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Netzhaut-Erkrankungen im Blick: 1,6 Millionen Euro für münstersche Nanopartikelforschung

Interdisziplinäre Kompetenz contra Kalkablagerungen: Im REpAiR-Projekt kooperieren (v.l.n.r.) Prof. Klaus Langer, Prof. Frank Rutsch, Prof. Nicole Eter und Prof. Peter Heiduschka (Foto: Uni MS / M. Ibrahim)

Münster (mfm/nn) – Ob Waschmaschine oder Kaffeeautomat: Wo Wasser ist, ist meist auch Kalk. Dass sich ähnliche Ablagerungen auch im Körper bilden und dort erheblichen Schaden anrichten können, ist wenig bekannt. Besonders gefährlich wird es, wenn sich winzige Calciumphosphat-Kristalle in der Netzhaut absetzen. Sie können das Sehvermögen über Jahre hinweg schädigen und im schlimmsten Fall zur Erblindung führen. Ein Forschungsteam der Universität Münster will solche Ablagerungen gezielt auflösen – mithilfe von Nanopartikeln. Für diesen Ansatz erhält die interdisziplinäre Arbeitsgruppe Unterstützung aus Berlin: Das Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) fördert das auf eine Laufzeit von drei Jahren ausgelegte Kooperationsprojekt „REpAiR“ mit 1,6 Millionen Euro. 

Calciumablagerungen in der Netzhaut spielen bei zwei Erkrankungen eine besondere Rolle: bei Pseudoxanthoma elasticum (PXE) und bei der altersbedingten Makuladegeneration (AMD). PXE ist eine seltene Erbkrankheit, bei der ein genetischer Defekt dazu führt, dass der Körper nicht genug Schutzstoffe gegen Verkalkungen bildet. Die Folge: Bereits im Kindesalter können Kalksalze Gewebe schädigen, auch im Auge. AMD ist hingegen eine der häufigsten Netzhauterkrankungen im höheren Alter. Nicht alle Betroffenen entwickeln Kalkablagerungen – aber wer sie hat, trägt ein deutlich höheres Risiko für einen schweren Verlauf. Hier setzt das Projekt REpAiR an. Der Name steht für „Regenerativer Einsatz nanopartikulärer Substanzen zur Auflösung von Kalzifikationen der Retina“. Das Projektteam hat Nanopartikel entwickelt, die Kalk gezielt dort angreifen, wo er entsteht: direkt in der Netzhaut. 

„Man kann den Körper aber nicht einfach mit einem Kalklöser fluten – das würde mehr schaden als nützen“, erläutert Prof. Frank Rutsch. „Unsere Partikel bringen den Wirkstoff daher dorthin, wo er gebraucht wird.“ Der Oberarzt aus der Uniklinik für Kinder- und Jugendmedizin - Allgemeine Pädiatrie bildet zusammen mit der Direktorin der Uni-Augenklinik, Prof. Nicole Eter, dem Leiter des Forschungslabors der Uni-Augenklinik Prof. Peter Heiduschka und dem Direktor des Instituts für Pharmazeutische Technologie und Biopharmazie, Prof. Klaus Langer, das Kernteam des REpAiR-Teams. Dessen Ansatz geht auf die langjährige Forschung von Rutsch zu sogenannten ektopen Kalzifikationen zurück. Das sind Kalkablagerungen in Organen, die eigentlich nicht verkalken sollten, beispielsweise Arterien von Säuglingen. 

Im REpAiR-Projekt testet das Team das neue System nun in präklinischen Studien. Anhand von Mausmodellen wird untersucht, wie sich die Kalkablagerungen mit Nanopartikeln wirksam und schonend auflösen lassen. „Wir sehen in ersten Pilotstudien, dass es funktioniert“, freut sich Prof. Rutsch. „Jetzt wollen wir zeigen, dass der Ansatz sicher ist – und Betroffenen perspektivisch helfen kann“, so der Pädiater und Experte für seltene Erkrankungen. Realistisch bleibt Prof. Rutsch trotzdem: Ein „Allheilmittel“ werde die Methode nicht sein – aber ein entscheidender Schritt, um den Verlauf beider Erkrankungen zu mildern oder sogar aufhalten zu können. Sollten die präklinischen Studien erfolgreich verlaufen, wären klinische Studien am Menschen der nächste Schritt. Langfristig könnte das Verfahren über eine Ausgründung oder eine Lizenz den Weg auf den Markt finden.

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