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Über 40 Millionen Euro für neue medizinische Erkenntnisse: Drei Sonderforschungsbereiche der Uni Münster werden verlängert

Die medizinische Forschung an der Universität Münster – hier im Institut für Medizinische Mikrobiologie – wird durch die Bewilligungen gestärkt (Foto: H. Dornhege)

Münster (mfm/jr) – Aller guten Dinge sind drei: Die Deutsche Forschungsgemeinschaft wird ihrem in der Medizin der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) angesiedelten Sonderforschungsbereich „Breaking Barriers“ eine weitere Förderperiode finanzieren. Ebenfalls verlängert werden zwei Verbünde zu „Furcht, Angst, Angsterkrankungen“ und zu Multipler Sklerose, bei denen die WWU mit anderen Standorten kooperiert und die Sprecherrolle in Münster liegt. Zusammen fließen bis 2020 rund 40,5 Millionen Euro an die beteiligten Standorte – ein Großteil davon nach Münster. Die Entscheidungen fielen in der jüngsten Sitzung des Bewilligungsausschusses der DFG; sie beruhen auf Bewertungen der bisherigen Leistungen der Sonderforschungsbereiche (SFB) durch externe Gutachter. Insgesamt wurden von der DFG 20 SFB neu eingerichtet und 24 verlängert.
„Dieses Triple ist ein riesiger Erfolg für die münstersche Universitätsmedizin - und zugleich eine Bestätigung unserer Forschungsstrategie“, freut sich der Dekan der Medizinischen Fakultät der WWU, Prof. Wilhelm Schmitz. Er hatte sich in seiner jetzt auslaufenden Amtszeit für einen Neuzuschnitt der Schwerpunktthemen und eine größtmögliche Verzahnung aller Aktivitäten stark gemacht. So sind die SFB zu Multipler Sklerose (SFB TRR 128) und zu „Furcht, Angst, Angsterkrankungen“ (SFB TRR 58) zugleich tragende Säulen des Forschungsschwerpunktes „Neurale Systeme“ der WWU-Mediziner.
Zusammen mit Kollegen der Universitäten Würzburg, Hamburg und Mainz werden in Münster seit 2008 grundlegende Mechanismen von Angst untersucht. Zwar ist das Gefühl von Angst ein überlebenswichtiger Verhaltensregulator, wenn jedoch eine Störung des Mechanismus vorliegt, kann für die Betroffenen die Angst extrem belastend sein. Der SFB TRR 58 beschäftigt sich vor allem mit dem Wechselspiel von genetischer Veranlagung, Umwelteinflüssen und Stresserfahrungen bei angsterkrankten Menschen.
„Aus Sicht der Gutachter hat der SFB in seiner bisherigen Tätigkeit ein international führendes, weltweit einzigartiges Zentrum für Angstforschung geschaffen. Nirgendwo gebe es angesichts einer Krankheit, die so weit verbreitet ist wie Angststörungen, eine Initiative, die alle Ebenen von molekular-genetischen über systemische Grundlagen bis zu Patientenstudien abdeckt sowie Perspektiven für neue Therapiemöglichkeiten eröffnet“, berichtet SFB-Sprecher Prof. Hans-Christian Pape. Der Neurophysiologe freut sich nicht nur darüber, dass die Gutachter „alle Erwartungen an einen transregionalen Forschungsverbund vorbildlich erfüllt sahen“, sondern auch über ihr Lob für die strategische Nachwuchsarbeit des Forschungsverbundes. Die am SFB TRR 58 beteiligten Universitäten erhalten bis Juli 2020 insgesamt knapp 13,9 Mio. Euro aus dem Fördertopf der DFG.
