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Erfolg für münstersche MPI-Forscher: Ungeahnte Einblicke in Parkinson-Krankheit mithilfe von Stammzellen

„Parkinson in der Kulturschale“: Dopaminproduzierende Nervenzellen (grün), die aus iPS Zellen von einem Parkinson-Patienten gezüchtet wurden (blau: Zellkerne) (Bild: MPI/P. Reinhardt)

Münster (mpi) - Wissenschaftler um Hans Schöler vom Max-Planck-Institut (MPI) für molekulare Biomedizin in Münster und Thomas Gasser vom Hertie-Institut für klinische Hirnforschung in Tübingen haben mithilfe induzierter pluripotenter Stammzellen (iPS) von Parkinson-Patienten ein “Krankheitsmodell in der Kulturschale” entwickelt. So konnten sie Ursachen für das bei dieser Krankheit auftretende Absterben von Nervenzellen finden. Diese Ergebnisse wurden nun in der renommierten Fachzeitschrift „Cell Stem Cell“ veröffentlicht.
Dr. Jared Sterneckert und sein Mitarbeiter Peter Reinhardt am MPI sowie Prof. Thomas Gasser und Benjamin Schmid aus Tübingen haben einen zentralen Aspekt bei der Entstehung und Entwicklung der Parkinson-Krankheit erforscht. Die Ursachen dieser unheilbaren degenerativen Erkrankung des Nervensystems sind noch weitgehend unbekannt. „Es ist uns gelungen, eine Genkorrektur im Reagenzglas durchzuführen und dadurch einen direkten Einblick in die Wirkungsweise der Mutation in menschlichen Nervenzellen zu gewinnen“, sagt Prof. Thomas Gasser, Vorstandsvorsitzender am Hertie-Institut für klinische Hirnforschung.
„Da die für diese Forschung notwendigen betroffenen Nervenzellen nur in sehr geringen Umfang zur Verfügung stehen, war die Parkinson-Forschung bis vor kurzem stark eingeschränkt”, so Gasser. „Wir haben deshalb die Technologie zur Erzeugung induzierter pluripotenter Stammzellen angewendet, die Yamanaka 2006 erstmals veröffentlichte und die 2012 den Nobelpreis erhielt. Dadurch war es möglich, die betroffenen Nervenzellen in der Zellkulturschale in praktisch unbegrenzten Mengen zu züchten”, erläutert Dr. Sterneckert.
Das Besondere der hier verwendeten iPS-Zellen ist, dass sie praktisch in jeden Zelltyp des menschlichen Organismus verwandelt werden können. Die Wissenschaft ist so nicht länger auf die seltenen und schwer zu gewinnenden Patientenproben angewiesen, vielmehr lassen sich die dringend für die Erforschung einer Krankheit benötigten betroffenen Zellen in beliebiger Anzahl erzeugen. In seinem aktuellen Projekt hat sich das Forscherteam auf Zellen konzentriert, die eine Mutation tragen. Diese Mutation gilt als häufigster Auslöser der vererbbaren Form der Parkinson-Krankheit.
„Zusammen mit unseren Tübinger Kollegen haben wir ganz gezielt diese Mutation in den iPS-Zellen korrigiert. So konnten wir in unseren Experimenten zeigen, dass diese Korrektur zu einer deutlich geringeren Schadensanfälligkeit der Nervenzellen führt. Da die beiden Zelltypen genetisch bis auf die Mutation identisch sind, kann man sie nun viel besser vergleichen”, so Peter Reinhardt. Nach Angaben von Benjamin Schmid funktioniert das sogar umgekehrt: „Zur Kontrolle haben wir die Mutation in gesunde iPS-Zellen eingefügt und diese wurden dann, wie erwartet, anfälliger für Schäden.“
Mit diesem auf Stammzellen basierenden “Methodenarsenal” fanden die Forscher wichtige Gene, die zwar schon bei anderen Krankheiten des Nervensystems untersucht wurden, bislang aber nicht mit der Parkinson-Krankheit in Verbindung gebracht wurden. Wenn man die Aktivität dieser Gene auf ein “gesundes Maß” einstellte, ließ sich ein positiver Effekt auf das Überleben der Nervenzellen in der Kulturschale beobachten.
Außerdem entdeckte die Forschergruppe mit dem Protein ERK einen “Schalter”, der in Nervenzellen mit Parkinson-Mutation übermäßig aktiviert ist. Wird dieser Schalter gezielt durch die Gabe von Medikamenten in der Petrischale deaktiviert, überleben die Nervenzellen nicht nur deutlich besser: Auch einige der betroffenen Gene werden wieder wie in gesunden Zellen reguliert. “Da ERK nicht nur Zellstress vermitteln kann, sondern auch die Zellteilung beeinflusst, sind die auf diesem Wirkstoff beruhenden Medikamente bereits ziemlich gut erforscht, beispielsweise in der Therapie von Tumoren”, konstatiert Prof. Schöler.
Bis die Ergebnisse der Studie Patienten helfen können, sind noch viele Tests und Experimente zu absolvieren. Diese gehen dann auch über die Grundlagenforschung hinaus, der sich die Max-Planck-Gesellschaft verschrieben hat. Sie könnten in dem neu zu gründenden „Center for Advanced Regenerative Engineering“ (CARE) weiterverfolgt werden. “Wir stehen in den Startlöchern und sind mit dieser Forschung ganz am Puls der Zeit. Gerade wurde in Japan beschlossen, mehr als eine Milliarde Euro in die iPS-Forschung zu investieren”, so Dr. Ulrich Gerth, der designierte Geschäftsführer des CARE.
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