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Unerfüllter Kinderwunsch: Spermien ohne „Durchsetzungsvermögen“ können die Ursache sein

Schlagmusters eines Spermiums vor (l.) und nach (r.) CatSper-Aktivierung. Der kräftigere Schlag ist für die Befruchtung entscheidend (Abb.: Uni MS/AG Strünker)

Münster (mfm/ts) - Bei der Hälfte der Paare, die auf natürlichem Weg keine Kinder bekommen können, liegt die Ursache beim Mann. Eine neue Studie identifiziert den Ionenkanal „CatSper“, der den Kalziumhaushalt von Spermien steuert, als häufige Ursache von bislang unerklärlicher männlicher Unfruchtbarkeit: Funktioniert CatSper nicht, bleiben die Spermien in der Hülle der Eizelle stecken und können diese nicht befruchten. Um eine derart bedingte Unfruchtbarkeit zu entdecken, fehlten der Medizin bislang die Mittel. Ein Forschungsteam der Universität Münster konnte CatSper jetzt mithilfe eines neuen Labortests auf die Schliche kommen, der betroffene Männer identifiziert. Die Studienergebnisse, die es ermöglichen, die Diagnostik und Behandlung ungewollt kinderloser Paare zu verbessern, erschienen jetzt in der Fachzeitschrift „The Journal of Clinical Investigation“.

Jedes sechste Paar kann auf natürlichem Weg keine Kinder bekommen. Häufig bleibt die Ursache rätselhaft. So liefert bei vielen unfruchtbaren Paaren die Samenanalyse beim Mann unauffällige Werte: Anzahl, Aussehen und Beweglichkeit der Spermien sind normal. Das Problem: ohne spezifische Diagnose keine evidenzbasierte Kinderwunschbehandlung – betroffene Paare berichten daher oft von gescheiterten Behandlungsversuchen.

Warum können Männer trotz normaler Ergebnisse bei der Samenprobe keine Kinder zeugen? Dieser Frage ist ein interdisziplinäres Forschungsteam der Universität Münster nachgegangen. „Wir haben schon lange vermutet, dass CatSper eine Rolle dabei spielt“, sagt Prof. Timo Strünker vom Centrum für Reproduktionsmedizin und Andrologie (CeRA). Mit seinen Kolleginnen und Kollegen konnte er bereits vor einigen Jahren zeigen, dass Spermien mithilfe von CatSper Botenstoffe wahrnehmen, die von der Eizelle ausgeschüttet werden. Diese aktivieren CatSper, woraufhin Kalzium in den Spermienschwanz einströmt, was wiederum dessen Schlagmuster verändert. Das ist für die Befruchtung entscheidend, so die Vermutung. Deshalb haben die Forscher einen Test entwickelt, mit dem sie die Aktivität von CatSper in Spermien von fast 2.300 Männern bestimmt haben.

Es stellte sich heraus, dass etwa jeder hundertste unfruchtbare Mann mit unauffälliger Samenprobe einen Funktionsverlust von CatSper aufweist. „Die häufigste Ursache sind genetische Veränderungen, die eine der Komponenten des Ionenkanals betreffen“ ergänzt der Reproduktionsgenetiker Prof. Frank Tüttelmann. Die Änderungen am Schlagmuster, die CatSper vermittelt, sind erforderlich, damit sich die Spermien durch die feste Eihülle bohren können. Deshalb scheitern bei CatSper-bedingter Unfruchtbarkeit die Insemination – das heißt, das Einbringen der Spermien direkt in die Gebärmutter unmittelbar vor dem Eisprung - und die klassische In-vitro-Fertilisation (Befruchtung im „Reagenzglas“) als Kinderwunschbehandlungen, so eine wichtige Erkenntnis des Teams: Bei beiden Methoden müssen die Spermien die Eizelle nämlich selbstständig befruchten. Betroffenen Männern oder Paaren konnte, wie die Studie zeigt, der Kinderwunsch nur mit der sogenannten ICSI-Methode erfüllt werden, bei der ein Spermium direkt in die Eizelle injiziert wird.

„Unsere Studie ermöglicht, künftig eine CatSper-bedingte Unfruchtbarkeit frühzeitig zu erkennen und eine evidenzbasierte Auswahl der notwendigen Kinderwunschbehandlung zu treffen“, resümiert Prof. Sabine Kliesch, Chefärztin der Abteilung für Klinische und Operative Andrologie des CeRA. „Damit können wir für die Paare das medizinische Risiko minimieren und gleichzeitig die Erfolgsaussichten maximieren.“

Neben CatSper gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Proteinen, die das Schlagmuster des Spermienschwanzes beeinflussen. Diese hat die DFG-Forschungsgruppe „Male Germ Cells“ (KFO326), unter deren Dach die neuen Erkenntnisse gewonnen wurden, bereits im Visier. Das Ziel ist, in den nächsten Jahren systematisch die Rolle dieser Proteine bei ungewollter Kinderlosigkeit aufzuklären und so die Diagnostik und Behandlung stetig zu verbessern.

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