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Verfolgt, ausgeschlossen, drangsaliert: Universität Münster erinnert mit "flurgesprächen" an NS-Opfer

Rektorin Prof. Ursula Nelles (3.v.r.) mit den Projektbetreuerinnen der „flurgespräche“ an einer Installation. Der projizierte Schatten erinnert an den Romanisten Prof. Eugen Lerch (Foto: WWU/P. Grewer)

Münster (upm/mfm) - "Bei Ihnen versucht ja kein Gesetz Ihre Daseinsberechtigung anzutasten und zu vernichten. […] Wir bekommen in keinem Fall unsere Approbation", schrieb Luise Charlotte Brandenstein im November 1933 an eine Bekannte. Die jüdische Medizinstudentin gehört zu den mehr als 60 Studierenden, Mitarbeitern und Professoren, die während der NS-Zeit von Seiten der Universität Münster (WWU) behindert, drangsaliert, ausgeschlossen und verfolgt wurden. Mit dem Gedenkkonzept "flurgespräche" will die Hochschule die Betroffenen wieder ins Bewusstsein rücken und ihre Lebensgeschichten erzählen. In einer Feierstunde wurde das neue Konzept gestern [23.11.] der Öffentlichkeit vorgestellt.
Ein wesentlicher Bestandteil der "flurgespräche" sind 20 Installationen, die noch bis zum 18. Dezember auf den Fluren sieben verschiedener Gebäude der Universität gezeigt werden: Projektionen von Türen verweisen auf verlassene Büros. Daneben angebrachte Türschilder, die mit einer interaktiven Audio-Funktion ausgestattet sind, laden den Betrachter dazu ein, in einen Dialog mit den Verfolgten einzutreten. Die Installationen sind in den Fachbereichen aufgebaut, an denen die Verfolgten einst tätig waren. So wird im PAN-Zentrum am Vesaliusweg an die Pflegerin Rosa Salomon erinnert, die als Jüdin 1933 entlassen wurde.
Zusätzlich zu den Installationen gibt es die Website www.flurgespräche.de, die dauerhaft zugänglich bleiben wird. Hier können Interessierte die Lebensläufe der insgesamt 65 Betroffenen nachlesen und die Audio-Elemente der Installationen anhören. Zu ihnen gehören auch die Professoren, für die die Medizinische Fakultät als erste Einrichtung an der WWU Stolpersteine verlegen ließ und damit den Gedenkprozess an der Universität wesentlich anschob. Das Konzept der flurgespräche beruht auf der Arbeit von Studierenden, die drei Semester lang die Lebensgeschichten der Betroffenen erforschten und zu Papier brachten. Beteiligt waren regulär Studierende sowie Teilnehmer des "Studiums im Alter", die das Seminar "Opfer des Nationalsozialismus an der Universität – Forschen und Gedenken" absolvierten. Auf Grundlage der Lebensläufe entwickelten zwei Design-Studentinnen der Fachhochschule Münster in ihren Bachelorarbeiten das Gedenkkonzept "flurgespräche".

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