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EHEC-Forschung: Möglicher Ansatzpunkt für Impfstoff entdeckt

Priv.-Doz. Dr. Martina Bielaszewska aus dem münsterschen Institut für Hygiene ist eine der Erstautoren der EHEC-Studie (Foto: Dr. Ivan Kouzel)

Münster (mfm/sm) - Den Erreger ergründen: Ein internationales Forscherteam unter der Leitung von Hygienikern und Infektiologen der Universität Münster sowie des Universitätsklinikums Münster forscht erfolgreich gegen EHEC. Ein krankheitsauslösender Stamm dieses Darmbakteriums war die Ursache der EHEC-Epidemie 2011 und damit von 53 Todesfällen. Mit seiner nun im Fachmagazin „PLoS Pathogens“ veröffentlichten Studie zu Entstehung und Verlauf der Infektion auf molekularer Ebene trägt das Forscherteam zur Entwicklung neuer Therapieansätze bei und zeigt sogar einen Ansatzpunkt für einen möglichen Impfstoff auf.
Das Stäbchenbakterium Escherichia coli (E. coli) findet sich bei jedem Menschen in seiner natürlichen Darmflora. Allerdings unterliegt das Genom des Bakteriums einer Vielzahl von Veränderungen, so dass daraus zahlreiche unterschiedliche krankheitsverursachende Stämme entstanden sind und weiter entstehen – wie beispielsweise die enterohämorrhagischen Escherichia coli, besser bekannt als EHEC. Unter den häufigsten und bekanntesten Stämmen finden sich die EHEC O157. Mit eben diesen Bakterienstämmen, die vor allem bei Kindern Hauptverursacher des lebensbedrohlichen hämolytisch-urämischen Syndroms (HUS) mit akutem Nierenversagen sind, beschäftigten sich die Forscher aus Münster. Genauer untersuchten sie die Virulenzfaktoren des EHEC O157, die das pathogene – also krankheitsverursachende – Potential dieses Bakteriums bestimmen und deshalb für Erkrankungen, wie das HUS, verantwortlich sind.
Das HUS ist in Deutschland die häufigste Ursache für akutes Nierenversagen im Kindesalter; trotzdem existiert bisher keine ursächliche Therapie. Auch Antibiotika sind keine Behandlungsoption, da sie den Krankheitsverlauf sogar verschlimmern. Hier setzt die Forschung der Hygieniker und Infektiologen aus Münster an.
EHEC O157 schnürt – wie auch viele andere Bakterien im menschlichen Körper – Membranvesikel (outer membrane vesicles, OMVs) ab, die offenbar von den Bakterien dazu verwendet werden, Virulenzfaktoren in Zielzellen des Wirtes einzuschleusen. Durch die Anheftung an oder den Einschluss in OMVs sind Virulenzfaktoren vor Abwehrmaßnahmen des Wirtes geschützt. „Die Vesikel führen einen regelrechten toxischen Cocktail mit sich, der ungehindert und sehr präzise freigesetzt werden kann“, erklärt Dr. Christian Rüter, Wissenschaftler am Institut für Infektiologie der Medizinischen Fakultät und mit PD Dr. Martina Bielaszewska und Dr. Andreas Bauwens vom Institut für Hygiene Erstautor der Studie. Mithilfe der OMVs durch den Körper transportiert, können die Virulenzfaktoren des EHEC-Bakteriums also ungehindert in die Zielzellen, beispielsweise Hirn-, Darm- oder Nierenzellen, eindringen und dort ihre schädliche Wirkung entfalten.
„Unsere Erkenntnisse über die Virulenz des EHEC O157 tragen maßgeblich dazu bei, die Verlaufsform der Infektionen auf molekularer Ebene nachzuvollziehen. So hilft unsere Forschung, zukünftig neue Therapien zu entwickeln, die die Ursache des HUS bekämpfen“, so Rüter zur Bedeutung der Ergebnisse. Darüber hinaus bieten die gewonnenen Einblicke in die Entstehungs- und Verbreitungsmechanismen der Vesikel mit EHEC‑Virulenzfaktoren auch einen Ansatzpunkt für einen möglichen Impfstoff (Vakzin). Ein auf OMV-beruhendes Vakzin würde den Körper dazu bringen, das EHEC-Bakterium schon vor der Abspaltung der toxischen Vesikel als Schädling zu erkennen und zu eliminieren. Dies könnte durch den Einsatz von OMVs besonders gut gelingen, da die diese mit den krankmachenden Virulenzfaktoren eine ähnliche Oberflächenzusammensetzung aufweisen wie die bakteriellen Zellen, aus denen sie hervorgegangen sind. So bilden sie die Erreger hervorragend ab, ohne selbst vermehrungsfähig zu sein.
Neben den münsterschen Forschern waren Kollegen aus Deutschland, Frankreich und den USA beteiligt. Die Arbeit wurde von der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie bereits als „Paper of the Month“ (Veröffentlichung des Monats) ausgezeichnet.

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