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Globalisierung im Blick: Zum Weltärztinnenkongress erwartet Prof. Pfleiderer Kolleginnen aus über 40 Ländern

Prof. Bettina Pfleiderer (3.v.l.) und ihre studentischen Mitarbeiterinnen Anna den Brave, Stefanie Schelzig und Eloise Müller-Schulte organisieren das wissenschaftliche Programm für den Weltärztinnenkongress (Foto: FZ)

Münster (mfm) - Es ist nicht etwa die Sorge, ob beantragte Forschungsgelder bewilligt werden, die Bettina Pfleiderer derzeit den Schlaf rauben. Ebenso wenig ist etwa ein Selbstversuch der Hirnforscherin zu den Auswirkungen von Schlafentzug auf Hirnaktivität und Stimmung der Grund. Dass die Professorin derzeit weniger Stunden als sonst in den Federn verbringt und dafür umso mehr vor dem PC, liegt an einer Großveranstaltung: Bettina Pfleiderer organisiert das wissenschaftliche Programm des 28. Internationalen Kongresses des Weltärztinnenbundes, der vom 28. bis 31. Juli in Münster stattfinden wird.
Tagsüber ist die Professorin als Leiterin der Arbeitsgruppe „Cognition and Gender“ im Institut für Klinische Radiologie voll eingespannt. So verlegt sie ihre Korrespondenz für den Kongress meist in die späten Abend- und Nachtstunden sowie aufs Wochenende. „Zum Glück sind meine Töchter bereits Teenager. Die kommen auch mal ganz gut ohne mich aus“, sagt die Powerfrau, die nach ihrer Promotion im Fach Chemie noch ein Medizinstudium dranhängte und mit „summa cum laude“ abschloss.
Nun also der Weltärztinnenkongress, zu dem die Wissenschaftlerin zwischen 500 und 600 Kolleginnen aus allen fünf Kontinenten erwartet, darunter sehr viele aus Afrika. „Globalisierung in der Medizin – Herausforderungen und Chancen“, lautet der Titel der Tagung, deren Veranstalter der Deutsche Ärztinnenbund (DÄB). Neben Bettina Pfleiderer arbeitet auch DÄB-Präsidentin Dr. Regine Rapp-Engels als Vorsitzende des lokalen Organisationsteams mit. Dritte im Bunde ist die in Münster niedergelassene Dermatologin Dr. Hedwig Wening. Alle drei gehören der DÄB-Regionalgruppe Münster an, deren Vorsitzende Bettina Pfleiderer ist.
Auf Berlin folgt Münster
Schwerpunktmäßig wird es beim Weltärztinnenkongress um die Themen Ernährung, Sucht, Epidemische Erkrankungen, Medizinische Grundversorgung, Gender Strategien, Gewalt gegen Frauen, Pubertät und Sexualität gehen. „Speziell für Medizinstudentinnen und junge Ärztinnen haben wir ein eigenes Programmsegment aufgelegt, das bereits regen Zuspruch findet“, freut sich Pfleiderer. Die Förderung junger Kolleginnen liegt ihr besonders am Herzen. Für eine öffentliche Veranstaltung zum Thema Gewalt gegen Frauen am 28. Juli im Rathausfestsaal konnte Dr. Monika Hauser, Gründerin der Frauenrechtsorganisation medica mondiale und Trägerin des alternativen Nobelpreises 2008, gewonnen werden. Schirmherrin des Kongresses ist die ehemalige Bundesfamilien- und jetzige Bundesarbeitsministerin Dr. Ursula von der Leyen.
Treffpunkt für den kollegialen Austausch von Medizinerinnen aus aller Welt zu sein – damit wird der Westfalenmetropole eine besondere Auszeichnung zuteil. Denn es ist mehr als drei Jahrzehnte her, dass dieser Kongress in Deutschland stattfand: 1978 traf man sich in Berlin. Entsprechend groß ist die Unterstützung von Universität und Stadt, die unter anderem mit dem Fürstenberghaus und dem Rathausfestsaal zwei attraktive Veranstaltungsorte kostenlos zur Verfügung stellen. Die Medizinische Fakultät bewilligte Prof. Pfleiderer eine zusätzliche studentische  Hilfskraft und unterstützt finanziell den Druck des Abstraktbandes. Auch außerhalb Münsters gibt es zahlreiche Unterstützer und Sponsoren. Die größte Summe kam mit 30.000 Euro von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).
Die Vernetzung vorantreiben
Die Resonanz auf den Aufruf, Abstrakts für Vorträge einzureichen, war überwältigend. Sehr viele unterschiedliche Beiträge von Ärztinnen und Wissenschaftlerinnen aus aller Welt sind in Münster eingetroffen, darunter besonders viele aus ärmeren Ländern. „In Zusammenarbeit mit den Kolleginnen vom Generalsekretariat des Weltärztinnenbundes in Kanada haben wir bewusst die Themen so gewählt, dass auch Teilnehmerinnen aus weniger entwickelten Ländern interessante Beiträge liefern können. Einen Vortrag über Molekulargenetik wird man daher im Programm  vergeblich suchen“, betont die Professorin und nennt als Beispiel ein Referat über Komplikationen bei Schwangerschaften von ägyptischen Mädchen, verbunden mit der Forderung an den Staat, das Mindestheiratsalter für Frauen heraufzusetzen.
Jedes Abstrakt wurde von Pfleiderer an mehrere Wissenschaftskollegen in verschiedenen Ländern zur Begutachtung gesandt, um eine objektive Auswahl für die Kurzvorträge und Poster zu treffen. „Man merkt, wie sehr sich die Ärztinnen aus dem Iran, Cuba, Jordanien, Ägypten, Russland, Mongolei, Nigeria oder Indonesien über die Zusage, ihre Ergebnisse präsentieren zu können, gefreut haben und wie wichtig die Teilnahme für sie ist. Sie sehnen sich förmlich nach dem Kontakt mit der ’scientific community’ des Westens“, berichtet sie. Auch hat die Professorin bei ihrer Korrespondenz bereits Erfahrungen mit kulturellen Unterschieden gemacht: „Die Kolleginnen in Asien beispielsweise legen viel Wert auf eine förmliche Anrede und sind nicht so direkt wie wir. Man muss sich ihnen vorsichtig nähern, bevor man zum eigentlichen Punkt kommt“, so Bettina Pfleiderer. Ihre derzeitige Aufgabe begeistert sie: „Der Kongress bietet eine tolle Chance, die eigenen Sichtweisen zu hinterfragen und sich von so manchem Vorurteil zu verabschieden. Mit ihren Mitteln machen unsere Kolleginnen in den weniger entwickelten Ländern eine unglaublich gute Medizin.“ 
Weitere Infos zum Kongress gibt es im Internet unter www.mwia2010.net.

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