Kleine Hoffnung für kleine Leben: Julien Park widmet sich als Pädiater den Rätseln des Stoffwechsels

Dr. Julien H. Park studierte und promovierte an der Universität Münster. Aus seiner Promotion wurde sein Beruf. Heute behandelt er Kinder mit seltenen Stoffwechselerkrankungen am Universitätsklinikum Münster (Foto: WWU/Kaldeuer-Nölting)

Münster (mfm/hh) - „Noch einmal kurz stillhalten“, sagt Dr. Julien Park. Er sitzt auf einem Hocker neben einer Patientenliege, darauf ein kleines Mädchen. Eine Pflegerin hält die Kleine sanft fest. Park nimmt mit einer dünnen Nadel Blut aus einem Gefäß an ihrer Stirn ab. Das Mädchen quengelt und dreht den Kopf hin und her. Park fängt mit einem kleinen Röhrchen jeden Tropfen auf, der aus der Nadel quillt. Nach zwei von drei Röhrchen versiegt das Rinnsal. „Gut, das Blutbild sparen wir uns“, entscheidet Park, zieht die Nadel und wendet sich dem Vater des Mädchens zu. Seine Tochter hat eine seltene Stoffwechselerkrankung und die Familie hofft, dass der junge Arzt ihr helfen kann – wie anderen Patienten vor ihr. Der erst 31-jährige, aber schon mehrfach mit Preisen ausgezeichnete Pädiater ist Spezialist für seltene Stoffwechselerkrankungen. Sein „Handwerk“ erlernte er an der Universität Münster.

Das Mädchen auf der Liege wird seit ihrer Geburt von der münsterschen Uni-Kinderklinik betreut. Sie ist eine von zahlreichen Patientinnen und Patienten, die Park seit 2013 begleitet hat. Damals stieg er als medizinischer Doktorand in die Arbeitsgruppe für angeborene Stoffwechselerkrankungen. „Während der Biochemie-Vorlesung in den ersten Semestern stellte deren Leiter, Professor Thorsten Marquardt, klinische Fälle vor, an denen er forscht. Das fand ich hoch spannend“, erzählt Park. Dadurch motiviert bewarb sich der damalige Student nach dem ersten Staatsexamen um eine Promotion in der Arbeitsgruppe. „Bis dahin hatte ich null Laborerfahrung“, sagt er und lacht.

Parks Interesse an vererbbaren Erkrankungen begann früher. Seine Biologielehrerin begeisterte ihn durch viele Stammbaumanalysen im Unterricht für Genetik. Nach der Schule studierte Park aber zunächst Jura in Heidelberg. Nach nur einem Semester stand für ihn fest: „Das war so gar nicht meins“. Der gebürtige Hammenser entschied sich stattdessen, auch wegen seines Interesses für Genetik, für ein Medizinstudium in Münster.

Heute arbeitet Park fast in Vollzeit in der klinischen Forschung und hat, was mit der Doktorarbeit begann, zu seinem Beruf gemacht. Schon seine erste Studie war fachlich ein „Volltreffer“ – die Medizinische Fakultät der WWU verlieh ihm dafür ihren Promotionspreis. Es folgten weitere Auszeichnungen und Ehrungen für andere Projekte. Seit August 2022 ist Park mithilfe eines Forschungsstipendiums der Else-Kröner-Fresenius-Stiftung von der klinischen Arbeit am Universitätsklinikum Münster freigestellt und kann sich ganz der Erforschung seltener Stoffwechselerkrankungen widmen. Da die Betroffenen im Zentrum seiner Forschungen stehen, hält Park zweimal in der Woche eine Sprechstunde ab, in der er „seine“ Patientinnen und Patienten sieht.

Für Park ist der klinische Bezug seiner Forschung wichtig. „Derart kann man eine Medizin praktizieren, wie es sonst nicht möglich ist“, sagt er. „Ich habe das Gefühl, dass es Patienten gibt, für die die Forschung tatsächlich einen großen Unterschied macht“. Ohne den Patientenbezug der Forschung fiele es ihm schwerer, sich bei Rückschlägen zu motivieren. Manchmal führe das zu schlaflosen Nächten, aber im Moment habe er durch die Freistellung von der klinischen Arbeit mehr Freiraum für die Forschung.

Daneben bleibt Park wenig Zeit für anderes. „Das Wichtigste für mich ist meine Familie“. Im Frühjahr ist er Vater geworden. Wenn er von seinem Sohn spricht, ist die Begeisterung spürbar. „Ich bin überrollt davon, was im ersten Lebensjahr eines kleinen Menschen alles passiert“. Manchmal vergesse er sogar, dass er Pädiater ist. „Beim eigenen Kind weiß man mitunter gar nicht mehr, wie es richtig angefasst werden sollte“, sagt er und lacht. Familie und Forschung zu vereinbaren ist eine Herausforderung, obwohl - und gerade weil - ein Großteil der Forschungsarbeit nicht in der Klinik stattfindet. Die Daten wertet Park zu Hause aus, auch seine Manuskripte schreibt er dort.

Wenn er gemeinsam mit der Arbeitsgruppe versucht, ein Rätsel um die Diagnose eines Kindes zu lösen, dann ist das ein wichtiger Teil seiner Arbeit. „Am schönsten ist es, den Eltern sagen zu können, dass ihrem Kind nichts Schlimmes fehlt oder das Problem mit der Gabe eines Zuckers gelöst werden kann“. Aber nicht für jede Frage findet sich schnell eine Antwort. Park forscht für das Leben jedes einzelnen Kindes - und jeder Fall ist einzigartig. „Die Bürotür geht auf und es kommt ein neues Kind. Da ist nichts vorhersehbar“, sagt er. Wohin sein weiterer Weg ihn führen wird, weiß er noch nicht. Aktuell ist er mit seiner Arbeit an Universität und Uniklinik sehr zufrieden. „Ich kann hier Dinge machen, die anderswo nicht möglich wären“, sagt er. Nach den zwei Jahren Forschungszeit und mit Ende seiner Facharztausbildung wird Park entscheiden, wie es weitergeht. Fest steht aber schon, dass ihn die Forschung weiter begleiten soll - denn häufig liegen Diagnose und Therapie verborgen in ein paar Tropfen Blut, die nur geduldig untersucht werden müssen.

Text: Hannah Hofer

Mit diesem Bericht setzt der Alumni-Verein „MedAlum“ der Medizinischen Fakultät Münster seine Reihe von Porträts ungewöhnlicher „Ehemaliger“ fort. Basis der Serie ist das Absolventenregister von MedAlum.

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