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„Münster liefert ab“: Was 800 WWU-Medizinstudierende auf ein Festival zieht, auf dem #NurLiebe zählt

Einmal vor 25.000 Leuten einen selbstgeschriebenen Song performen? Das wird im Arzt-Alltag so schnell nicht mehr wiederkommen – bei der Medi-Gala auf der Main-Stage wird nicht nur die „Top 10“ der Medi-Songs live gespielt, sondern es werden auch alle Siegerinnen und Sieger gekürt, von Fußball über Cheerleading und Fancommunity bis hin zum besten Song (Foto: Medimeisterschaften GmbH)

Ruhe vor dem Sturm: Das „Homebase-Team“ rückt jedes Jahr schon vor Beginn der Medis an und gewährleistet, dass das Münster-Camp pünktlich aufgebaut und vorbereitet ist (Foto: privat)

Münsters Paradedisziplin: Nicht nur die WWU Baskets haben es drauf, auch das münstersche Medi-Basketballteam erkämpfte 2021 den Meister- und dieses Jahr den Vizemeistertitel im Basketball – nicht zuletzt dank der großen Unterstützung der Fans, die mit selbstgebautem Fanfahrzeug und Jubelrufen ihr Team anfeuern (Foto: Medimeisterschaften GmbH)

Münster (mfm/sw) – Wer braucht schon „Rock am Ring“ oder das „Tomorrowland“, wenn es doch auch Obermehler gibt. Mit Tausenden Kommilitonen um den Sportpokal kicken, einen Song produzieren im Kampf um den Kreativpreis oder den Award für das beste Fanfahrzeug abräumen - all das gehört zum größten Amateursportfestival weltweit: den MediMeisterschaften, kurz „Medis“. Was als studentisches Fußballturnier einer Handvoll Medizinischer Fakultäten vor 21 Jahren begann, ist heute ein Festival mit über 25.000 Teilnehmenden aus ganz Europa – davon dieses Jahr allein rund 800 von der Universität Münster. Insbesondere die dortigen Medizinstudierenden sind Stammgäste in dem thüringischen 1.200-Seelen-Dorf Obermehler, wo das Festival seit 2014 meistens ausgetragen wird. Sie sahnten dieses Jahr den Vizemeistertitel im Hand- und Basketball ab – und den Preis für eine der besten drei Fan-Communities.

Das Motto #NurLiebe zieht mittlerweile auch sport- und feierbegeisterte Studierende aus vielen europäischen Ländern an – so aus Frankreich, Polen und Malta. Der Grund: Die Medis sind in Europa – und wohl auch weltweit – einzigartig. Wie 2022 machten sich auch dieses Jahr 25.000 Besucher auf den Weg ins ostdeutsche Nirgendwo, um sich dort ein Wochenende lang mit anderen Fakultäten im Fuß- oder neuerdings auch Spikeball zu messen und gemeinsam zu feiern. Von den 3.000 Studierenden der Medizinischen Fakultät in Münster können nicht alle eines der heißbegehrten Tickets ergattern: Das Kontingent ist begrenzt und wird jedes Jahr für jede Uni neu ermittelt. Theoretisch steht das Festival mittlerweile auch anderen Studierenden offen; Voraussetzung ist aber eine gewisse Verbindung zu den Medis. Mit einem Ticket für 135 Euro – was rund 100 Euro unter dem Durchschnittspreis kommerzieller Festivals liegt - ist man dabei. Dafür wird allerhand geboten: sieben Bühnen mit Live-Auftritten, Handball-, Basketball- und Cheerleader-Turniere, das große MediMeisterschaften-Fußballturnier, morgendliches Gruppenyoga, neue Kontakte, eventuell Heiserkeit und Kater – und vor allem jede Menge Spaß.

