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Entzündlichen Muskelerkrankungen auf der Spur: Neurologe Tobias Ruck erhält Forschungspreis der DGM

Verleihung des Felix-Jerusalem-Preises an (v.l.) Prof. Stephan Kröger (München), Dr. Kathrin Doppler (Würzburg) und Dr. Tobias Ruck (Foto: DGM)

Münster (mfm/sk) – Ihr Name leitet sich ab aus den griechischen Worten für „selbst“ und „Leiden“: Bei idiopathischen Krankheiten sind die Ursachen unbekannt; sie scheinen „aus sich selbst heraus“ zu entstehen und stellen Patienten und Ärzte daher vor große Herausforderungen. Lediglich die Symptome können therapiert werden. Dem Neurologen Dr. Tobias Ruck von der Universität Münster gelang jetzt eine wegweisende Entdeckung: Er konnte nachweisen, dass der Zellrezeptor NKG2D maßgeblich an der Entstehung von idiopathischen entzündlichen Myopathien (IIM) beteiligt ist. Bei dieser Erkrankung greift das Immunsystem die körpereigene Skelettmuskulatur an. Für die neuen Erkenntnisse verlieh die Deutsche Gesellschaft für Muskelkranke (DGM) dem Nachwuchswissenschaftler ihren Forschungspreis. Die Auszeichnung ist mit 5.000 Euro dotiert.
Bei NKG2D handelt es sich um ein Molekül, das T-Zellen aktiviert, also weiße Blutkörperchen, die eine wichtige Rolle in der Immunabwehr spielen. Die Forschung hatte diese Moleküle schon länger in Verdacht, am Ausbruch verschiedener Autoimmunerkrankungen beteiligt zu sein. „Wir konnten nun im Reagenzglas und im Muskelgewebe von Patienten zeigen, dass der NKG2D-Signalweg maßgeblich an der Zerstörung von Muskelgewebe bei idiopathischen entzündlichen Myopathien beteiligt ist“, erläutert Tobias Ruck, der in der münsterschen Uniklinik für Allgemeine Neurologie tätig ist.
Zusammen mit Kollegen fand er auf entzündeten Skelettmuskelfasern bestimmte Bindemoleküle (Liganden). Diese docken nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip immer nur an einen Rezeptor an, sodass ein vermehrtes Auftreten bei Entzündungen auf eine Beteiligung von NKG2D schließen lässt. Zudem produzieren die Muskelzellen auf ihrer Oberfläche den Botenstoff Interleukin-15, der dafür verantwortlich ist, dass aus der sonst harmlosen Immunzelle ein gewebeschädigender Zelltyp wird. „Mit diesem Wissen können wir Therapien entwickeln, die das Molekül NKG2D angreifen und so die Autoimmunkrankheit eindämmen“, beschreibt Ruck den therapeutischen Nutzen der Entdeckung.
Der Felix-Jerusalem-Preis der DGM dient der Forschungsförderung auf dem Gebiet der neuromuskulären Erkrankungen im deutschsprachigen Raum und wird von dem Pharmaunternehmen Sanofi-Genzyme unterstützt. Der Preis geht an jüngere Forscher mit besonderen Verdiensten bei der Untersuchung von Krankheitsmechanismen oder in der Therapie. Experten schätzen, dass derzeit in Deutschland über 100.000 Menschen an teilweise noch nicht bekannten neuromuskulären Erkrankungen leiden, die zumeist vererbt werden und zum größten Teil nicht heilbar sind.

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