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Medizinische Notfälle in der Spätschicht: Studierende erleben simulierte Stresssituationen
Münster (ukm/lw) - 22.00 Uhr, auf den Fluren des Krankenhauses wird es ruhiger, Patientinnen und Patienten schlafen zum Teil schon und zu dieser späten Stunde ist auch die Zahl des Stationspersonals entsprechend reduziert – da erreicht die diensthabenden Ärztinnen und Ärzte ein Anruf: „Ein Patient leidet unter akuter Atemnot und klagt über starke Schmerzen in der Brust“. Jetzt zählen Konzentration und Teamarbeit, um die Ursache schnellstmöglich festzustellen und eine passende Behandlung einzuleiten. Wie gehen Ärztinnen und Ärzte gerade zu Beginn ihrer beruflichen Laufbahn damit um, weitgehend auf sich allein gestellt zu sein und wie können sie sich optimal darauf vorbereiten?
Im Wahlfach „Interdisziplinäre Spätschicht“ können 16 Medizinstudierende der Universität Münster hautnah erleben, wie es ist, von 17.00 bis 1.00 Uhr medizinische Notfälle zu behandeln und dabei auf Erlerntes zurückzugreifen. Dazu werden sieben Notfallszenarien von Medizinstudierenden der Arbeitsgruppe Notfallmedizin (AGN) schauspielerisch umgesetzt. Sobald die Studierenden über einen akuten Notfall informiert werden, eilt ein Duo los und die Suche nach der Diagnose beginnt. Eine der insgesamt vier anwesenden Pflegekräfte des Universitätsklinikums Münster (UKM) unterstützt das Team bei der Behandlung. Außerdem sind Ärztinnen und Ärzte des UKM sowie das Team der AGN im Hintergrund aktiv. Während der Behandlungszeit von rund 20 Minuten werden Diagnosen gestellt und die Schauspielpatientinnen und -patienten entsprechend versorgt. Alle nachgestellten Behandlungsfälle werden noch vor Ort evaluiert, bevor es mit dem nächsten Notfall weitergeht.
„Wir wollen die Studierenden auch ein bisschen fordern, in unangenehme Situationen bringen, so dass sie über sich hinauswachsen und verstehen können, wie es ist, im Team zusammenzuarbeiten“, erklärt Lena Balitzki, Assistenzärztin und Lehrbeauftragte der Uniklinik für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin und Schmerztherapie. So werden die inszenierten Notfälle nicht nur für die praktische Anwendung von Fachkompetenzen, sondern auch zur Förderung von Soft-Skills genutzt. „Neben dem Fachlichen lernen die Studierenden wahrscheinlich am meisten über sich selber, also wie sie in Stresssituationen reagieren, wie sie reagieren, wenn sie müde sind, aber eben auch, wie sie auf ihre Kollegen und Kolleginnen wirken, sowohl seitens der Studierenden als auch der Pflege“, betont Jan Landwehrt, Facharzt und Lehrbeauftragter aus derselben Klinik wie Balitzki.
Seit 2022 organisieren die Lehrbeauftragten zusammen mit der AGN das dreitägige Wahlfach für Medizinstudierende im 8. bis 10. Semester. „Die Studierenden bekommen hier ein Feedback, das so eigentlich im Studium bisher einzigartig ist“, unterstreicht Landwehrt. „Außerdem bietet es uns die Möglichkeit, Rückmeldungen der Teilnehmenden zu erhalten und das Seminar dadurch weiterzuentwickeln.“ Das von der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie & Intensivmedizin ausgezeichnete Projekt soll auch in Zukunft weiteren Studierenden einen Einblick in die praktischen Arbeitsabläufe einer Spätschicht ermöglichen.
