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Doppelnutzen: Großangelegte Studie zu männlicher Unfruchtbarkeit zielt auch auf neue Verhütungsmittel ab
Weiter auf Erfolgskurs: Die münsterschen Reproduktionsforscherinnen und -forscher können sich über eine hohe Förderung der US-amerikanischen Gates Foundation freuen (v.l.n.r.: Dr. Martin Fritzsche, Dr. Maria Schubert, Prof. Timo Strünker, Stephanie Hoogestraat, Bastian Frenzel, Dr. Melanie Lindner, Dr. Christoph Brenker, Dr. Isabell Schumann und Prof. Frank Tüttelmann; es fehlt Prof. Sabine Kliesch) (Foto: Uni MS/Sabrina Weber)
Münster (mfm/jg) – Forschende des Centrums für Medizinische Genetik (CMG) und des Centrums für Reproduktionsmedizin und Andrologie (CeRA) an der Universität Münster verfolgen gemeinsam das Ziel, die genetischen Ursachen männlicher Unfruchtbarkeit aufzuklären. So sollen zugleich neue Ansätze für nicht-hormonelle Verhütungsmittel entwickelt werden. Für seine Arbeit erhält das Team nun 2,5 Millionen Dollar Förderung von der Gates Foundation.
Mehr als 200 Millionen Frauen weltweit haben keinen Zugang zu modernen Verhütungsmitteln. „Ein vielversprechender Ansatz für neue Präparate ist, die männlichen Spermien im weiblichen Körper auszuschalten, so dass sie die Eizelle nicht mehr befruchten können“, erläutert Prof. Timo Strünker vom CeRA. „Dazu müssen wir genau verstehen, wie Spermien funktionieren und an welchen Zielproteinen in diesen die Wirkstoffe angreifen müssen, um eine Schwangerschaft zu verhindern.“ Dies wollen die Forschenden durch die Analyse der genetischen Daten von knapp 4.000 unfruchtbaren Männern herausfinden. Das Team sucht gezielt nach genetischen Varianten, die zu Veränderungen von Spermienproteinen führen und mit der Unfruchtbarkeit zusammenhängen: „Das Wissen um die molekularen Ursachen der männlichen Unfruchtbarkeit ist entscheidend für die Verhütungsforschung“ sagt Prof. Frank Tüttelmann vom CMG. „So können wir die Proteine identifizieren, die besonders kritisch sind für die Spermienfunktion.“
Die großangelegten genetischen Analysen werden in den nächsten zwei Jahren am Centrum für Medizinische Genetik durchgeführt. Dafür gibt es auch Unterstützung vom Unternehmen PacBio, dass Geräte für Genanalysen (Sequencer) herstellt. Dadurch kann das Forschungsprojekt mittels Sequenzierung besonders langer DNA-Abschnitte („long-read Genome Sequencing“) erfolgen. Die Analyse von komplexen Gensequenzen kann dank der Kooperation deutlich genauer durchgeführt werden. „Diese Zahl von ‚Long-read‘-Genomen ist ein bislang in Deutschland einzigartiges Unterfangen und wird maßgeblich zum Erfolg beitragen“, so Prof. Tüttelmann.
Das Projekt baut auf den bisherigen Erfolgen der münsterschen Forschenden in der Abklärung der genetischen Ursachen männlicher Unfruchtbarkeit auf: In den letzten zehn Jahren wurden in Münster bereits viele neue Gene und Proteine, die mit Unfruchtbarkeit in Zusammenhang stehen, identifiziert und bezüglich ihrer molekularen Funktion beschrieben. Neben Tüttelmann und Strünker umfasst das Forschungsteam Prof. Sabine Kliesch, Dr. Isabell Schumann, Dr. Christoph Brenker, Dr. Maria Schubert, Dr. Martin Fritzsche, Dr. Melanie Lindner, Stephanie Hoogestraat und Bastian Frenzel.
Die von der Gates Foundation bewilligte Projektlaufzeit beträgt zwei Jahre. „Die Ergebnisse werden wir auch der wissenschaftlichen Gemeinschaft zur Verfügung stellen. Dies soll langfristig nicht nur die Entwicklung der nächsten Generationen von Verhütungsmitteln fördern, sondern auch die Diagnostik und Behandlung männlicher Fruchtbarkeit verbessern“, blickt Prof. Sabine Kliesch nach vorn.





