Walker-Warburg-Syndrom (WWS)

Einführung: Das Walker-Warburg-Syndrom ist eine angeborene Erkrankung die mit Fehlbildungen des Gehirns, des Auges und einer Störung der Muskelfunktion einhergeht. Die Erkrankung ist klinisch und biochemisch der Muscle-Eye-Brain Erkrankung sehr verwandt. Kinder mit WWS zeigen nahezu keine psychomotorische Entwicklung und sterben in der Regel im Alter von wenigen Monaten. Nur in Ausnahmefällen werden die Kinder älter als 1 Jahr. Das WWS ist sehr selten und tritt ca. einmal pro 30.000-50.000 Geburten auf. Die Erkrankung kann nur symptomatisch therapiert werden.

Symptome der Erkrankung: Bereits unmittelbar nach der Geburt zeigt sich meist eine muskuläre Hypotonie, eine auffällige Facies, eine occipitale Encephalocele und Fehlbildungen der Augen. Gelegentlich treten bereits jetzt Störungen der Atmung auf. Die initiale Diagnostik sollte aus einer Sonographie des Gehirns, einer Inspektion der Augen  und der Bestimmung der Creatinkinase im Serum bestehen. Die erweiterte Diagnostik besteht aus einer cerebralen Bildgebung mittels CT/MRT und einer ophthalmologischen Untersuchung.

Die bildgebende Diagnostik zeigt das Bild einer Lissencephalie (fehlende oder stark verminderte Gyrierung, glatte Hirnoberfläche) als Zeichen einer Migrationsstörung, eine meist occipitale Encephalocele,  einen fehlenden Corpus callosum sowie eine Hypoplasie des Kleinhirns.

Die Augen können unterschiedliche, meist jedoch ausgeprägte, bereits durch Inspektion erkennbare Fehlbildungen aufweisen.

Das klinische Zeichen einer muskulären Hypotonie spiegelt neben der schwerwiegenden Fehlbildung des Gehirns eine Störung des Muskelaufbaus wieder. Laborchemisch findet sich als Zeichen dieser Myopathie eine Erhöhung der Creatinkinase im Serum der Patienten.

Symptome des WWS in Stichpunkten:

  • Lissencephalie
  • Encephalocele
  • Muskuläre Hypotonie
  • Augenfehlbildungen wie:
    • Microphthalmie
    • Buphthalmus
    • congenitales Glaucom
    • congenitales Katarakt
    • Cornea-Trübungen
    • Anlagestörungen der vorderen Augenkammer
  • Retinadysplasie
  • Kleinhirnhypoplasie
  • Hydrocephalus
  • Schwerste psychomotorische Retardierung
  • Lippen- Kiefer- Gaumenspalte
  • Atemschwierigkeiten und Hypopnoe
  • Auffällige Facies
  • Krampfanfälle
  • Ess- und Gedeihstörung
  • Pneumonien
  • CK-Erhöhung

Ursachen der Erkrankung: Das WWS wird autosomal rezessiv vererbt. Beide Eltern sind klinisch gesund, jedoch Genträger der Erkrankung. Die Wahrscheinlichkeit für ein weiteres krankes Kind, wenn die Eltern bereits ein erkranktes Kind bekommen haben, liegt bei 25%. Aktuell wurde das zugrundeliegende Gen für das Walker-Warburg-Syndrom entdeckt, es konnte bei vielen, jedoch nicht bei allen Patienten eine Mutation in dem zugrundeliegenden Gen (Protein-O-Mannosyltransferase-Gen) gefunden werden. Das Gen der Protein-O Mannosyltransferase (PomT1) codiert eine Glykosyltransferase, die eine seltene Zuckerstruktur auf einige ausgewählte Proteine überträgt. In der Bildung dieser Zuckerkette aus vier Zuckern vermittelt die PomT1 den ersten Schritt, die Übertragung des Zuckers Mannose auf das Protein alpha-Dystroglycan, welches vorrangig im Nervensystem und Muskelgewebe vorkommt. Dieser Zuckerstruktur auf alpha Dystroglycan, wird eine Bedeutung in der Bindung an Laminin und dem Zusammenhalt des Sarkolemms des Muskels zugeschrieben. Die fehlerhafte Bindung der Nervenzellen an Laminin behindert die Wanderung der Neuronen und damit den korrekten Aufbau des Gehirns und des Auges, der verminderte Zusammenhalt des Sarkolemms erklärt die Myopathie und die Erhöhung des Muskelenzyms Creatinkinase im Serum. Hier finden sie einen Überblick über die O-Mannosylierung und die Pathophysiologie bei WWS. Da WWS-Patienten eine Störung der sogenannten O-Glykosylierung aufweisen, handelt es sich um eine Erkrankung aus der Gruppe der angeborenen Glykosylierungsstörungen (Congenital disorders of gylcosylation, CDG).

Diagnostik und Pränataldiagnostik:
Die Diagnostik des WWS erfolgt anhand des klinischen Bildes der Erkrankung und der molekularen Diagnostik. Das klinische Bild ist gelegentlich schwer abzugrenzen von einem klinisch und biochemisch sehr verwandten Krankheitsbild, der Muscle-Eye-Brain-Erkrankung, die jedoch insgesamt milder verläuft. Eine Mutation im PomT1-Gen ließ sich nicht bei allen bekannten Fällen von WWS nachweisen, so dass zur Zeit noch nicht eindeutig geklärt ist ob es sich beim WWS um eine heterogene Erkrankung handelt. Gelingt der Nachweis einer Mutation bei einem betroffenen Kind oder der Nachweis des Genträgerstatus bei den Eltern eines evtl. im Vorfeld  an WWS verstorbenen Kindes, so ist eine Pränataldiagnostik der Erkrankung möglich.

Wir bieten die molekulargenetische Untersuchung des PomT1-Gens bei Patienten mit WWS in unserem Stoffwechsellabor an. Bei Nachweis einer Mutation im PomT1-Gen eines erkrankten Kindes oder der Heterozgotie beider Eltern führen wir auch eine Pränataldiagnostik der Erkrankung durch.

Bitte halten sie vor einer geplanten Diagnostik oder Pränataldiagnostik Rücksprache mit uns!

 

Ansprechpartner für die molekulargenetische Diagnostik:   

Dr. Jonas Denecke         

Stoffwechsellabor der Kinderklinik

Albert-Schweitzer-Str. 33

48149 Münster

Tel.: 0251/835-2643 oder 834-7826