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Freiwillige vor – auch im Labor: „Bufdi“-Modellprojekt in der biomedizinischen Forschung der Uni Münster

„Bufdi“ Matthias Rottmann (r.) bei der Arbeit im Labor des Institutes für Physiologie I (Foto: WWU/tw)

Münster (mfm/tw) – Dritter Monat als „Forschungs-Bufdi“: Seit Anfang des Jahres arbeitet Matthias Rottmann im Institut für Physiologie I der Universität Münster. Der 24 Jahre alte Biotechnologe leistet Bundesfreiwilligendienst (BFD), obwohl er schon ein Bachelorstudium an der TU Braunschweig erfolgreich abgeschlossen hatte. Der im Jahr 2011 eingeführte, altersunabhängige Freiwilligendienst kann in Münster auch im Bereich der biomedizinischen Forschung geleistet werden – beim Start ein bundesweites Novum. Ob das Modellprojekt einen Zukunft hat, muss sich aber noch zeigen: Weil die – noch zu „Zivildienst-Zeiten“ getroffenen – Absprachen mit dem Bund bis Juni 2012 befristet sind, können vorerst keine weiteren Interessenten angenommen werden. Derzeit laufen diesbezüglich Verhandlungen; wenn eine Fortsetzung beschlossen würde, könnten im April weitere Dienstleistende anfangen.
Das münstersche Modellprojekt an der Medizinischen Fakultät richtete sich ab Sommer 2010 zunächst an junge Männer, die den Wehrdienst verweigerten und stattdessen ihren Zivildienst in der biomedizinischen Forschung leisten wollten. Zuvor war der Forschungseinsatz von „Zivis“ nicht möglich. Zwei Zivildienstleistende nutzten die Möglichkeit, einer der beiden verlängerte gleich doppelt – und arbeitete bis Ende November 2011 in einer Forschungsgruppe des Sonderforschungsbereiches 656, der sich mit molekularer kardiovaskulärer Bildgebung befasst. Am Jahresende 2011 war dann die offizielle Ära „Zivildienst“ am Universitätsklinikum Münster nach 40 Jahren vorbei, Prof. Dr. Paulus Kirchhof „überführte“ das Modellprojekt in den neuen Bundesfreiwilligendienst.
Der BFD in der Forschung schafft ungeahnte, neue Möglichkeiten: Ab dem Ende der Schulpflicht steht der Dienst Männern und Frauen in jedem Alter offen, er dauert sechs bis 18 Monate. Das Universitätsklinikum Münster bietet derzeit 50 BFD-Plätze, hiervon fünf in biomedizinischen Forschungseinrichtungen der Medizinischen Fakultät. Deren Dekan war von dem Modellprojekt sofort begeistert: „Das ist eine große Chance, hoch qualifizierte und motivierte junge Leute für unsere Forschung zu interessieren und sie auch dauerhaft an die universitäre Medizin und Forschung zu binden“, sagt Prof. Wilhelm Schmitz.
Bei Matthias Rottmann, dessen Vertrag im Sommer endet, könnte diese Hoffnung aufgehen. „Wir führen ein Projekt zu den elektrophysiologischen Grundlagen von Gehirnrhythmen durch“, erläutert der Nachwuchsforscher. „Ich arbeite mit lebenden Zellen aus dem Gehirn von Mäusen. Da ich aus meinem Biotechnologie-Studium schon Laborerfahrung habe, wusste ich gut, worauf ich mich einlasse.“ Für Rottmann ist es auch nicht der erste Freiwilligendienst – nach dem Abitur in Lüdinghausen leistete er bereits ein Freiwilliges Soziales Jahr bei den Johannitern. Dass es nach dem BFD im Herbst wieder an die Uni geht, steht fest; Studiengang und Studienort aber noch nicht: „Wahrscheinlich mache ich meinen Master in molekularer Biomedizin oder Biotechnologie, auch Chemie kommt in Frage. Der BFD hilft mir bei der Orientierung.“
Für junge Menschen bleibt das Modellprojekt auch mit dem Wechsel zum Bundesfreiwilligendienst besonders interessant, sagt Professor Dr. Eric Schulze-Bahr, Direktor des Instituts für Genetik von Herzerkrankungen und Koordinator des Modellprojekts: „Die Stellen sind attraktiv für Personen, die sich für eine akademische Laufbahn etwa in der Biomedizin oder in den Lebenswissenschaften interessieren, aber noch keinen Einblick in die Forschungslandschaft haben.“ Das gilt auch für die weitere Orientierung nach dem Bachelorabschluss. „Bei einem Forschungspraktikum würde ein Absolvent unbezahlt die gleiche Arbeit leisten“, sagt Rottmann – und dazu müsse er sich selbst krankenversichern. Falls das Modellprojekt über den Juni 2012 hinaus verlängert wird, bleibt er vermutlich noch drei Monate länger bis zum Beginn des Masterstudiums im Wintersemester. Sein Arbeitsgruppenleiter Professor Dr. Thomas Budde in der Neurophysiologie würde das begrüßen: „Wir erwarten bei dem Projekt einen Erkenntnisgewinn wie bei einer Masterarbeit. Dass Herr Rottmann umfangreiche Vorkenntnisse hat, hilft dabei natürlich – sonst hätte die Einarbeitung länger gedauert.“ Es bleibe daher zu hoffen, dass das erfolgreiche Modellprojekt eine Verlängerung bekommt.

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