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Stift statt Skalpell: „MeDiVi“ überführt die Kunst des anatomischen Zeichnens ins IT-Zeitalter

Seltener Beruf: Ihre Ausbildung als Medizinische Illustratorin absolvierte Heike Blum - hier mit dem IJC-Titelbild und einem Illustration-Strukturmodell – in den Vereinigten Staaten (Foto: FZ)

Münster (mfm/tw) – Wenn sie im OP-Saal arbeitet, greift sie nicht zu Skalpell oder Schere, sondern zum Stift: Die Diplom-Designerin Heike Blum ist Fachfrau für medizin-didaktische Visualisierung an der Medizinischen Fakultät der Universität Münster. Aber braucht man im Zeitalter von Computer und leicht zu bedienender Grafik-Software noch Fachleute, die medizinische Themen bebildern? Offensichtlich: Das fakultätsinterne Angebot „MeDiVi“ wird schon wenige Wochen nach dem Start sehr gut angenommen – und gerade erst machte das renommierte Fachmagazin „International Journal of Cancer“ (IJC) eine Illustration von Blum zum Titelbild.
Heike Blum studierte zunächst Grafik-Design in Hamburg und Wissenschaftliche Illustration in Mainz. Mit einem Stipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes lernte sie anschließend Medizinische Illustration an der amerikanischen University of Michigan in Ann Arbor. „In Deutschland ist medizinische Illustration als Beruf kaum bekannt“, erläutert Blum – „in den USA dagegen gibt es an vier Universitäten akkreditierte Master-Studiengänge. Im Studium habe ich unter anderem Anatomie-Vorlesungen gehört, selbst Präparate angefertigt und gelernt, live im OP-Saal zu zeichnen.“
Da gute Illustratoren auf diesem Spezialgebiet selten sind, griff die Medizinische Fakultät sofort zu: „Mit MeDiVi wollen wir ein innovatives Konzept anbieten, durch das auf lokaler Ebene individuelle Illustrationen,  Animationen und Computersimulationen entwickelt werden können“, erläutert Studiendekan Dr. Bernhard Marschall. Das neue Angebot steht Forschern, Wissenschaftlern, Klinikern und Dozenten aller universitären Institute und des Universitätsklinikum offen. Bei Anfragen kalkuliert Blum Arbeitsaufwand und Kosten, letztere werden dann aus den Forschungs- oder Lehretats der internen Kunden getragen.
Die Vorteile für die Auftraggeber: Die Suche nach einem geeigneten Illustrator und lange Abstimmungswege  entfallen. Das Copyright mit allen Rechten zur Publikation gehört dem Kunden. Auch die Fakultät selbst profitiert von dem Service, durch aufgewertete Publikationen und Lehrmaterialien. Neben der grafischen Umsetzung bietet MeDiVi (Kurzform für „Medizin-didaktische Visualisierung für Forschung und Lehre“) auch Beratung zur Anwendung visueller Medien an.
Eine medizinische Illustration entsteht in enger Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern und Ärzten. Komplexe Informationen werden in Abbildungen übersetzt, die möglichst leicht zu verstehen sind – denn zur Zielgruppe gehören häufig Laien. Recherchieren, das Lesen von wissenschaftlichen Artikeln, der direkte Austausch mit Wissenschaftlern und auch das Beobachten einer Operation oder eines Verfahrens im Labor sind wesentliche Bestandteile des kreativen Prozesses. So basiert das aktuelle IJC-Titelbild nicht auf einer OP-Skizze, sondern auf Studien eines Präparates der Bauchspeicheldrüse aus der Sammlung des Anatomie-Instituts, auf einem von Blum detailliert fotografierten Feuchtpräparat einer pathologischen Bauchspeicheldrüse sowie dem histologischen Präparat eines eingefärbten Gewebeschnitts. Blum illustrierte auf Grundlage der mit Dr. Sameer Dhayat abgestimmten Skizze digital ein Bauchspeicheldrüsen-Schnittbild und integrierte die Gewebe-Aufnahme.
Die nächsten Projekte sind in Planung – Illustrationen für ein Buch über Operationsmethoden der chronischen Pankreatitis und für eine Publikation über Schluckstörungen. „Für die nächsten Monate ist Heike Blum bereits ausgebucht“, freut sich Dr. Marschall über das rege Interesse an den Dienstleistungen seiner Mitarbeiterin.
Link zur MeDiVi-Website

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