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„Akademisierung hat nur Vorteile“: Rainhild Schäfers ist erste Professorin der WWU für Hebammenwissenschaft

Dr. Rainhild Schäfers ist die erste Professorin der Universität Münster im Fach Hebammenwissenschaft (Foto: WWU / M. Heine)

Münster (mfm/sw) – Von der Ruhr- in die Westfalenmetropole:  Der neue – und zugleich erste duale – Studiengang an der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster, nimmt Fahrt auf - Rainhild Schäfers ist seit Beginn des Jahres die erste Universitätsprofessorin der WWU für Hebammenwissenschaft. Die erfahrene Wissenschaftlerin, die bislang an der Hochschule für Gesundheit in Bochum tätig war, wird nun das für ihr Fach eigens gegründete Institut in Forschung und Lehre vertreten – und freut sich auf die kommende Zeit. Im Gespräch mit Stella Willmann erzählt die gebürtige Emsländerin, welche Ziele sie sich gesetzt hat.

Frau Professorin Schäfers, herzlich willkommen an der WWU. Worauf freuen Sie sich in Bezug auf Ihre Tätigkeit, was erhoffen Sie sich?

„Vom Studiengang erhoffe ich mir, dass er sich nahtlos in die Medizinische Fakultät integriert – das bedeutet vor allem einen guten Kontakt zwischen Hebammen und Ärztinnen und Ärzten. Er ist ein Grundstein für Synergieeffekte und für interdisziplinäre Lehre. Während meiner Zeit in Bochum war ich auch stark an den Akkreditierungsvorgängen des Studiengangs beteiligt und habe dadurch die Bedeutung von Interdisziplinarität für den Studiengang der Hebammenwissenschaft kennen- und schätzen gelernt, vor allem im Hinblick auf die Medizin. Eine gute Zusammenarbeit zwischen diesen zwei Disziplinen sollte Normalität werden – das wünsche ich mir hier.“

Welche Besonderheiten hat aus Ihrer Sicht der Standort Münster?

„Ich bin zwar erst seit kurzem hier, aber was ich bis jetzt schon sagen kann: Alle, die hinter diesem Studiengang stehen, sind unglaublich engagiert. Vor allem das Simulationstraining ist mir ins Auge gefallen, wovon unser Studiengang sehr profitieren wird. Der Neubau für unser Institut existiert zwar noch nicht, wird aber in direkter Nachbarschaft des Studienhospitals angesiedelt sein – also dort, wo die Medizinische Fakultät schon seit 2008 Simulationstrainings durchführt.“

Bis Januar 2020 galt es, die Ausbildung zur Hebamme auf ein akademisches Niveau anzuheben, so sieht es eine EU-Richtlinie vor. Welche Vorteile sehen Sie in der Akademisierung – und welche möglichen Risiken sind damit verbunden?

„Tatsächlich sehe ich keine echten Nachteile, sondern nur immense Chancen. Was mir am wichtigsten ist: Durch die Akademisierung lernt man, das eigene Fach wissenschaftlich zu systematisieren – also Studien zu lesen und auszuwerten, evidenzbasiert zu arbeiten. Auch auf gesundheitspolitischer Ebene sehe ich Vorteile. Im Studium sollten die Studierenden dahingehend sozialisiert werden, dass es Normalität ist, als Hebamme auch in Gremien mitzuarbeiten und zum Beispiel gemeinsame Leitlinien zu entwerfen. Gerade der Beruf der Hebamme wird von Erfahrung und Tradition getragen, welches es nun zu systematisieren gilt: Was gehört in Lehrbücher, was ist eher ‚anekdotisch‘?

Eine Herausforderung könnte darin bestehen, bei der Akademisierung alle ‚mitzunehmen‘. In der Praxis wird die junge, studierte Hebamme auf andere Hebammen mit einem sehr breiten Erfahrungsschatz stoßen. Dass diese unterschiedlichen ‚Herkünfte‘ harmonieren und dass von der Zusammenarbeit beide Seiten profitieren können, gilt es zu vermitteln.“

Was sind Ihre Forschungsschwerpunkte und worauf richten Sie in den kommenden Jahren Ihren Fokus?

„In der Lehre will ich den Fokus darauf legen, das wissenschaftliche Arbeiten zu fördern und das vorhandene Wissen zu systematisieren, auch im Bereich der Gesundheitsförderung und Prävention, hier vor allem in Bezug auf Randgruppen – zum Beispiel auf Inter- oder Transsexuelle; eben solche Menschen, über die wenig in den Lehrbüchern steht.

Ein Schwerpunkt der Forschung wird in den sogenannten ‚patient-reported outcome measures‘ bestehen. Zum Hintergrund: Viele bewerten den ‚Erfolg‘ von Geburtshilfe daran, ob ein gesundes, rosiges Kind zur Welt gekommen ist – als Wissenschaftlerin will ich aber auch wissen, wie es der Mutter mit der Versorgung ergeht, wie sie diese wahrgenommen hat und wie sich die Geburtshilfe daran ausrichten lässt. Ein anderer Forschungszweig bezieht sich auf systemimmanente Einflussfaktoren bei geburtshilflichen Interventionen – mit anderen Worten: Ich möchte herausfinden, inwiefern unser Gesundheitssystem die Geburtshilfe beeinflusst.“

Wir wünschen Ihnen einen guten Start an der WWU und in Münster – vielen Dank für das Gespräch.

Zur Person: Begonnen hat die Karriere Rainhild Schäfers in Marburg: Im Jahr 1984 absolvierte sie an der dortigen Philipps-Universität ihre Hebammenausbildung. Nachdem sie gut 20 Jahre lang praktisch tätig war, nahm Schäfers ein Studium der Pflegewissenschaft an der Fachhochschule Osnabrück auf, das sie 2004 beendete. 2011 holte die Hochschule für Gesundheit die Hebamme, Diplom-Pflegewirtin und Doktorin der Medizinischen Wissenschaften als Professorin für Hebammenwissenschaft nach Bochum, von wo aus sie sich erfolgreich um die Leitungsfunktion an der WWU bewarb.

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