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„Die Sympathie der Deutschen werde ich nie vergessen“: Syrer aus Aleppo studiert Medizin an der Universität Münster

Antoine Capucci vor dem Priesterseminar Borromaeum, in dem er ein neues Zuhause gefunden hat (Foto: BMS)

Münster - Die Augen beginnen zu leuchten, wenn Antoine Capucci von seinem Heimatland erzählt. "Syrien ist für mich viel mehr als nur meine Heimat", sagt er. Dann stutzt er.
"Es könnte ein Beispiel für das friedliche Zusammenleben vielfältiger Menschen und Gruppen im Nahen Osten sein." Zumindest sei es das früher gewesen – vor dem Bürgerkrieg, der seit fünf Jahren in dem Land herrscht. Jetzt lebt der 22-jährige in Sicherheit - in Münster, wo er Medizin studiert.
Vor 14 Monaten kam Antoine Capucci nach Deutschland. Die ersten Wochen wohnte er bei einem syrischen Freund in Münster, dann im Franziskanerkloster in Werl. Seit Semesterbeginn lebt er nun im Bischöflichen Priesterseminar Borromaeum. Erst wenige Jahre ist es her, dass Capucci, wie viele andere Jugendliche auch, sein Abitur an einer Schule in seiner Heimatstadt Aleppo machte und ein Medizinstudium aufnahm. Drei Jahre lang besuchte er die Universität, dann entschied er sich, seine Heimat zu verlassen. "Wenn ich die Möglichkeit habe, mich in Sicherheit zu bringen, dann ist das meine Verantwortung, dies zu tun", erklärt er. Einige seiner Freunde seien schon zu Beginn des Krieges geflohen. Von ihnen habe er erfahren, dass das Studium in Deutschland "einen guten Ruf" genieße.
Er beantragte ein Visum, um als ausländischer Student in Deutschland zur Uni gehen zu können. Hätte er als Flüchtling Asyl beantragt, wären Reisen in seine Heimat mit einem hohen bürokratischen Aufwand verbunden. Für Capucci also keine Option. "Mir ist es wichtig, Syrer zu bleiben und meinen Pass zu behalten. So habe ich jederzeit die Möglichkeit, nach Syrien zu reisen, um Familie und Freunde zu besuchen." Im Moment genießt der Student die Sicherheit. Denn er weiß, wie es sich anfühlt, mit der Angst zu leben. In Syrien seien mehrmals Bomben unmittelbar neben ihm eingeschlagen, Freunde seien bei Raketenangriffen gestorben. Und auch jetzt bleibt die Angst – um seine Eltern und seine Schwester, die in Syrien geblieben sind.
Aleppo gelte als Ort der Auseinandersetzungen zwischen Regierungstruppen und einer Reihe von aufständischen Milizen. "Sie gehören zwar nicht zur Terrormiliz Islamischer Staat, aber für uns sind sie fast wie der IS, denn soweit ich weiß, gibt es kaum eine militärische Opposition, die nicht im Namen des Islam kämpft und ein Land führen will, das stärker vom Islam geprägt werden soll", sagt Capucci. Vielen Menschen in seinem Heimatland falle es schwer, sich die genaue Zukunft auszumalen. Die Situation im Land sei sehr unübersichtlich.
Für den jungen Mann gab es aber noch einen anderen Grund, nach Deutschland zu fliehen: "Wir als Christen müssen uns genau überlegen, wo wir in Sicherheit sind und nicht aufgrund unseres Glaubens verfolgt werden." Deutschland sei ein starkes Land, in dem Christen und Muslime gleichberechtigt nebeneinander leben.
Wird in diesem Land auch seine Zukunft liegen? Capucci weiß es noch nicht: „Ich würde in Deutschland gern arbeiten, aber wenn die Lage in Syrien eine Rückkehr erlaubt, würde ich mir das ernsthaft überlegen - zumal Syrien Fachpersonal beim Wiederaufbau unbedingt braucht.“ Wie immer auch die Entscheidung ausfallen wird, eines steht für den Syrer fest: „Die Sympathie Deutschlands und der Deutschen werde ich nie vergessen“. Auch bezüglich seiner späteren Spezialisierung hat der angehende Mediziner klare Vorstellungen: Pädiatrie oder Kardiologie sollen zur beruflichen Heimat werden.