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Tödliche Nebenwirkungen von Immuntherapeutika: Forscherteam erhält 220.000 Euro Förderung

Dr. Nicholas Schwab und Dr. Hema Mohan untersuchen die Zellen von Patienten, die mit dem Immuntherapeutikum Natalizumab behandelt werden, auf den Oberflächenmarker L-Selektin (Foto: sk)

Münster (mfm/mk) – Immuntherapeutika können bei schweren Erkrankungen wie Multipler Sklerose und Transplantat-Abstoßungen Wunder wirken. Für einige wenige Patienten kann ihr Einsatz aber gefährlich werden – sie erkranken an einer Entzündung des Gehirns, die als Nebenwirkung der Medikamente eingestuft wird und sogar tödlich sein kann. Wissenschaftler von der münsterschen Uni-Klinik für Allgemeine Neurologie wollen nun herausfinden, ob und wie es möglich ist, die hochwirksamen Medikamente einzusetzen, ohne dass diese gefährliche Nebenwirkung auftritt. Dafür erhalten sie von einem US-amerikanischen Firmenkonsortium umgerechnet rund 220.000 Euro Förderung.
Die progressive multifokale Leukoenzephalopathie (PML) tritt nur bei ca. 0,1 Prozent der Patienten auf, die mit Medikamenten behandelt werden, die das Immunsystem beeinflussen. Auch HIV-Infizierte, deren Immunsystem nicht durch die Medikamente, sondern durch die Infektion selbst modifiziert wird, können diese gefährliche Entzündung des Gehirns bekommen. Die Wissenschaftler aus der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. med. Heinz Wiendl, Leiter der Klinik für Allgemeine Neurologie, wollen in ihrem groß angelegten Forschungsprojekt nun Lösungen für das Problem der Nebenwirkungen finden.
„Wir wollen zunächst bestimmen, welche Zellen wichtig sind, um die Viren im Hirngewebe zu bekämpfen, also dort, wo sie Schaden anrichten“, berichtet Dr. Nicholas Schwab, der als Neuroimmunologe in Wiendls Arbeitsgruppe tätig ist. Danach soll dann geklärt werden, ob sich diese spezifischen Zellen beeinflussen lassen. Sollten die Forscher erfolgreich bestimmen, mit welchen Zellen der Körper die Erkrankung bekämpfen kann, könnte die Virusinfektion im Idealfall nicht nur therapiert, sondern sogar verhindert werden. „Man könnte diese Zellen dann spezifisch stimulieren oder Patienten sogar impfen, um den Körper gegen PML resistenter zu machen“, schildert Heinz Wiendl ein mögliches Zukunftsszenario.
Aber auch ohne Impfung könnten Patienten effektiv vor PML geschützt werden: Wenn nämlich bekannt ist, dass ihrem Immunsystem die Zellen fehlen, um das Virus zu bekämpfen, würden sie gar nicht erst mit Immuntherapeutika behandelt und entgingen so dem Risiko einer Infektion. Erst kürzlich hat die Arbeitsgruppe hier Fortschritte erreicht: Sie etablierte einen Test, der dabei helfen könnte, die Wahrscheinlichkeit einer PML besser vorherzusagen. Unterstützt wurde das Team dabei von Professor Robert Fox aus Cleveland/USA, der zahlreiche Bioproben von PML-Patienten zur Verfügung stellt, sowie von einer Arbeitsgruppe des Universitätsklinikums München. Mit den Fördermitteln des US-amerikanischen PML-Konsortiums, für das sich die Pharmafirmen Biogen Idec, Bristol-Myers Squibb, Pfizer, MedImmune und Roche zusammengeschlossen haben, wollen Wiendl und sein Team diese vielversprechende Forschung nun weiter vorantreiben.

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