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„Diese Daten werden hoch spannend für Münster sein“: NAKO macht die 10.000 Probanden voll – und nahtlos weiter

Mit einem Blumenstrauß bedankte sich Prof. Klaus Berger bei Kathleen Keuthage, die nun als 10.000ste Probandin aus Münster an NAKO-Gesundheitsstudie teilnahm (Foto: FZ / Erk Wibberg)

Das NAKO-Team um Klaus Berger (hinten, 2.v.r.) konnte mit Kathleen Keuthage (vorn, m.) nun die 10.000ste – und letzte – Probandin in seinen Räumen am Pottkamp 17a begrüßen (Foto: FZ / Erk Wibberg)

Münster (mfm/tb) – Das Maß ist voll – und zwar im positiven Sinn: Ihren 10.000sten Probanden konnte jetzt das münstersche Studienzentrum der NAKO-Gesundheitsstudie begrüßen. Damit hat die Einrichtung der Universität Münster ihr Plansoll erfüllt, nämlich jeden 20. Teilnehmer zu dem wissenschaftlichen Mammutprojekt beizusteuern, mit der der gesundheitliche Zustand der Deutschen ermittelt sowie Daten zu den großen Volkskrankheiten gewonnen werden sollen. In den Räumen der NAKO am Pottkamp 17a gehen damit aber nicht die Lichter aus – im Gegenteil: Das Studienzentrum macht nahtlos weiter - mit weiteren etwa 7.000 Untersuchungen.

Die Frau mit der fünfstelligen Teilnehmerzahl heißt Kathleen Keuthage und wurde ebenso wie ihre 9.999 Vorgängerinnen und Vorgänger per Zufallsprinzip ausgewählt. „Die Ziehungen erfolgten über das Einwohnermeldeamt, wir hatten darauf bewusst keinen Einfluss“, erläutert Prof. Klaus Berger. „Die einzigen Kriterien waren, dass alle Probanden in Münster wohnen mussten und dass ihr Alter zwischen 18 und 69 Jahren betrug“, so der Direktor des Institutes für Epidemiologie und Sozialmedizin der Universität Münster. In dieser Funktion zeichnet Berger verantwortlich für das münstersche Studienzentrum der NAKO-Gesundheitsstudie, leitete aber 2017 und 2018 auch das Gesamtprojekt und gehört zu dessen „geistigen Vätern“.

Ziel der NAKO-Gesundheitsstudie ist es, die Entstehung von Krankheiten wie Krebs, Diabetes oder Herzinfarkt besser zu verstehen, um auf der Basis der gewonnenen Erkenntnisse die Prävention, Früherkennung und Behandlung in Deutschland zu verbessern. Warum wird der eine krank, der andere aber bleibt gesund? Das ist die zentrale Frage, die die NAKO beantworten möchte mit Hilfe der - strikt anonymisierten - Daten von insgesamt 200.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die sich auf bundesweit 18 Standorte verteilen. Gut vier Jahre lang dauerten allein die Vorarbeiten, bis die Details des Untersuchungsprogramms sowie die Finanzierung standen und die NAKO starten konnte; weitere fünf Jahre gingen dann für die erste Projektphase ins Land.

Auch eine Bundesministerin war schon Probandin - privat und jenseits des Protokolls

In Münster begann diese im September 2014 mit der Einweihung der NAKO-Räume durch NRW-Wissenschaftsministerin Svenja Schulze – die, inzwischen als Bundesumweltministerin amtierend, später selbst ausgelost wurde und keinen Moment zögerte, sich als Testperson zur Verfügung zu stellen. Zwischen 3,5 und sechs Stunden investierten die Probanden für ihre Untersuchung; der Rekord des 13-köpfigen Teams lag bei einem Tagesbesuch von 16 Personen. Die Abweichung gegenüber dem errechneten Endtermin für die Erstuntersuchung betrug gerade einmal vier Wochen – „das ist nach fünf Jahren Arbeitsbetrieb eine Punktlandung“, sagt Prof. Berger nicht ohne Stolz.

Es kann gut sein, dass Kathleen Keuthage bald ein weiteres Mal Post von der NAKO erhält, denn deren Finanziers haben sich auf eine zweite Phase geeinigt. „Das beruht zum einen auf der Tatsache, dass der wissenschaftliche Wert einer Kohorte umso größer ist, desto länger diese läuft. Zum zweiten steht die notwendige Infrastruktur zur Verfügung und muss nicht wie 2014 erst aufwändig aufgebaut werden“, erläutert Berger. Für das münstersche NAKO-Studienzentrum bedeutetet die Verlängerung: Die 10.000 Probanden werden ein zweites Mal eingeladen und es wird angenommen, dass 70 Prozent erneut teilnehmen. „Da statistisch betrachtet etwa 250 Personen inzwischen verstorben sein dürften, liegt die Erwartung für die zweite, bis Dezember 2022 laufende Phase bei 6.750 Probanden“, so der Epidemiologe. Ginge es nach Berger, sollte die NAKO auch danach weiterlaufen: Er verweist auf den dann nochmals größeren Erkenntnisgewinn, weiß aber auch um die Schwierigkeit, dass sich dafür die insgesamt 18 NAKO-Träger neu einigen müssen.

Erste Daten aus der laufenden NAKO-Studie werden noch in diesem Herbst vorliegen. „Während die zweite Hälfte der Probanden noch in der Untersuchungsphase war, wurden die Ergebnisse der ersten 100.000 Teilnehmer schon ‚geputzt‘, wie wir das nennen, also für die statistische Aufbereitung vorbereitet“, erläutert Berger. „Die Aussagen für Münster sind hoch interessant, so viel kann schon ich verraten“, sagt der Epidemiologie – und muss es vorerst bei dieser allgemeinen Aussage belassen, denn bis zum kommenden Herbst haben sich alle Standorte ein generelles Schweigegebot auferlegt. Die Daten für alle 200.000 Teilnehmer sollen dann im Herbst 2020 vorliegen.

Die NAKO wird den 60-jährigen Berger noch lange beschäftigen – und auch seine Nachfolger: „Mit diesem riesigen Datenpool wird die Wissenschaft mindestens in den nächsten 20 Jahren arbeiten“, ist sich der Mediziner sicher. Denn: Studien dieser Größenordnung habe es weltweit bislang kaum gegeben – „und wenn, dann nicht mit dieser Untersuchungsbreite“, fügt Berger an. Als Beispiel nennt er den Schlaganfall: „Durch die verschiedenen Untersuchungen wissen wir, um welchen Typ von Schlaganfall es sich genaue handelte, haben bei einem Teil Kernspinbilder dazu, kennen die Risikofaktoren und können mögliche Folgen für emotionale, körperliche und geistige Funktionen auswerten“.

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