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Forschung mit Biss: Arnold-Biber-Preis geht an Langzeitstudie der Uni-Kieferorthopädie in Münster
Das münstersche Forschungsteam freut sich über den Arnold-Biber-Preis 2025 für seine Langzeitstudie zum kieferorthopädischen Behandlungserfolg (v.l.n.r.: Prof. Thomas Stamm, Dr. Claudius Middelberg, Dr. Moritz Kanemeier, Dr. Jonas Quirin Schmid, Jolina Bokan, Klinikdirektorin Prof. Ariane Hohoff, DGKFO-Vorsitzender Prof. Peter Proff und Matthias Kühner von Dentaurum) (Foto: T. Ecke)
Münster (mfm/nn) – Zahnspangen nützen und schützen. Um dies ihren Kindern zu vermitteln, haben Eltern jetzt ein weiteres stichhaltiges Argument: Eine Langzeitstudie der Poliklinik für Kieferorthopädie der Universität Münster zeigt, dass eine kieferorthopädische Behandlung dauerhaft wirkt: Erwachsene, die in ihrer Kindheit eine Zahnspange trugen, weisen auch Jahrzehnte später im Durchschnitt einen deutlich geringeren horizontalen Abstand zwischen den oberen und unteren Frontzähnen auf. Für diese Erkenntnis erhielt das Forschungsteam jetzt die höchste wissenschaftliche Auszeichnung der Deutschen Gesellschaft für Kieferorthopädie (DGKFO), den Arnold-Biber-Preis. Der mit 5.000 Euro dotierte Award wurde auf dem Jahreskongress des Fachverbands verliehen.
In ihrer Studie „Long term changes in overjet in individuals with and without orthodontic treatment: a 30-year cohort study“ untersuchte die Gruppe, wie sich ein vergrößerter horizontaler Überbiss – also deutlich vorstehende obere Schneidezähne – über dreißig Jahre hinweg verändert. Eine solche Fehlstellung kann das Risiko für Zahnverletzungen erhöhen, beispielsweise nach einem Sturz oder Schlag. Für die Analyse untersuchte das Forscherteam – bestehend aus Jolina Bokan, Dr. Jonas Quirin Schmid, Dr. Claudius Middelberg, Dr. Moritz Kanemeier, Prof. Thomas Stamm und Prof. Ariane Hohoff – ehemalige Grundschulkinder, die zwischen 1981 und 2001 an zwei systematischen kieferorthopädischen Untersuchungen teilgenommen hatten. „Die Besonderheit der Studie liegt sowohl in der außergewöhnlich langen Beobachtungsdauer von 30 Jahren als auch darin, dass wir auch Personen einbezogen haben, die nie eine kieferorthopädische Behandlung erhalten haben“, erklärt Dr. Schmid. „Beides ist für die Wissenschaft besonders wertvoll, da vergleichbare Langzeitdaten äußerst selten sind.“
Das Ergebnis: Erwachsene, die als Kinder eine Zahnspange getragen hatten, zeigen heute einen deutlich geringeren horizontalen Abstand zwischen oberen und unteren Frontzähnen. Bei unbehandelten Teilnehmenden blieb der horizontale Überbiss hingegen nahezu gleich. Außerdem zeigte die Studie, dass das Risiko für Zahnverletzungen mit zunehmendem horizontalem Abstand der oberen und unteren Frontzähne deutlich ansteigt: Pro zusätzlichem Millimeter erhöhte sich die Wahrscheinlichkeit eines dentalen Traumas um 47 Prozent. „Diese Ergebnisse belegen, dass die Korrektur eines vergrößerten horizontalen Überbisses wichtig ist für die Vorbeugung von Zahnverletzungen“, erläutert Prof. Ariane Hohoff, Direktorin der Poliklinik für Kieferorthopädie. „Solche Langzeitstudien helfen, den Nutzen kieferorthopädischer Maßnahmen besser einzuschätzen und wissenschaftliche Leitlinien weiterzuentwickeln.“
Der Arnold-Biber-Preis wurde erstmals 1910 verliehen. Seit 1968 vergibt ihn die DGKFO jährlich. Der Award zeichnet die nach wissenschaftlichen Kriterien beste Arbeit auf dem Gebiet der Kieferorthopädie aus. „Das Preisgeld werden wir in weitere kieferorthopädische Studien investieren“, kündigt Prof. Hohoff stellvertretend für die 2025 prämiierte Forschungsgruppe an.

