Zu den Anfängen des Instituts

Die Geburtsstunde der Pharmakologie als eigenständige Wissenschaft wird auf die Mitte des 19. Jahrhunderts datiert. Rudolf Buchheim erhob die Arzneimittellehre auf dem 1847 neu geschaffenen Lehrstuhl an der Universität Dorpat über die bis dahin geltende, deskriptiv betriebene Lehre von den Heilpflanzen, Drogen und therapeutisch nutzbaren Mineralstoffen. Buchheim und später sein Schüler Schmiedeberg verfolgten das Ziel, Wechselwirkungen von Arzneistoffen mit Lebewesen offenzulegen, um diese dann therapeutisch nutzbar zu machen. Das moderne Verständnis von Pharmakokinetik bzw. Pharmakodynamik steckt bereits in Buchheims Aussage: „Es treten uns hier sogleich zwei Fragen in den Weg, nämlich 1) inwiefern werden die Arzneimittel von dem Organismus verändert und 2) inwiefern wirken dieselben auf den Organismus verändernd ein.“

 

Die ärztliche Empirie wich zunehmend einer theoretisch-experimentellen Wissensausrichtung. Damit wurde die Entkopplung der pharmakologischen Forschung von der Klinik notwendig. Mit der Formung einer auf den Naturwissenschaften basierten Pharmakologie wurden deshalb eigenständige pharmakologische Institute an medizinischen und veterinärmedizinischen Fakultäten der Universitäten des deutschsprachigen Raumes gegründet. Bis zu dieser Entwicklung wurde der Lehrauftrag für Pharmakologie oder Materia medica größtenteils von Ordinarien für Botanik oder Pathologie wahrgenommen. Nach Dorpat folgten Neugründungen pharmakologischer Institute in Marburg, Bonn und Straßburg. Innerhalb der nächsten 50 Jahre erhielten fast alle medizinischen Fakultäten in Deutschland ein pharmakologisches Institut. Die Planungen für Münster zur Schaffung eines solchen Instituts liefen bereits vor dem 1. Weltkrieg, doch erst Kriegswirren und später Inflation verzögerten den Baubeginn auf das Jahr 1923 (s. Foto). Während der zweijährigen Bauzeit wurde Prof. Dr. Hermann Freund zum ersten Ordinarius für Pharmakologie berufen (s. Foto). Fast zehn Jahre blieb er im Amt, bevor ihn wie so viele Bürger jüdischer Abstammung das Schicksal der Beurlaubung und Entlassung ereilte. Über sein Leben und Wirken als Hochschullehrer sowie sein tragisches Ende im Gefolge von Deportation und Internierung 1944 wird ausführlich auf der Homepage zur Fakultätsgeschichte berichtet. Ein Stolperstein vor dem Eingang zum Pharmakologischen Institut erinnert an diese großartige Persönlichkeit.

Ansicht des neu errichteten Instituts 1925

Durch die Schaffensfreude Prof. Freunds konnten die zahlreichen Laboratorien ausgebaut und bestückt werden. In Beiträgen formulierte er die Aufgaben des Instituts folgendermaßen:

„Das Pharmakologische Institut hat bezüglich der Forschung die Aufgabe, die Arzneimittel in chemischer Hinsicht zu studieren und vor allem ihre Wirkung auf den lebenden Organismus festzustellen. Oft kommt es auch darauf an, Krankheitssymptome in ihrem Wesen aufzuklären, um dadurch Gesichtspunkte für die Anwendung zweckmäßiger Heilmethoden zu gewinnen. Das höchste Ziel, die Bekämpfung der Krankheitssymptome, fordert die Hilfsmittel der bakteriologischen und serologischen Methodik.“

 

Prof. Dr. Freund

Freund verstand die Pharmakologie als eine ganzheitliche moderne Wissenschaft, bei der Methoden der Chemie und Physiologie sowie die Anwendung der experimentellen Pathologie und Therapie eng ineinander greifen. Die Studenten sollten durch den Ausbau eines neuen Hörsaals mit der Möglichkeit zur Demonstration und zum Experimentieren am Wissenstransfer teilhaben (s. Foto). Ein umfangreiches Vorlesungsverzeichnis kündet von den wissenschaftlichen Angeboten für die Studentenschaft.

Hörsaal zu damaliger Zeit