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Per Smartphone Nebenwirkungen erfassen: Münstersche Uni-Mediziner beteiligen sich an europäischem Projekt

Das Foto zeigt das nationale Team des mPIVAS-Projekts, darunter Prof. Rebekka Lencer (3.v.l.) und PD Dr. Katja Kölkebeck (2.v.r.) aus Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie (Foto: FZ)

Münster (mfm/mk) – Klicks auf dem Smartphone oder Tablet sollen dabei helfen, die Behandlung und Lebensqualität von psychisch Erkrankten deutlich zu verbessern: Mit einer neuen Applikation können Patienten künftig selbst dokumentieren, welche Medikamente wann zu welchen Nebenwirkungen führen. An der Entwicklung und Einführung der App beteiligen sich auch Forscher der münsterschen Uniklinik für Psychiatrie und Psychotherapie. Das internationale und von der Europäischen Union geförderte Forschungsprojekt startete Ende 2013, in Deutschland geht es am 20. September mit der „Summer School Psychiatrie“ in die entscheidende Phase.
Psychische Erkrankungen wie Schizophrenien und Depressionen betreffen in Europa etwa 14 Millionen Menschen. Häufig sind sie mit erheblichen Einschränkungen im Alltag verbunden. „Es gibt zwar vielfältige medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten“, erläutert Prof. Rebekka Lencer von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, „diese haben aber oft Nebenwirkungen, die ihrerseits die Lebensqualität der Betroffenen negativ beeinflussen.“ Dazu gehören beispielsweise Schwindel, Müdigkeit und Gewichtszunahme – Folgen, die so schwer wiegen, dass knapp die Hälfte aller Patienten die verordneten Medikamente reduziert oder ganz absetzt. „Ein frühzeitiges Erkennen der Nebenwirkungen und eine entsprechende Umstellung der Medikamente wären also entscheidend für ihr Ergebnis und eine erhöhte Medikamentenakzeptanz durch die Patienten“, so Lencer.
Bislang werden Informationen darüber, ob, wann und welche Nebenwirkungen auftreten, nicht umfassend und nicht standardisiert erfasst. Oft wird nur nach den häufigsten Nebenwirkungen gefragt, seltenere werden so übersehen und der zeitliche Zusammenhang von Medikamenteneinnahme und vermeintlicher Nebenwirkung bleibt unklar. Mit Hilfe von Smartphones und Tablets können heute aber rund um die Uhr und an jedem Ort Gesundheitsinformationen erfasst werden. Zudem kann so eine engere Verbindung zwischen Therapeut und Patient geschaffen werden. Das Projekt mPIVAS (für: mHealth Psychoeducational Intervention Versus Antipsychotic-Induced Side Effects) soll deshalb Betroffene und Mitarbeiter im psychiatrischen Gesundheitswesen über den Umgang mit Nebenwirkungen schulen. Kern der EU-geförderten internationalen Zusammenarbeit ist die Applikation mit dem Namen PsyLOG. „An der Entwicklung und Verbesserung dieser App in sechs Sprachen sind wir aktiv beteiligt“, erläutert Lencer. Das Programm soll Patienten und Behandelnden helfen, die Nebenwirkungen der psychotischen Mittel zu erfassen und besser damit umzugehen. Seine Entwicklung ist auch deshalb sehr aufwändig, weil, so Lencer, „der Schutz der hoch sensiblen Daten für uns natürlich an erster Stelle steht“.
Weitere Inhalte von mPIVAS sind die Einrichtung einer Online-Kursplattform sowie die Weiterverbreitung der Schulungsinhalte zu Nebenwirkungen und der Benutzung von PsyLOG. Mit Fortbildungen stellen die Kooperationspartner das Projekt nun europaweit der Fachwelt vor; in Deutschland macht Münster am 20. September den Anfang. Lencer und ihre Kollegin PD Dr. Katja Kölkenbeck organisieren die diesjährige „Summer School Psychiatrie“ unter dem Motto „Behandlungsadhärenz fördern – Therapiemotivation stärken“. „Die Teilnehmer können sich in einem interaktiven Workshop über die PsyLOG-App informieren und weitere computer- und internetbasierte Trainingsprogramme kennenlernen“, so Lencer. Zudem werden Workshops zur Interaktion von Psychopharmaka, zu Risiken und Chancen einer dauerhaften Behandlung mit Antipsychotika, zur Förderung eines gesunden Lebensstils und dem metakognitiven Training angeboten. Von der Summer School und dem mPIVAS-Projekt erhoffen sich die Wissenschaftler eine Erhöhung der Medikamentenakzeptanz bei psychisch Kranken. Endziele sind ein verringertes Rückfallrisiko und eine gesteigerte Lebensqualität der Patienten.

Link zur Summer School Psychiatrie

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