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Studie zum Einsatz von Gerinnungshemmern bei EMAH: Eva Freisinger erhält den Becht-Forschungspreis 2021

Oberärztin Dr. Eva Freisinger (Foto: J. Schick)

Frankfurt am Main/Münster - Risiken durch eine Gerinnungshemmung bei Erwachsenen mit angeborenem Herzfehler sowie Gefahren nach einer Stentimplantation: Das sind die Themen zweier Studien, die jetzt mit dem August-Wilhelm-und-Lieselotte-Becht-Forschungspreis der Deutschen Stiftung für Herzforschung (DSHF) ausgezeichnet wurden. Eine der Preisträgerinnen kommt von der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster: Dr. Eva Freisinger forscht an der Uniklinik für Kardiologie I - Koronare Herzkrankheit, Herzinsuffizienz und Angiologie. Sie teilt sich den mit 15.000 Euro dotierten Award mit Privatdozent Dr. Thorsten Kessler vom Deutschen Herzzentrum München.

„Beide Arbeiten haben das Ziel, das Komplikationsrisiko medikamentöser beziehungsweise interventioneller Therapien bei Patienten mit angeborenen und erworbenen Herzerkrankungen zu senken und leisten so einen wichtigen Beitrag zu mehr Patientensicherheit“, betont der Herzchirurg Prof. Armin Welz, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats der DSHF. Dr. Freisinger hat analysiert, dass Neue Orale Antikoagulanzien, kurz: NOAK, die inzwischen vielen Herzpatienten anstelle von Marcumar verabreicht werden, bei Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern (EMAH) offenbar mehr mit Risiken behaftet sind und daher besonders vorsichtig eingesetzt werden sollten. Die Ergebnisse der Forscherin wurden im „European Heart Journal“ publiziert.

Bei rund einem Prozent aller Lebendgeburten liegt ein Herzfehler vor. Dank den heutigen operativen, interventionellen und medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten erreichen viele der betroffenen Kinder das Erwachsenenalter. Europaweit leben daher geschätzt mehr als 2,5 Millionen EMAH, davon bis zu 300.000 in Deutschland. Viele dieser Menschen haben zeitlebens ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko, etwa für Herzrhythmusstörungen und eine damit für Blutgerinnsel und Schlaganfälle. Die als Schutz davor eingesetzte Standardtherapie mit Vitamin K-Antagonisten (VKA) wie Marcumar wurde in den letzten Jahren durch die Medikamentengruppe der NOAK deutlich verbessert.

„Die Substanzen beugen effektiv Blutgerinnseln, Schlaganfällen und Lungenembolie bei vergleichsweise geringem Blutungsrisiko vor, sind leichter einzunehmen und haben weniger Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten und Nahrungsmitteln“, erläutert Dr. Freisinger. Allerdings ließen sich die Erfahrungen bei normalen Herzpatienten nicht ohne weiteres auf EMAH übertragen – „das hat unsere Sicherheitsanalyse ergeben.“ In der Forschungsarbeit der Oberärztin zeigte sich, dass es bei einer Therapie mit NOAK im Vergleich zur Marcumar-(VKA)-Therapie häufiger zu Blutgerinnseln kam (3,8 gegenüber 2,8 %), außerdem zu mehr Blutungen (11,7 zu 9,0 %). Die Gesamtsterblichkeit nach einem Jahr Therapie lag bei NOAK bei 4,0, bei Marcumar bei 2,8 Prozent. Die Angiologin zieht aus ihrer Analyse den Schluss, dass NOAK zur medikamentösen Blutverdünnung bei EMAH nicht standardmäßig empfohlen werden könne. „Die Verordnung sollte nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung spezialisierten EMAH-Kardiologen vorbehalten bleiben“, so Freisinger.

Der zusammen mit ihr von der DSHF ausgezeichnete Privatdozent Dr. Thorsten Kessler arbeitet in seinen Versuchsreihen daran, wie sich eine erneute Einengung von Herzgefäßen, zum Beispiel nach Einsatz eines Stents, vermeiden lässt. Die Deutsche Stiftung für Herzforschung hat sich zum Ziel gesetzt, Projekte von hohem wissenschaftlichen Niveau in der klinischen und Grundlagenforschung zu fördern. Mit dem Wilhelm-August-und-Lieselotte-Becht-Forschungspreis vergibt sie jährlich eine weithin anerkannte Auszeichnung; diese soll außergewöhnliche Leistungen in der patientennahen Herz-Kreislauf-Forschung würdigen.

PubMed-Link zur prämiierten Studie

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