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Auf Du und Du mit den eigenen „Helden“: Wenyi Xie und Julien Park durften zur Lindauer Nobelpreisträger-Tagung

Hat beide Teilnehmenden schwer beeindruckt: Nobelpreisträger Prof. William Kaelin mit Dr. Julien Park und der originalen Medaille von 2019 (Foto: P. Likasitwata)

Wenyi Xie und Dr. Julien Park beim „72nd Lindau Nobel Laureate Meeting“ am Bodensee (Foto: privat)

„Young Scientists“ aus der ganzen Welt nutzen die Möglichkeit des interdisziplinären und internationalen Austausches am Bodensee (Foto: Lindau Nobel Laureate Meeting /J. Nimke)

Münster (mfm/nn) - Wie geht Frances Arnold mit Kritik um? Wie bringt William Kaelin Patienten und Forschung unter einen Hut? Und welcher dieser beiden Nobelpreisträger macht auf der Tanzfläche eine gute Figur? Zwei, die das wissen, sind Wenyi Xie und Dr. Julien H. Park. Die Medizinstudentin und der Forscher der Universität Münster wurden ausgewählt, am „72nd Lindau Nobel Laureate Meeting“ in Lindau teilzunehmen – eine große Ehre, denn: Nur rund 600 wissenschaftliche Nachwuchstalente aus aller Welt bekommen alle zwei Jahre die Möglichkeit, dieses exklusive Treffen am Bodensee zu besuchen, das ein „Austausch zwischen verschiedenen Generationen, Wissenschaftsdisziplinen und Kulturen“ sein will.

„Das Programm war fantastisch - unglaublich vollgepackt und verdichtet, aber trotzdem viel zu kurz“, steht Park noch immer noch ganz unter dem Eindruck der Veranstaltung. Fünf Tage lang konnten die Teilnehmenden von sieben Uhr morgens bis spät in die Nacht an den unterschiedlichsten Aktivitäten teilnehmen: Das Programm: eine bunte Mischung aus Fachvorträgen der höchstdekorierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie lockeren Events, wie einem „Grill-and-chill“-Abend mit Anwohnern, einer Bootstour auf dem Bodensee oder gemeinsamen Work-outs.

Park hat an der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster studiert und wurde dort auch zum Doktor der Medizin promoviert. Aktuell arbeitet er an der Unikinderklinik als Arzt und erforscht die Pathogenese seltener Erkrankungen. Zudem ist er Stipendiat der Else-Kröner-Fresenius-Stiftung – die ihn auch für Lindau nominierte. Er hatte sich besonders auf Dr. Harald zur Hausen gefreut, dem 2008 der Nobelpreis für die Entdeckung des HPV-Virus verliehen wurde. Dessen Geschichte habe ihn als Schüler sehr inspiriert und ermutigt, eine Karriere in der Forschung anzustreben. Leider ist zur Hausen kurz vor dem Meeting verstorben. Dennoch konnte Park aus der Tagung viel mitnehmen: „Ich habe gelernt, wie wichtig die Offenheit für unkonventionelle Ideen, für diverse Perspektiven und für neue Ansätze ist“, sagt er. „Ich hatte immer das Gefühl, dass wir ohne Barrieren über die Wissenschaft, unsere eigene Forschung und das Leben als Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sprechen konnten“.

Da Park als „Clinician Scientist“ sowohl in der Krankenversorgung als auch in der Forschung aktiv ist, hat ihn eine Unterhaltung besonders beschäftigt: „Das Gespräch mit William Kaelin war für mich doch das beeindruckendste, weil wir über diese Doppelrolle sprechen konnten. Seine Perspektive und sein Werben für ‚curiosity based research‘ – also Forschung auf der Grundlage von Neugierde – waren wirklich fantastisch.“ Aber nicht nur die Gespräche mit global renommierten Forschenden haben ihn inspiriert: Auch untereinander hätten sich die „Young Scientists“ vernetzt und ausgetauscht. So konnte Park bei einem gemeinsamen Currygericht eine interdisziplinäre Forschungsidee mit einer Kollegin aus Barcelona entwickeln. „Wenn ich Glück habe, löst dieses Projekt ein medizinisches Problem, an dem ich schon lange knabbere“, freut er sich.

Neben Park war auch Wenyi Xie in Lindau. Sie ist seit 2018 die erste Studentin der Medizinischen Fakultät der WWU, die es geschafft hat, nach Lindau eingeladen zu werden. Xie schreibt derzeit an ihrer Doktorarbeit und kann zusätzlich einen Bachelor im Studiengang Experimentelle Medizin vorweisen. Dieser kann an der WWU parallel zum klassischen Medizin-Studiengang absolviert werden und legt den Fokus auf die praktische Arbeit im Labor. Zusätzlich engagiert sich die Studentin im Bereich der mentalen Gesundheit: Sie ist Co-Founderin des Projektes „Mind4Youth“, das Psychoedukation leichter an Kinder und Jugendliche vermitteln soll. In Gespräche mit verschiedenen Teilnehmenden kristallisierte sich schnell heraus, dass mentale Gesundheit auch in der Wissenschaft oft zu kurz kommt.

„Vor allem die Kultur des Publizierens und unsichere Arbeitsperspektiven spielen eine zentrale Rolle, aber auch zwischenmenschliche oder persönliche Faktoren wie fehlende Anerkennung für die Arbeit“, berichtet Xie. Deswegen gehe es ihr insbesondere darum, ein Bewusstsein für diesen Umstand zu schaffen. Und das mit Erfolg: Sie konnte Mitglieder des Tagungskomitees überzeugen, sich für die Aufnahme des Themas "Mental health in science and academia” in künftige Lindau-Meetings einzusetzen. Außerdem war für Xie eine Unterhaltung mit Frances Arnold über Kritik ein wahrer Augenöffner, denn die habe sie mit ihrer positiven Einstellung, ihrem Selbstbewusstsein und Freude an ihrer Forschung inspiriert: „Es gibt immer Menschen, die einen kritisieren. Wichtig ist es, das Konstruktive herauszufiltern - und für den Rest gilt ‚hier rein, da raus‘”, so Arnold.

Abseits des Fachlichen konnten die Nobelpreisträgerinnen und -träger und ihre Gäste aber auch in anderen Bereichen brillieren: Egal ob Discofox, Macarena oder Techno – die Tanzfläche wurde von „Young Scientists“ und „alten Hasen“ gleichermaßen erobert. „Besonders Professor Kaelin und Professor Capecchi haben uns mit ihren starken Dance Moves überrascht“, schmunzelt Xie. Ebenso wie Park wird sie Lindau dauerhaft in Erinnerung behalten: „Ich habe gelernt, wie wichtig eine vielfältige und interdisziplinäre Forschungsumgebung ist, die Impulse über die Fachgrenzen hinaus erlaubt“, so Park. „Ich gehe voller Inspiration und mit neuem Mut aus diesem Meeting heraus, meine Interessen und Ziele mit Leidenschaft zu verfolgen“, ergänzt Xie.

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