Parallel zur Besucherzahl stieg auch der Aufwand, den die studentischen Ehrenamtler daher nicht mehr allein stemmen können - seit einigen Jahren steht hinter dem Festival die MediMeisterschaften GmbH, die einen Großteil der Organisation übernimmt. In Münster liegt die jährliche Organisation, Motto-Auswahl und Vorbereitung die MediMeisterschaften-Hochschulgruppe, deren Vorstand aus Finn und Eike besteht. Insgesamt zählt die Gruppe etwa 70 feste Mitglieder – von Finanzen über Sponsoring bis zu den Kostümen wird jedes Detail geplant. „In der Orga steckt weitaus mehr als nur Fußballtraining und Songproduktion, also die Dinge, die nach außen sichtbar sind – dazu gehören zum Beispiel auch unser Bus-Team, das eine gemeinsame Anreise nach Obermehler sicherstellt oder auch die Gruppe um das Fan-Fahrzeug, das jedes Jahr neu gebaut wird“, betonen Eike und Finn. „Jeder hier macht einen unbezahlten und unbezahlbaren Job und wir sind für jeden einzelnen, der sich neben dem Studium bei uns engagiert, dankbar“.

Belohnt wird das Extra-Engagement allemal – wenn auch nicht mit Erholung und Freizeit. „Wenn man am Ende auf den Medis sieht, was man gemeinsam auf die Bühne gebracht hat, dann ist das der schönste Dank“. Zeit zum Durchatmen hat die Orga-Gruppe kaum: Nach dem Sommersemester geht es direkt in die Planung für das kommende Jahr mit einem großen Treffen. Erstes Etappenziel ist ein Motto, denn: ohne das kein Fanfahrzeug, kein Song und keine dazu passenden Kostüme. Ein Hauch von brasilianischem Karneval schwebt über dem Festival.

Fernab von Prüfungsstress und Examensstrapazen: Im „MünSpa“ kennt man keinen Stress, ist chronisch relaxed – das vermittelt jedenfalls der Refrain des Songs, mit dem die münsterschen Studis in diesem Jahr antraten. Unangefochten erfolgreichster Titel der Westfalen ist „Alles aus Holz“ aus dem Jahr 2019 – der Song schaffte es nicht nur auf den zweiten Platz der besten Medis-Fanvideos, sondern erzielte bislang über 287.000 Klicks auf Youtube. Die Messlatte liegt allerdings noch deutlich höher: „Medicopter Mainz17“ hielt sich einige Wochen auf Platz eins der deutschen Charts und hat schon über drei Millionen Aufrufe gesammelt. Die Videos – egal, von welcher Fakultät – wirken hochprofessionell, stammen aber nahezu komplett aus Studierendenhand. „Wie alles andere beim Festival sind auch die Songs selbst geschrieben und die Videos selbst produziert“, betonen Finn und Eike, „Wenn man sich Hilfe geholt hat, muss das angegeben werden – Transparenz wird großgeschrieben“. Gewinner dieses Jahres war Innsbruck mit „Inn Shape“. Die Message: In Form sein kannst Du auch ohne Waschbrettbauch - sportlich sein geht auch ohne Normschönheit.

Die Aufgabe für das nächste Jahr ist klar: „Münster ist dafür bekannt, ‚abzuliefern‘. Ob Song, Sport oder Fan-Community: Wir geben alles dafür, die Erwartungen zu erfüllen – oder am besten noch zu übertreffen“, so Finn über den Part des Standortes an den MediMeisterschaften. Das offizielle Motto der Medis, #NurLiebe, ist Leitfaden des Projekts: „Dass mittlerweile auch Unis aus so vielen anderen Ländern mitmachen, finde ich genau passend zu diesem Slogan, der für Offenheit und Toleranz steht. Das macht die Medis aus – und das bleibt auch so“, betont Vorstandsmitglied Eike. Ob die beiden Ärzte in spe im nächsten Jahr wieder die Orga übernehmen? Das steht für sie außer Frage: „Man wächst mit seinen Aufgaben. Niemand von uns hat vorher Veranstaltungen mit so vielen Leuten geplant. Aber spätestens, wenn man im Hörsaal L10 die 800 fertigen Kostüme sieht, wird klar: Es hat sich gelohnt“, lacht Eike. Chronisch relaxed sein wie im „MünSpa“, davon träumen sicher viele Studierende - mit einem Ticket für Obermehler ist das zumindest ein Wochenende lang garantiert.  Stella Willmann

Links:

Motto-Song 2023 des münsterschen Teams

„Alles aus Holz“ wurde 2019 zu einem der besten Videos gekürt

mit bisher 3 Mio. Klicks unangefochten auf Nummer 1 aller Medis-Songs: Medicopter Mainz 17

Wikipedia-Artikel zu den Medimeisterschaften

offizielle Website des Festivals

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