Behandlung von Ichthyosen
Obwohl man inzwischen die meisten Ursachen der Entstehung von Ichthyosen kennt, ist eine direkte ursächliche Behandlung der Krankheiten zur Zeit noch nicht möglich.
Die Behandlung richtet sich daher nach den individuellen Krankheitszeichen und der Schwere der Erkrankung. Dies nennt man symptomatische Behandlung. Da die Haut insgesamt zu trocken ist, müssen Wasser und Fett zugeführt sowie Maßnahmen zur Entschuppung der Haut durchgeführt werden.
Hier sind zunächst Bäder sehr nützlich. Sie dienen der Reinigung, um Salbenreste, Schuppen und Bakterien etc. von der Haut zu entfernen. Auch eine Vielzahl von Badezusätzen sind möglich. Bewährt hat sich z.B. Bikarbonat (auch als Backpulver bekannt). Durch Anwendung von Schwämmen zum Abbürsten der Haut (bei kleineren Kindern weichere, bei älteren Personen härtere Schwämme) lässt sich eine gute mechanische Schuppenentfernung durchführen.
Eine weitere Möglichkeit, von der viele Betroffene profitieren, ist der regelmäßige Aufenthalt in einer Dampfsauna. Überlegenswert ist, zu Hause eine Dampfsauna zu installieren.
Salben und Cremes für die äußere Ichthyosebehandlung bestehen zunächst aus einer sogenannten Grundlage, in der Öle und Wasser in verschiedenen Konzentrationen enthalten sind. Beispiele für solche Salbengrundlagen sind Vaseline, Glycerin, Eucerin, Wollwachsalkohole usw.
In diese Grundlagen lassen sich vom Apotheker verschiedene Wirkstoffe einarbeiten, die eine Abschuppung fördern. Dies sind Harnstoff, Kochsalz, Milchsäure und Vitamin-A-Säure. Auch die Salbengrundlage Polyäthylenglykol hat einen abschuppenden Effekt. Am besten bewährt hat sich Harnstoff. Salizylsäure darf insbesondere bei kleineren Kindern nur an kleinflächigen Hautpartien und nur für kurze Zeit verwendet werden, da es bei großflächiger hochkonzentrierter Dauerbehandlung zu Vergiftungen kommt.
Der stärkste Schuppenablöser ist Vitamin-A-Säure; diese führt aber schnell zu Hautreizungen und Hautbrennen, so dass man bei der Anwendung vorsichtig sein muss. Einige Wirkstoffe lassen sich auch miteinander kombinieren, um die Wirkung zu verstärken. Übliche und wirksame Konzentrationen dieser hornablösenden Substanzen sind:
- Vitamin-A-Säure 0,025%
- Glycerol bis 15%
- Harnstoff bis 12%
- Kochsalz bis 5%
- Milchsäure bis 5%
- Polyäthylenglykol, Charge 300-400 bis 20%
Insgesamt ist die Dosis sehr individuell anzupassen. Es ist die Dicke der Schuppung zu beachten, die an unterschiedlichen Körperstellen sehr verschieden sein kann. Ferner muss die individuelle Verträglichkeit beachtet werden, die bei den einzelnen Menschen, insbesondere bei kleinen Kindern, sehr unterschiedlich sein kann.
Innerliche Behandlung ist mit den Tabletten Neo-Tigason (Wirkstoff: Acitretin) möglich. Diese Tabletten gehören in die Gruppe der Retinoide, das sind mit dem Vitamin A verwandte Substanzen. Sie regulieren die Entwicklung der Haut und ihre Verhornung. Sie wirken hemmend auf die Neubildung der Hautzellen und normalisieren die Verhornung. Die Retinoide haben insbesondere bei den Ichthyosen eine hervorragende Wirkung.
Leider besitzen diese Tabletten auch viele unerwünschte Wirkungen: Trockenheit der Lippen (einzige Nebenwirkung, die immer auftritt!), mögliche Trockenheit der Mundschleimhaut und der Nasenschleimhäute, Trockenheit der Bindehaut und Bindehautentzündungen. Durch die starke Abschuppung kann eine Hautverdünnung mit erhöhter Empfindlichkeit und Verletzlichkeit, Haarausfall, Nagelwallentzündungen, Nagelwachstumsstörungen, Ansteigen der Blutfettwerte, Veränderungen am Knochensystem etc. gehören.
Bei Frauen im gebährfähigen Alter ist eine zuverlässige Empfängnisverhütung notwendig, da die Medikamente in einer Schwangerschaft zu Fehlbildungen bei dem Kind führen. Die Dosis der Tabletten ist individuell anzupassen, liegt aber meistens etwa bei 0,5 mg pro Kilogramm Körpergewicht pro Tag. Der Einsatz dieser Tabletten muss sorgfältig diskutiert werden. Die meisten Menschen vertragen die Tabletten gut. Es sind Ichthyose-Betroffene bekannt, die diese Tabletten seit über 30 Jahren einnehmen und gut vertragen.
Eine umfassende Darstellung aller Behandlungsmöglichkeiten ist hier nicht möglich, es sei aber darauf hingewiesen, dass das Ichthyose-Netzwerk NIRK in Zusammenarbeit mit der deutschen Patientenorganisation Selbsthilfe Ichthyose e.V. eine Therapierichtlinie für die Diagnostik und Therapie der Ichthyosen verabschiedet hat, die als offizielle Richtlinie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlich Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) anerkannt ist und sich primär an Ärzte wendet.
Erhebliche Hilfestellung kann im Einzelfall auch die bereits erwähnte Patientenorganisation Selbsthilfe Ichthyose e.V. leisten, auch wenn es um Beratung bei sozialen Fragen, wie staatliche finanzielle Unterstützung geht. Außerdem profitieren Betroffene und ihre Familienangehörigen enorm vom gemeinsamen Erfahrungsaustausch, wenn es z.B. um Hautpflegetipps geht.