen heraus‘“, erklärt sie und freut sich dennoch sehr über ihn: „Diese Anerkennung aus der Fachwelt zeichnet uns als Team aus, da wir zusammen eine translationale Fragestellung aus der klinischen Praxis in das Grundlagenlabor getragen und daraus eine therapeutische Konsequenz abgeleitet haben. Das ist das, was moderne medizinische Forschung machen sollte“.