Forschungsthematik

Science Day 2016

Moderne massenspektrometrische Verfahren stellen ein unverzichtbares Werkzeug in der biomedizinischen Forschung und der klinischen Analytik dar. Die Abteilung Biomedizinische Massenspektrometrie widmet sich der methodischen Weiterentwicklung der zwei wichtigsten Ionisierungsmethoden für die massenspektrometrische Analyse großer Biomoleküle, der in Münster entwickelten Matrix-unterstützten Laserdesorptions-/Ionisations-Massenspektrometrie (MALDI-MS) und der Elektrospray-Ionisierungs-Massenspektrometrie (ESI-MSI).Im Bereich der Lasermassenspektrometrie entwickeln wir in unseren Projekten u. a. neuartige Nachionisationsverfahren für die bildgebende MALDI-Massenspektrometrie, eine noch junge Methode, mittels derer sich die Verteilungen zahlreicher Biomoleküle (insbesondere von Peptiden, Lipiden und Metaboliten) in Gewebeschnitten mit hoher lateraler Auflösung darstellen lassen. Mit der Einführung der MALDI-2 genannten Technologie, bei der sekundäre MALDI-artige Ionisationsprozesse in der Gasphase durch einen zweiten Laserstrahl initiiert werden, gelang es uns kürzlich, die Nachweisgrenzen der hochauflösenden bildgebenden Massenspektrometrie für eine Vielzahl wichtiger Biomoleküle um zwei Größenordnungen und mehr zu senken. So konnte erstmals die Verteilung von fettlöslichen Vitaminen in Gewebeschnitten mit einer lateralen Auflösung von etwa 10 Mikrometern dargestellt werden.

Eine Animation dazu zeigt ein  Video, aufgenommen für den Science Day der Medizinischen Fakultät. Ein Ziel aktueller drittmittelgeförderter Vorhaben ist es, die laterale Auflösung auf 1 bis 2 Mikrometer weiter zu verbessern, um so zukünftig einzelne Zellen chemisch abbilden zu können. In einem eng verwandten Projekt beschäftigen wir uns mit Verbesserungen zur quantitativen bildgebenden MALDI-Massenspektrometrie, um absolute Angaben über die in dem Mikro-Gewebepunkt enthaltenden Stoffmengen zu erhalten. Die methodischen Fortschritte möchten wir nutzen, um die Rolle von Signalstoffen und Rezeptoren in Infektions- und Entzündungsprozessen besser zu verstehen.

Wir erwarten, dass wir durch die Gewinnung eines umfassenderen chemischen Profils (Metabolom) von Mikroorganismen deren chemische Kommunikation mit der Umgebung, zum Beispiel innerhalb von Biofilmen, besser verstehen werden. So könnten möglicherweise neue Ansätze für eine Vermeidung von Oberflächenkontaminationen auf klinischen Materialien wie Kathetern aufgezeigt werden. Auf der Oberfläche von eukaryontischen Zellen finden sich eine Vielzahl von glykosylierten (Zucker-tragenden) Molekülen. Diese Glykokonjugate spielen bei einer Vielzahl von biologischen Prozessen wie zum Beispiel der Signalübertragung und der Zellerkennung eine wichtige Rolle oder dienen als Rezeptoren von Bakterien, Viren oder anderen Pathogenitätsfaktoren. Die strukturelle Charakterisierung von Glykokonjugaten und ihrer Bindungspartner und darüber hinaus die strukturelle und thermodynamische Analyse ihrer nicht-kovalenten Wechselwirkung ist für das Verständnis der Rezeptor-Liganden-Bindungsprozesse essentiell.

Die Entwicklung von Methoden zur qualitativen und quantitativen Analyse von Glykokonjugaten (Glykoproteine, Glykolipide und freie Glykane) und deren Anwendung auf aktuelle biomedizinische Fragestellungen stellen einen weiteren wesentlichen Schwerpunkt unserer Forschung dar.In diesen Projekten werden hochempfindliche massenspektrometrische, immunchemische und chromatographische Methoden und Techniken genutzt. Unter anderem kommt ein Fourier-Transform-Ionen-Zyklotron-Resonanz Massenspektrometer (FT-ICR MS) mit ESI und weiteren Ionenquellen wie zum Beispiel die Desorptions Elektrospray-Ionisierung (DESI), die die Untersuchung von Oberflächen ermöglicht, zum Einsatz. Die FT-ICR-Massenspektrometrie zeichnet sich durch ein extrem hohes Massenauflösungsvermögen, eine hohe Massengenauigkeit sowie die Fähigkeit zur Durchführung verschiedener (mehrstufiger) Fragmentierungsmethoden aus, so dass sich auch die Struktur sehr komplex aufgebauter Glykokonjugate entschlüsseln lässt.

Schematische Darstellungen des MALDI-Prozesses, bei dem Gasphasenionen von komplexen Biomolekülen erzeugt werden

Ausschnitt aus einem hochaufgelösten ESI-FT-ICR Massenspektrum eines Proteins