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DFG-Projekt bringt Forscher in die Zelle

Münster (mfm/tb) – Auch in der Medizin gilt: Um voranzukommen, muss man die richtigen Kanäle kennen. Thomas Budde und Eric Schulze-Bahr kennen sie. Genauer: Sie lernen sie jetzt noch besser kennen. Ermöglicht wird ihnen das durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG): Die beiden münsterschen Wissenschaftler gehören zur Forschergruppe FOR 1086, die die DFG neu eingerichtet hat und die sich mit den Kaliumkanälen der menschlichen Zellen befasst. Von den Ergebnissen des bundesweiten Netzwerkes könnten in einigen Jahren Epileptiker oder auch Patienten mit Herzrhythmusstörungen profitieren.
Alle Zellen des Menschen sind von einer Membran umgeben, die das Innere von der Umgebung abgrenzt. Für elektrische geladene Teilchen wie Natrium- oder Kaliumionen führen die einzigen Wege in die Zelle oder heraus durch eine Art Schleuse, die so genannten Ionenkanäle. „Da das Öffnen und Schließen dieser ‚Tore’ die Funktion der Zellen steuert, wird dadurch gleichzeitig auch die Funktion von Geweben, Organen und letztlich des ganzen Organismus gesteuert“, erläutert Prof. Thomas Budde.
Der Neurophysiologie ist stellvertretender Sprecher des im September gestarteten und von der DFG mit 850.000 Euro geförderten Forschungsverbundes „K2P-Kanäle – vom Molekül zur Physiologie und Pathophysiologie“ (FOR 1086). Die Forschergruppe, an der neben der Medizinischen Fakultät der Universität Münster auch Hochschulen in Marburg, Jena, Würzburg und Regensburg beteiligt sind, konzentriert sich auf eine besonders vielfältige Gruppe von Ionenkanälen, die Kaliumkanäle. Als Mitglieder dieser Kategorie wurden zuletzt die K2P-Kanäle entdeckt.
Große Bedeutung haben Ionenkanäle in elektrisch erregbaren Zellen, deren Arbeitsweise auf minimalen elektrischen Strömen und Spannungsänderungen beruht. Aus solchen Zellen sind das menschliche Herz und Gehirn aufgebaut. Will die Wissenschaft die Funktion von Herz- und Nervenzellen verstehen, muss sie daher auch die der Ionenkanäle kennen. „Veränderungen an den Kanälen können dramatische Folgen haben und zu Krankheiten führen“, sagt Prof. Eric Schulze-Bahr, Kardiologe und wie Budde Mitglied von FOR 1086.
Er verweist auf Untersuchungen, nach denen eine Fehlsteuerung bei den „Zellschleusen“ zur Entstehung von Epilepsie führen könnte. „Zudem deuten erste Analysen von Gewebeproben des Herzens darauf hin, dass Veränderungen an den Genen, die die K2P-Kanäle bestimmen, auch für Herzrhythmusstörungen verantwortlich sein könnten“. Von der zukünftigen Entwicklung von Medikamenten, die auf diese Kanäle einwirken, erhoffen sich die beiden Wissenschaftler daher neue Möglichkeiten zur Behandlung der Krankheiten.
Die jetzt angelaufene Forschergruppe vereint die in Deutschland auf diesem Gebiet profiliertesten Köpfe zu einem gemeinsamen Projekt. In dessen Fokus steht eine umfassende Aufklärung über das Wesen und die Funktion der K2P-Kanäle, von der winzigen Molekülstruktur bis zu ihrer Rolle bei der Entstehung verschiedener Krankheiten. „Das Fachwissen der sechs beteiligten Arbeitsgruppen ergänzt sich hervorragend“, bewertet Prof. Budde den Verbund. Er geht daher davon aus, dass schon in den ersten Monaten der insgesamt dreijährigen Projektlaufzeit neue Erkenntnisse vorliegen werden. Nähere Informationen über die FOR 1086 sind auf deren Internetseite zu finden: https://web.uni-marburg.de/physiology/for1086/.

Bildunterschrift:
Das Lichtmikroskop ist das wichtigste Hilfsmittel von Prof. Thomas Budde (l.) und Prof. Eric Schulze-Bahr bei der Erforschung der zellulären Kaliumkanäle. Foto: FMZ

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