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Gendermedizin: Modewort oder Notwendigkeit? Nachwuchs-Workshop bot Überblick zum Forschungsstand

Rund 40 Teilnehmer (von denen auf dem Bild einige fehlen) zog der Gendermedizin-Workshop nach Münster (Foto: bp)

Münster (mfm/tb) - Was bewirken Geschlechterunterschiede in der Medizin? Wann sind sie zu berücksichtigen? Wie lassen sich Erkenntnisse auf diesem Gebiet in Forschung und Gesundheitsversorgung verankern? Diesen und weiteren Fragen widmet sich ein 2011 gestartetes Kooperationsprojekt der Universitäten Münster und Duisburg-Essen sowie des Leibniz-Instituts für Präventionsforschung und Epidemiologie (BIPS) in Bremen. Zum zweiten Mal führte der Verbund nun junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit einem Workshop an die Thematik heran: Ende Februar trafen sich in Münster rund 40 Nachwuchskräfte zur Veranstaltung „Gendermedizin - Modewort oder Notwendigkeit?“.
Unter der Leitung der Neurowissenschaftlerin Prof. Dr. Dr. Bettina Pfleiderer (Uni Münster) und der Tumorforscherin PD Dr. Andrea Kindler-Röhrborn (Duisburg-Essen) erkundeten die die meist weiblichen Teilnehmer aus dem gesamten Bundesgebiet die facettenreichen Interaktionen von Geschlechterunterschieden (sex und gender) mit der Gesundheit. Der Workshop verfolgte einen breiten interdisziplinären Ansatz: Ausgehend von fachkundigen Beiträgen aus Kardiologie, Endokrinologie, interkulturellen Neurowissenschaften und Arzneimittelkunde diskutierten Vertreterinnen der Medizin, Psychologie, Natur- und Gesellschaftswissenschaften die Konsequenzen für Forschung, Prävention, Diagnostik und Therapie. Behandelt wurden geschlechtsspezifische Unterschiede bei Diagnose und Behandlung von Schilddrüsen- und Herzerkrankungen, neueste Erkenntnisse aus der interkulturellen Hirnforschung sowie die Rolle des Geschlechts in der Arzneimittelforschung und -therapie.
„Die noch junge Querschnittsdisziplin Gendermedizin beschäftigt sich mit einer geschlechtersensiblen - also an das jeweilige Geschlecht angepassten - Gesundheitsversorgung“, erläutert PD Dr. Andrea Kindler-Röhrborn. „Wichtige Grundlage dafür ist eine geschlechtersensible Forschung – von der Formulierung eines Forschungskonzepts, das beide Geschlechter und etwaige Unterschiede berücksichtigt, bis hin zur Erprobung, Vergabe und Dosierung von Arzneimitteln.“
Dabei sei es wichtig, den wissenschaftlichen Nachwuchs in mehrfacher Hinsicht zu sensibilisieren, so Prof. Pfleiderer: „Denn einerseits beeinflusst das biologische Geschlecht die damit verbundene kulturell geprägte Geschlechterrolle, umgekehrt verändern aber auch kulturelle Werte, Praktiken und Überzeugungen zum Beispiel die Funktion des Gehirns.“ Die Genderforscherin weist auf die Folgen hin: „Wenn sich Geschlechterrollen verändern, wirkt sich das unter anderem auch auf zukünftige Krankheitsrisiken von Frauen und Männern aus“, sagt Pfleiderer.
Ausrichter des Workshop waren die beiden Teilprojekte von Pfleiderer und Kindler-Röhrborn innerhalb des Forschungsverbundes „Geschlechtersensible Forschung in Epidemiologie, Neurowissenschaften und Genetik/Tumorforschung“. Das vom Bundesforschungsministerium und dem EU-Sozialfonds geförderte Projekt läuft in Kooperation mit dem Essener Kolleg für Geschlechterforschung.
Link zum Projekt

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