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Störung bei der Samenbildung: Neue Studie deckt Rolle der Cylicin-Proteine bei männlicher Unfruchtbarkeit auf

Kooperierten bei der Cyline-Studie mit den Bonner Forschenden: Prof. Frank Tüttelmann (Direktor des Instituts für Reproduktionsgenetik, l.) und Prof. Timo Strünker (AG-Leiter im CeRA) (Foto: Uni MS /MünsterView)

Bonn/Münster – Für eine erfolgreiche Befruchtung sollten Spermien sich rasch vorwärtsbewegen und normal geformt sein. Die dafür notwendige einzigartige Struktur bilden die Samenzellen in der Spermiogenese aus. Jetzt fanden Forschende des Universitätsklinikums (UKB) und der Unversität Bonn in Kooperation mit Kollegen der Universität Münster heraus, dass Fruchtbarkeitsprobleme sowohl bei der Maus als auch beim Menschen durch Veränderungen sogenannter Cylicine verursacht werden können. Die Spermien haben dadurch Defekte in der Bildung von Kopf- und Schwanzstruktur. Die Ergebnisse der Studie sind jetzt im Fachjournal „eLife“ erschienen.

Bei der Spermiogenese entwickeln sich runde, unreife Zellen in den Hoden zu reifen Spermien mit Kopf und Schwanz. Am vorderen Teil des Spermienkopfs, der das Erbmaterial trägt, befindet sich das Akrosom, eine Struktur, die erforderlich ist, um die Schutzschicht um die Eizelle während der Befruchtung zu durchqueren. Der Spermienschwanz ermöglicht es der Zelle, die Eizelle aktiv zu erreichen. Die Form der Spermien ist einzigartig und das Zytoskelett enthält spezielle, nur in Spermien vorkommenden Proteine. Dieses Zytoskelett sorgt für die stabile Verbindung der einzelnen Teile des Spermiums. In Bereich des Spermienkopfs befindet sich die perinukleäre Theca (PT), eine Zytoskelettstruktur, welche den Spermienkopf umschließt. Cylicin 1 und Cylicin 2 sind dort lokalisiert. Die Rolle dieser Proteine wurde bisher noch nicht untersucht.

„Da Cylicine bei Mäusen und Menschen sehr ähnlich sind, ermöglicht unsere Studie an Mäusen, auch mehr über die menschliche Spermienentwicklung zu erfahren“, sagt Korrespondenzautor Prof. Hubert Schorle vom UKB. „Wir erhofften uns Einblicke in das komplexe Netzwerk von Faktoren, die die Spermienentwicklung und damit auch die männliche Fruchtbarkeit steuern.“

Cylicine sind ein struktureller Bestandteil des Spermienkelchs

Um herauszufinden, wo Cylicine in der Spermiogenese benötigt werden, hat die Arbeitsgruppe um Prof. Schorle Mäuse untersucht, die kein Cylicin 1 und/oder Cylicin 2 mehr produzieren können. „Männliche Mäuse, denen Cylicin 1 fehlte, erzielten weniger Schwangerschaften und kleinere Würfe, wenn sie mit gesunden Weibchen gepaart wurden“, sagt Erstautor Dr. Simon Schneider von der Universität Bonn. Erstautorin Andjela Kovacevic, die in der Arbeitsgruppe von Prof. Schorle promoviert, ergänzt: „Fehlen zwei oder mehr Kopien der Cylicine, sind die männlichen Mäuse unfruchtbar: Die Paarung führte zu keinen Schwangerschaften.“ Die Ursache für die beobachtete Unfruchtbarkeit ist, dass die Spermienköpfe kleiner und die Akrosomen beschädigt sind. Zudem sind die Schwänze eingerollt und um den Spermienkopf gewickelt, was die Beweglichkeit der Spermien massiv einschränkt. Die Forschenden fanden heraus, dass interessanterweise bei diesen Spermien ein Bereich der PT, der Calyx genannt wird, fehlt. „Das deutet darauf hin, dass die Cylicine für diese Spermienstruktur wesentlich sind“ sagt Prof. Schorle.

Cylicine regulieren auch die männliche Fortpflanzung beim Menschen

Die Bonner Forschenden wollten auch herausfinden, ob Fruchtbarkeitsprobleme beim Menschen auch zum Teil auf Veränderungen der Cylicine zurückzuführen sind. Dazu haben sie mit den Professoren Frank Tüttelmann und Timo Strünker von der Universität Münster kooperiert. Diese konnten in ihrem Patientenkollektiv einen Mann identifizieren, der Gen-Varianten im Cylicin1- und Cylicin2-Gen aufweist. Seine Spermien haben Defekte der Kopf- und Schwanzstruktur. Der Patient ist nicht in der Lage, ein Kind zu zeugen. „Aufgrund dieser Ergebnisse sollte bei männlicher Unfruchtbarkeit auch ein Test auf Gen-Varianten von Cylicinen in Betracht gezogen werden“, sagt Prof. Schorle - der aber auch eine hoffnungsvolle Botschaft für Betroffene hat: „Da ‚nur‘ das Gerüst des Spermiums nicht korrekt gebildet werden kann, könnte der Versuch, den Spermienkopf und damit das Erbmaterial in eine Eizelle zu verpflanzen, erfolgreich sein.“

PubMed-Link zur Studie

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