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COVID-19-Pandemie: NAKO-Daten belegen Zunahme psychischer Störungen durch berufliche und finanzielle Belastungen

Prof. Klaus Berger (Foto: privat)

Köln/Münster – Hat sich die psychische Gesundheit der Bevölkerung während der COVID-19-Pandemie verschlechtert? Mehrere Studien aus verschiedenen Ländern deuten darauf hin. Auch die großangelegte NAKO-Gesundheitsstudie hat sich des Themas angenommen – und nun die Ergebnisse im „Deutschen Ärzteblatt“ veröffentlicht. An der Erhebung beteiligt war auch die von der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) Münster betriebene NAKO-Studienzentrale unter Leitung von Prof. Klaus Berger.

Um zu klären, ob pandemiebedingte berufliche und finanzielle Veränderungen, wie etwa Kurzarbeit oder Arbeiten im Homeoffice, mit einem Anstieg depressiver und angstbezogener Symptome einhergingen, boten die NAKO-Daten optimale Voraussetzungen: Die bevölkerungsbasierte Gesundheitsstudie stellt mit ihren 205.185 Teilnehmenden die bisher größte Kohortenstudie Deutschlands dar. Nach Ausbruch der COVID-19-Pandemie wurde eine Sonderbefragung durchgeführt: „Von Mai bis November 2020 beantworteten 161.849 Personen Fragen zu ihrer psychischen und sozialen Situation“, erläutert Prof. Klaus Berger, Direktor des Instituts für Epidemiologie und Sozialmedizin der WWU und langjähriger Vorsitzender der NAKO. Er fungierte bei der jetzt erschienenen Studie als Letztautor.

Die Angaben der Sonderbefragung verglich das Forschungsteam mit den Daten der Basiserhebung vor der Pandemie, die zwischen 2014 und 2019 stattgefunden hatte. Depressive Symptome wurden mit dem „Patient Health Questionnaire“ (PHQ-9) erfasst, Angstsymptome mit der „Generalized Anxiety Disorder Scale-7“ (GAD-7). Mit linearen „Fixed-effect“-Modellen untersuchten die Forscherinnen und Forscher, ob individuelle Veränderungen im Schweregrad depressiver und angstbezogener Symptome mit beruflichen und/oder finanziellen Veränderungen zusammenhingen.

Es zeigte sich, dass die Häufigkeit einer moderaten bis schweren Depressions- beziehungsweise Angstsymptomatik unter den Teilnehmenden während der ersten SARS-Cov-2 Welle im Vergleich zu den Vorjahren von 7,1 auf 9,5 respektive von 4,8 auf 6,3 Prozent zugenommen hat. „Das bedeutet relativ gesehen den kurzfristigen Anstieg einer klinisch relevanten, psychischen Symptomatik um mehr als ein Drittel“, rechnet Prof. Berger vor. Die stärkste Zunahme war bei einem Verlust des Arbeitsplatzes zu beobachten sowie bei Kurzarbeit ohne Verlustausgleich. Auch der Wechsel zur Arbeit im Homeoffice, Unsicherheit bezüglich des Arbeitsplatzes sowie stärkere finanzielle Belastungen waren jeweils mit einem Symptomanstieg verbunden.

Diese Ergebnisse, so die Autorinnen und Autoren, deuten darauf hin, dass berufliche und finanzielle Schwierigkeiten durch Veränderungen im Arbeitsleben und der Einkommenssituation einen wichtigen Anteil daran hatten, dass im ersten Jahr der COVID-19-Pandemie depressive Symptome und Angststörungen in der Studienpopulation leicht zugenommen haben. Die Empfehlung der Arbeitsgruppe: Diese Faktoren sollten sowohl bei der individuellen Absicherung als auch bei der Planung gezielter Präventionsmaßnahmen berücksichtigt werden.

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