Forschungsübersicht
Unfruchtbarkeit betrifft weltweit etwa jede sechste Person – und bis zu 30 % der Fälle bleiben bislang ungeklärt. Während sich die meisten Studien auf Keimzellen oder Hormonspiegel konzentrieren, wurde die Rolle körpereigener Unterstützungssysteme, insbesondere der Blut- und Lymphgefäße, in der Vergangenheit vernachlässigt.
Das Labor nutzt den Zebrafisch als Modellorganismus, um zu untersuchen, wie vaskuläre und lymphatische Netzwerke die Entwicklung der Gonaden und die Fruchtbarkeit beeinflussen. Endothelzellen von Blut- und Lymphgefäßen tun weit mehr, als nur Sauerstoff zu liefern oder Flüssigkeiten abzuleiten: Sie interagieren direkt mit Keimzellen, beeinflussen hormonelle Signale und können entscheidend für den reproduktiven Erfolg sein.
Die Forschung der Gruppe konzentriert sich auf vier zentrale Ziele:
1. Erstellung eines Entwicklungsatlas der gonadalen Gefäßarchitektur
Durch die Kombination von hochauflösender Bildgebung und Einzelzell-Transkriptomik kartiert das Labor das Wachstum und die Funktion von Blut- und Lymphgefäßen in Hoden und Ovarien.
2. Aufklärung von Störungen bei Gefäßfehlfunktionen
Mithilfe von CRISPR-Geneditierung und Zebrafisch-Mutanten modelliert das Team menschliche Mutationen in gefäßbezogenen Genen, die mit Unfruchtbarkeit in Zusammenhang stehen. Diese Modelle zeigen, wie selbst subtile Störungen der Gefäßfunktion die Entwicklung von Spermien und Eizellen beeinflussen können.
3. Analyse der Rolle spezifischer Zelltypen
Mit präzisen Werkzeugen zur Zellablation untersucht die Gruppe, welchen Beitrag Endothelzellen, Keimzellen, Makrophagen und unterstützende Zellen zur Struktur, Kommunikation und Funktion der Gonaden leisten.
4. Übertragung der Erkenntnisse auf humane Systeme
In Zusammenarbeit mit Expert:innen für Stammzellbiologie entwickelt das Labor humane, aus iPS-Zellen abgeleitete Gonadenorganoide (miniaturisierte Hoden und Ovarien in der Kulturschale), um zu erforschen, wie vaskuläre Signale die reproduktive Gesundheit steuern und wie diese Prozesse bei Erkrankungen gestört werden.
Durch die Verbindung von Entwicklungsbiologie, Genetik und translationalen Modellen schafft diese Arbeit die Grundlage für neue Diagnose- und Therapieansätze – insbesondere für Patient:innen mit ungeklärter Unfruchtbarkeit.

