Bayer HealthCare erwarb die Rechte: IMTB an Entwicklung neuer Leitstruktur für Krebsmedikament beteiligt

Prof. Michael Meisterernst im Labor des von ihm geleiteten Instituts für Molekulare Tumorbiologie (Foto: tw)

Münster (mfm/tw) – Genexpression als Angriffspunkt für die Krebstherapie: Der Biochemiker Prof. Dr. Michael Meisterernst von der Universität Münster hofft, Krebszellen darüber in Zukunft besser bekämpfen zu können. Dass die Genexpression – also die Umsetzung von Erbgut-Informationen in RNA und Proteine als „Bausteine des Lebens“ – bei unkontrolliert wachsenden Tumorzellen anders verläuft als bei „normalen“ Zellen, legen Forschungsergebnisse seines Teams nahe. Ein wichtiger Zwischenschritt für das Team war die Beteiligung an der Erforschung einer organischen Verbindung, einer sogenannten Leitstruktur, welche vom Dortmunder Lead Discovery Center (LDC) entwickelt und jetzt als potenzielles Krebsmedikament an Bayer HealthCare Pharmaceuticals auslizenziert werden konnte.
Leitstrukturen (englisch „leads“) sind chemische Verbindungen, die als Basis für die Entwicklung neuer Medikamente genutzt werden können. Bei der vom LDC auslizenzierten Leitstruktur handelt es sich um einen Kinase-Inhibitor, also einen Stoff, der die Wirkung einer bestimmten Kinase hemmt. „Kinasen sind spezifische Enzyme, die eine wichtige Rolle bei der Regulation vieler zellulärer Prozesse spielen“, erläutert Prof. Dr. Michael Meisterernst: „Je spezifischer Inhibitoren wirken, desto besser sind sie möglicherweise für eine gezielte Therapie geeignet. Die hier verwendete Verbindung hemmt hochselektiv eine Kinase, die für das Wachstum bestimmter Tumore besonders wichtig ist.“
Bei der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie der Max-Planck-Förderstiftung geförderten Entwicklung und Validierung der Leitstruktur arbeiteten das LDC, das von Meisterernst geleitete Institut für molekulare Tumorbiologie (IMTB) und Wissenschaftler des Freiburger Max-Planck-Instituts für Immunbiologie und Epigenetik zusammen. Das Team um Meisterernst konzentrierte sich dabei auf basale zellbiologische Prozesse: „Wir haben an Zellen im Reagenzglas und in der Petrischale beobachtet, welche Prozesse die Inhibitoren blockieren und wie sich das auf die Aktivität der Gene und das Überleben der gesamten Zelle auswirkt. Das ist Grundlagenforschung, die eines Tages zu neuen Therapieansätzen für Krebserkrankungen führen könnte.“
Das IMTB untersucht grundlegende Mechanismen der Genexpression in Tumor- und Stammzellen. „Einerseits geht es um ein Grundverständnis von Basisprozessen“, so Meisterernst. „Andererseits befassen wir uns mit spezifischeren Fragen. Wir wollen beispielsweise verstehen, wie sich die Genexpression in Stammzellen von denen differenzierter Zellen unterscheidet. Es gibt Hinweise, dass unkontrolliert wachsende Krebszellen embryonalen Stammzellen ähneln, sich aber von differenzierten Zellen unterscheiden. Wir hoffen, aus solchen Unterschieden Hypothesen für den spezifischen Angriff auf Krebszellen ableiten zu können. Im Idealfall verwendet man dafür chemische Inhibitoren, wie sie uns das LDC zur Verfügung gestellt hat".
Das 2008 eröffnete LDC ist eine Ausgründung der Max-Planck-Innovation GmbH, einer Technologietransfer-Organisation im Umfeld der Max-Planck-Gesellschaft. In Zusammenarbeit mit Forschungseinrichtungen und Universitäten werden im LDC vielversprechende Forschungsprojekte aufgenommen, um daraus kommerziell interessante pharmazeutische Wirkstoffe für die Industrie zu entwickeln. Bayer HealthCare Pharmaceuticals wird die Leitstruktur im Bereich der Onkologie mit dem Ziel weiter entwickeln, ein Produkt in die klinische Entwicklung und zur Marktreife zu bringen.