Ebenfalls um einen Transregio-SFB, also einen von mehreren Hochschulen gemeinsam beantragten Verbund, handelt es sich auch bei dem SFB TRR 128 zu den „Initiierungs-, Effektor- und Regulationsmechanismen bei Multipler Sklerose“ (MS). Sprecher dieser Kooperation zwischen den Hochschulen Münster, Mainz und München wird ab Juli Prof. Heinz Wiendl von der münsterschen Uniklinik für Allgemeine Neurologie; als Co-Sprecherin fungiert dann Prof. Frauke Zipp von der Universitätsmedizin Mainz. MS stellt die häufigste entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems dar und betrifft vor allem jüngere Menschen. Da die Krankheit einen sehr ungleichmäßigen Verlauf hat, können Ärzte ihren Patienten keine verlässliche Prognose stellen.
Unter dem Dach des SFB TRR 128 arbeiten daher seit 2012 erstmals in Deutschland Neurowissenschaftler gemeinsam daran, die krankhaften Mechanismen von MS im Körper zu entschlüsseln und die Therapiemöglichkeiten zu verbessern. Zwar ist die Erkrankung nicht heilbar, sie lässt sich jedoch durch Medikamente positiv beeinflussen. „Bereits in der ersten Förderperiode konnten wir große Fortschritte erzielen beim Verständnis des komplexen Zusammenspiels zwischen Immun- und Nervensystem“, kommentiert Prof. Wiendl die Bewilligung der DFG von knapp 15,3 Mio. Euro. Die zweite Förderperiode beinhaltet auch neuartige Projekte, die die Rolle von Umweltfaktoren wie Sonneneinstrahlung und Ernährung untersuchen, inklusive damit verbundener Therapieansätze.
Auch der ausschließlich an der WWU angesiedelte SFB „Breaking Barriers“ (SFB 1009), der sich mit Immunzellen und pathogenen Erregern an Zell- und Matrix-Barrieren beschäftigt, ging 2012 an den Start. „Im Zentrum unserer Arbeit stehen Infektions-, Autoimmun- und rheumatische Erkrankungen, die verschiedene Organsysteme einbeziehen und durch komplexe Entzündungsprozesse verursacht werden“, erläutert Prof. Johannes Roth, Direktor des Instituts für Immunologie und Sprecher des SFB 1009. Zusammen mit seinem Sprecher Vorgänger Prof. Georg Peters, Direktor der Medizinischen Mikrobiologie – der in der kommenden Förderperiode als Co-Sprecher aktiv sein wird –, hatte er den Förderantrag vorbereitet und kann sich nun über eine DFG-Zusage über 11,3 Mio. Euro für den SFB 1009 freuen.
Dessen Arbeit ist fokussiert auf die zellulären Barrieren. Sie regulieren zum Beispiel den Transport löslicher Faktoren und Zellen; Störungen dieser Funktion spielen eine zentrale Rolle bei Infektionen und Entzündungsreaktionen. „Unser Programm in der kommenden Periode wird in zwei Projektbereiche unterteilt sein: zum einen geht es um die Integrität von biologischen Barrieren und die Penetration von Zellen durch biologische Barrieren, zum anderen um zelluläre Barrieren als Ort von Infektionen und komplexen Immunprozessen“, kündigt Peters an.

Hintergrund: DFG und Sonderforschungsbereiche
Die DFG mit Sitz in Bonn ist die Selbstverwaltungsorganisation der Wissenschaft in Deutschland und unterstützt durch finanzielle Mittel wissenschaftliche Forschungsaufgaben sowie die Zusammenarbeit von Forschern. Die von Bund und Ländern bereitgestellten Mittel dienen unter anderem sogenannten Sonderforschungsbereichen. Das sind langfristig angelegte Forschungseinrichtungen der Hochschulen, in denen Wissenschaftler als Teil eines fachübergreifenden Forschungsprogramms zusammenarbeiten.
Die Bewilligung erfolgt nach einer mehrstufigen Begutachtung durch die ehrenamtlich besetzten DFG-Gremien sowie eine fachliche und formale Qualitätssicherung, bevor der Förderantrag letztlich zur Entscheidung dem DFG-Bewilligungsausschuss vorgelegt wird.

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