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750.000 Euro für Nano-Forschung: Prof. Oberleithner erhält eines der begehrten Koselleck-Projekte

Freut sich über die Förderzusage der DFG: Prof. Hans Oberleithner (Foto: FMZ)

Münster (mfm/pc) - Wer forschen will, benötigt Geld – und Geduld. Denn bevor Fördermittel fließen können, müssen sich Wissenschaftler meist durch Berge von Antragsformularen arbeiten. Aber es geht auch anders: Eine fünfseitige Projektbeschreibung reichten Prof. Hans Oberleithner aus, um von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) 750.000 Euro bewilligt zu bekommen. Verwendet wird das Geld, um in den kommenden fünf Jahren die „Dynamische Nanomechanik einer lebenden Zelle" bis ins Einzelne aufzuklären. Grundlagen dieses Erfolges: ein neues Förderinstrument der DFG – und der Vertrauensvorschuss, den der Leiter des Instituts für Physiologie II der Universität Münster (WWU) dort genießt.
Seit Aufkommen des Mikroskopie-Verfahrens „Atomic-force“ Anfang der 1990er Jahre arbeitet die Vegetative Physiologie der Medizinischen Fakultät an dessen Weiterentwicklung mit. Das Ziel des Instituts: die ursprünglich aus der Physik stammende Messmethode für die medizinische Forschung fruchtbar zu machen. Mit Hilfe eines mechanischen Nano-Sensors können die Wissenschaftler beispielsweise die „Härte“ einzelner lebender Zellen der innersten Wand von Gefäßen (Endothel) messen. In einem natriumreichen Medium versteifen diese Zellen, das Blutgefäß wird unflexibel und infolgedessen erhöht sich der Blutdruck. Ein hoher Konsum von Kochsalz (Natriumchlorid), das konnten die Wissenschaftler somit nachweisen, lässt das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall ansteigen. Kaliumionen hingegen wirken wie „Weichmacher“ – ein positiver Effekt. Denn „weiche“ Endothelzellen erzeugen deutlich mehr Stickstoffmonoxid, ein Gas, das die Gefäßfunktion stärkt.
Diese Ergebnisse haben die Physiologen Anfang des Jahres in der renommierten US-amerikanischen Zeitschrift PNAS (Proceedings of the National Academy of Sciences) veröffentlicht. Oberleithner: „Jetzt folgt sozusagen das Feintuning. Wir unterteilen die Zellmembran in ihre Einzelkomponenten und untersuchen den Weg der Moleküle im Detail.“. Die bisher dafür verwendeten Mikroskope stammen von einem amerikanischen Hersteller und sind zum Teil nur geliehen. Mit den Fördergeldern der DFG können die Geräte nun angekauft und durch neue Komponenten ergänzt werden.
Nach dem Freiburger Molekularonkologen Roland Schüle ist Oberleithner bundesweit erst der zweite Mediziner, dem es gelang, ein Reinhart-Koselleck-Projekt einzuwerben. Dieses Förderinstrument gibt es seit dem vergangenen Jahr. Der Namensgeber, der 2006 verstorbene Bielefelder Historiker Reinhart Koselleck, gilt als einer der ganz Großen seines Fachgebiets - und als „Querdenker“. Mit den nach ihm benannten Projekten hat die DFG erstmals ein Förderinstrument aufgelegt, das kreativen Forscherpersönlichkeiten Spielräume zubilligt und ihrem Erfahrungsschatz aus jahrzehntelanger Tätigkeit eine entscheidende Rolle zumisst: Auch eine zunächst nur vage Idee, die jedoch innovativ ist und einen baldigen und bedeutenden Erkenntnisfortschritt verspricht, kann so weiterverfolgt werden. Damit beweist die DFG Mut zum Risiko. Bewilligt werden können über fünf Jahre insgesamt bis zu 1,25 Millionen Euro. Das Programm ist für Forscher aus allen Wissenschaftsdisziplinen gedacht, die ihr herausragendes Potential bereits unter Beweis gestellt haben.
„Bezahlt“ hat Prof. Oberleithner den Vertrauensvorschuss also mit seinem guten Namen. Dabei lassen ihm die Rahmenbedingungen der Forschung selbst immer weniger Gelegenheit für die praktische Arbeit: „Als Leiter einer wissenschaftlichen Einrichtung verbringt man im Lauf der Jahre immer mehr Zeit mit forschungsfernen Tätigkeiten“, bedauert der Physiologe. „Wenn ich zwei, drei Sitzungen am Tag hinter mich gebracht habe, fühle ich mich anschließend wie zerschlagen.“ Es bestehe eine nicht geringe Gefahr, dass man sich angesichts der vielen anderen Verpflichtungen in einer solchen Position „schleichend aus der Forschung verabschiedet.“
Deswegen verbringt Oberleithner auch heute noch mindestens einen Tag in der Woche im Labor. „Wenn ich selbst experimentiere, fließen die Ideen, und das gibt mir neue Energie. Nach so langer Zeit weiß ich, wo ich ansetzen muss, um die Antwort auf eine bestimmte Frage zu erhalten.“ Auch die Mitarbeiter profitieren von dieser Arbeitsweise: „Indem ich mich unter die Nachwuchsforscher mische, erlebe ich ihre alltägliche Schwierigkeiten selbst mit und kann sie besser unterstützen. Umgekehrt sehen die Doktoranden, dass auch mir manches misslingt, und werden durch eigene Rückschläge nicht sofort entmutigt.“

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