Komplexe Aufgaben werden im Gehirn nicht allein in räumlich begrenzten Hirnregionen bearbeitet, sondern in weitläufigen Netzwerken, in denen verschiedene Hirnregionen strukturell und funktionell miteinander verknüpft sind. So ist insbesondere ein fronto-parietales Netzwerk (vor allem Bereiche des Stirn- und Scheitellappens) mit der Bewältigung schwieriger kognitiver Aufgaben assoziiert. Die funktionelle Architektur und Integrität solcher Netzwerke kann mittels funktioneller Magnetresonanztomographie untersucht werden, während sich der Proband in einem entspannten Ruhezustand befindet (sogenannte „resting-state fMRT“). Im Vergleich mit konventionellen fMRT-Untersuchungen, in denen der Teilnehmer im Scanner Aufgaben bearbeitet, erscheint die Durchführung von resting-state fMRT-Untersuchungen weniger komplex und möglicherweise besser standardisierbar.

Methoden zur Auswertung von fMRT-Daten, die komplexe Aktivierungsmuster zahlreicher Bildpunkte (Voxel) gleichzeitig berücksichtigen, gewinnen zunehmend an Bedeutung. Sie werden oft als multi-voxel pattern analysis (MVPA) bezeichnet. Solche Techniken wurden bislang überwiegend auf die Datensätze einzelner Personen angewandt: Algorithmen aus dem Bereich des maschinellen Lernens werden eingesetzt, um Muster in Daten zu erlernen, die typisch für z.B. zwei verschiedene Funktionszustände (im Sinne definierter Testbedingungen, z.B. Fingerbewegung vs. Ruhe) sind und anhand derer jene unterschieden werden können. Graphische Darstellungen der Hirnregionen, die zu dieser Klassifikation beitragen, unterscheiden sich vom klassischen Konzept der Aktivierung in der funktionellen Bildgebung und erlauben qualitativ andersartige Aussagen über die Repräsentation kognitiver Funktionen.

Bislang wurden diese Methoden nur selten Probanden-übergreifend eingesetzt, also beispielsweise zur Unterscheidung verschiedener Personengruppen an Stelle kognitiver Zustände. Dabei ergeben sich spezifische Problemstellungen beispielsweise aus dem unterschiedlichen Bau der Gehirne verschiedener Individuen, die in diesem Kontext eine andere Rolle spielen als bei konventionellen fMRT-Auswertungen.

Ziel dieses Projektes unserer Arbeitsgruppe ist es, Personen-übergreifende MVPA-Verfahren und deren Rahmenbedingungen insbesondere für die Analyse der Integrität funktioneller Netzwerke des Gehirns zu evaluieren. Mittelfristiges Ziel ist es insbesondere, einen Beitrag zu einem vorstellbaren diagnostischen Einsatz Personen-übergreifender MVPA-Methoden anhand von resting-state fMRT-Daten zu leisten. Diese Zielsetzung bezieht sich vor allem auf psychische Erkrankungen bzw. Systemerkrankungen des Gehirns. Aktuelle Arbeiten beziehen sich insbesondere auf Patienten mit Depression oder chronischen Schmerzen.Beteiligte Mitglieder der Arbeitsgruppe
Prof. Dr. rer. nat. Dr. med. Bettina Pfleiderer
Dr. med. Benedikt Sundermann
Stephan Christoph Feder Kooperationen
Forschungsverbund BiDirect-Studiebisherige Publikationen
Sundermann B, Pfleiderer B.
Functional connectivity profile of the human inferior frontal junction: involvement in a cognitive control network.
BMC Neurosci 2012, 13:119 (DOI) Sundermann B, Herr D, Schwindt W, Pfleiderer B.
Multivariate Classification of Blood Oxygen Level–Dependent fMRI Data with Diagnostic Intention: A Clinical Perspective
Am J Neuroradiol., 2013, (epub ahead of print) Sundermann B, Burgmer M, Pogatzki-Zahn E, Gaubitz M, Stüber C, Wessolleck E, Heuft G, Pfleiderer B.
Diagnostic classification based on functional connectivity in chronic pain: model optimization in fibromyalgia and rheumatoid arthritis
Acad Radiol, 2014, 21(3):369-77 (DOI)