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Wenn sich das Hirn selbst entzündet: Amélie Menke erhält Medizin-Promotionspreis der Universität Münster

Prodekan Prof. Sven Martens (l.) und Prof. Heribert Jürgens, Vorsitzender des Emeriti-Vereins, gratulierten Dr. Amélie Menke zum Gewinn des Promotionspreises der Medizinischen Fakultät (Foto: WWU/Erik Wibberg)

Münster (mfm/sw) – Krank werden an sich selbst – das gibt es auch im Hirn: Bei sogenannten autoimmunen Enzephalitiden (kurz: AE) ist weder ein Bakterium noch ein Virus, sondern das eigene Immunsystem für Entzündungen im Körper verantwortlich. Betroffen ist das zentrale Nervensystem, sprich: Hirn und Rückenmark.  Dabei binden Autoantikörper – Antikörper, die sich gegen körpereigenes, gesundes Gewebe richten – an Epitope, kleine Bereiche an der Oberfläche von Antigenen, die eine spezifische Immunreaktion auslösen können. Eine Zielstruktur der Autoantikörper ist auch der GABAA-Rezeptor: Dieser wirkt hemmend auf Nervenzellen und steht – gerade deswegen – bei Therapieansätzen für Krankheiten des zentralen Nervensystems im Fokus. Was bei Nervenzellen in verschiedenen Hirnregionen passiert, wenn ein Antikörper an den GABAA-Rezeptor „andockt“, wollte Dr. Amélie Menke in ihrer Dissertation herausfinden – und wurde für ihre Ergebnisse nun mit dem Promotionspreis der Medizinischen Fakultät der Universität Münster ausgezeichnet.

Um die elektrophysiologischen Effekte zu untersuchen, die durch die Bindung von Antikörpern an GABAA-Rezeptoren entstehen, bediente sich die junge Medizinerin einer kürzlich gemachten Entdeckung: Im B-Zell-Repertoire - dem Bestand von Zellen, die für die Herstellung von Abwehrstoffen zuständig sind - eines an AE erkrankten Patienten wurde ein GABAA-Rezeptor identifiziert. Auf dessen Basis wurde ein künstlich hergestellter Antikörper, nämlich rAb-IP2, entwickelt, den Dr. Amélie Menke für ihre Studie einsetzte. Für die hat die 26-Jährige Gehirnschnitte von Mäusen mit rAb-IP2 versetzt – und machte folgende Entdeckung: Während rAb-IP2 bei Pyramidenzellen, einer Art besonders großer Nervenzellen, eine erhöhte Erregbarkeit auslöste, führte rAb-IP2 in Interneuronen zu einer verminderten Produktion an Aktionspotenzialen. Mit anderen Worten: „Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass rAb-IP2 in Pyramidenzellen und Interneuronen die Funktionalität des GABAA-Rezeptors stört und so ein Ungleichgewicht von Hemmung und Erregung verursacht“, resümiert Menke.

Geboren und aufgewachsen in Soest, zog die 26-Jährige für ihr Medizinstudium in die westfälische Metropole – nach Münster. Nach Approbation und Promotion hält es Dr. Amélie Menke weiter in ihrer Wahlheimat, wo die junge Preisträgerin nun als Assistenzärztin in der Medizinischen Klinik D der Uniklinik tätig ist. Für die am Institut für Translationale Neurologie unter Begleitung von Doktorvater Prof. Sven Meuth verfasste Studie gab es nicht nur die Bestnote „summa cum laude“, sondern als Draufgabe auch noch einen Geldpreis von 1.000 Euro. Die Dotierung des Promotionspreises übernimmt der Verein der emeritierten Professorinnen und Professoren der Medizinischen Fakultät, für den der Onkologe Prof. Heribert Jürgens an der Feier teilnahm.

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