Brückenbauer mit Mordphantasien: Dreifach-Alumnus Oehler verarbeitet seine Erfahrungen in Zahnarzt-Krimis
Münster(mfm/mw) - Er wäre der perfekte Mörder. Als Arzt weiß er, wie man Spuren verwischt. Als Jurist weiß er, wie man sich notfalls herausboxt. Aber Dr. Dr. Klaus Oehler lebt seine Mehrfachqualifikation nicht aus: Er packt seine Mordphantasien zwischen Buchdeckel - und erfreut damit seine Berufskollegen: Abends schreibt der Alumnus der Uni Münster Krimis, nachdem er tagsüber Patienten ihre Schmerzen genommen hat - ein Berufsleben im Spannungsfeld zwischen Mord und Mitgefühl. Oehler darf als Erfinder einer eigenen literarischen Kategorie gelten: den Zahnarztkrimi. Zwei davon hat er bereits geschrieben, ein weiterer ist in Arbeit.
Worin liegt der Reiz des Bösen, wenn man als Arzt doch den Eid geschworen hat, niemals den Kranken zu schaden? „Mit den Krimis habe ich aus einer Laune heraus begonnen, quasi als Folge meiner Ausbildungszeit: In der Pathologie, Intensiv- und Zahnmedizin habe ich reichlich Kuriositäten erlebt, die sich als Stoff anboten“, schmunzelt der 70-jährige. „Schreiben ist meine Art, das Erlebte auf unterhaltsame Weise zu verarbeiten. Und wenn sich dann auch noch Leser mit den Geschichten amüsieren, habe ich mein Ziel vollends erreicht.“
Für die Unterhaltung zu schreiben, ist bei Oehler allerdings die Ausnahme: Sein ganzes Leben lang forscht er berufsbezogen und hat über 60 Veröffentlichungen vorzuweisen. Damit nicht genug: Sein Forscherdrang mündete sogar in Patente. So hat er den lichtleitenden Stopfer erfunden. Der vereint das klassische kugelförmige Instrument zum Stopfen von Füllungen mit der bläulich leuchtende UV-Lampe - dadurch benötigt die Zahnärztin oder der Zahnarzt keine Assistenz und kann den Kunststoff punktgenau härten. Hätte mit solchen Fähigkeiten nicht eine Karriere an der Uni nahegelegen? Die kam für den Publizisten und Tüftler nie wirklich in Frage: „Ich hatte immer nur ein Ziel vor Augen: die Niederlassung“, sagt Oehler. Drei Jahre nach Studienabschluss ging der Lebenstraum in Erfüllung. Heute ist der gebürtige Gießener Leiter des „Instituts für zahnärztliche Wirtschaftlichkeitsprüfung und Behandlungsqualität“ im südhessischen Kriftel.
Als Experte weiß der umtriebige Zahnarzt: Auch eine Füllung kann ein hervorragendes Mordinstrument sein – wenn man in ihr eine Blausäurekapsel versteckt. Solche und andere Phantasien sind die Grundlage seiner Kriminalromane. Mit dem Erstling “Mit Tod gefüllt“ ist dem Schriftsteller 2009 ein erfolgreiches Krimidebüt gelungen. Die Fortsetzung “Letal Dental“ folgte 2013. „Die erste Auflage belief sich auf jeweils 400 Exemplare pro Band. Mittlerweile stehe ich kurz vor dem Druck der dritten.“ Oft sind es Berufskollegen, die seine Bücher kaufen, aber auch fachliche Laien gehören zu den Lesern. Inspirieren lässt sich der Autor sowohl von den Eindrücken als langjährig niedergelassener Zahnarzt als auch von der zehnjährigen Berufserfahrung im Rettungswagen. Dies wird auch bei dem für 2022 geplanten dritten Kriminalfall so sein.
Die Umstellung vom wissenschaftlichen Schreiben auf das Verfassen von Krimis sei wie eine Erleichterung gewesen, berichtet Oehler. Heute bilde das Texten einen essenziellen Teil seiner Freizeit. Jenseits vieler unterhaltsamen Lebensweisheiten aus der Perspektive eines Mediziners und mysteriöser Begegnungen mit der Mafia wird der Leser immer wieder mit einer zentralen Frage konfrontiert: Wie begehe ich den perfekten Mord? Die Antwort gibt “M. Olar“ – alias Klaus Oehler – auf den 373 Seiten seiner beiden Romane. Unterstützt bei seinen literarischen Ambitionen wurde der studierte Rechtswissenschaftlicher, Zahnarzt und Arzt von einem Kollegen, der dieselbe – äußerst seltene – Fächerkombination mitbrachte: Der frühere Direktor der münsterschen Uniklinik für Prothetische Zahnmedizin und Biomaterialien, Prof. Ludger Figgener, wurde schon zu Studienzeiten zum Vorbild und ist es bis heute geblieben.
Die prägende Ausbildungsphase begann für Oehler 1968: Mit dem Abitur der Tasche stand dem 17-jährigen die Welt offen. Er entschied sich für ein Studium der Rechtswissenschaften – und kam in diesem auch mit medizinischen Fragestellungen in Berührung. Was er damals noch nicht wusste: Genau diese Verbindung sollte sein späteres Leben prägen. „Ich hatte irgendwann keine Lust mehr auf Jura, weil mir das einfach zu mechanistisch war. Auch wegen der Diagnose einer seltenen Krankheit bei meinem Vater wollte ich es mit der Humanmedizin versuchen - natürlich in Münster“, erinnert sich Oehler. Da damals keine Zweitstudiengänge gefördert wurden, hängte er nach der Juristerei die Medizin an, schloss das Fach 1978 ab und wurde im selben Jahr an der Medizinischen Fakultät promoviert.
Es folgte eine jahrelange Berufsausübung in Anästhesie, Chirurgie und Pathologie – und dann ein Zahnmedizinstudium. Warum noch ein drittes Fach? Das erinnert das münstersche Urgestein ganz genau: „Ich war bei der Bundeswehr Chef einer Anästhesie- und Intensiveinheit, die den Papst bei seinem Besuch in Osnabrück betreute. Der alltägliche Stress und die wechselnden Arbeitsbedingungen führten letztendlich zu meiner dritten und letzten Ausbildung.“ Die beendete er 1984 mit Erfolg, ließ sich als promovierter Zahnarzt in einer eigenen Praxis in Osnabrück nieder und wechselte nach Kriftel. Obwohl ihn 300 km von seiner Alma Mater trennen, kehrt er immer wieder nach Münster zurück – meist für eine Wirtschaftlichkeitsprüfung, manchmal auch einfach, um ein „Kaltgetränk“ mit früheren Kommilitonen zu genießen.
Text: Maja Wollenburg
Olar, M.: Mit Tod gefüllt. Ein Kriminalroman. Osnabrück: IZWP-Verlag 2009. ISBN: 9783000291661.
Olar, M.: Letal Dental. Ein Kriminalroman. Osnabrück: IZWP-Verlag 2013. ISBN: 9783000428760.
(Mit diesem Bericht setzt der Alumni-Verein „MedAlum“ der Medizinischen Fakultät Münster seine Reihe von Porträts ungewöhnlicher „Ehemaliger“ fort. Basis der Serie ist das Absolventenregister von MedAlum.)